Orhan Pamuk - Schnee

Es gibt 26 Antworten in diesem Thema, welches 10.164 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von finsbury.

  • Hallo allerseits


    Ich lese gerade das Buch "Schnee" von Orhan Pamuk und habe vor, von Zeit zu Zeit hier meine Eindrücke niederzuschreiben, nur grobe Eindrücke, keine Angst:))


    Orhan Pamuk ist seit einiger Zeit öfters in den Medien vertreten, weil er sich vor Gericht verantworten muss bzw. sogar in U-Haft ist. Er hat die Türkei beschuldigt, Völkermord an den Armeniern begangen zu haben. Die türkische Regierung liebt solche Anschuldigungen nicht und daher die Schwierigkeiten des besagten Autors.
    Mehr weiß ich über den Fall noch nicht und werde daher auch hier keine Spekulationen anstellen.
    Mir geht es nur um dieses Buch.


    Der Held der Geschichte ist der Schriftsteller Ka, die Geschichte wird von seinem Freund erzählt, der selbst noch nicht in Erscheinung getreten ist.
    Ka ist in einem kleinen Dorf in der Türkei geboren, in Istanbul aufgewachsen und als junger Mann nach Frankfurt gezogen. Er ist Dichter.
    Er ist jetzt wegen der Beerdigung eines Familienmitglieds in die Türkei gefahren und nach der Beerdigung ist er, unter dem Vorwand, als Journalist über die Wahlen und die Selbstmorde junger Frauen für eine große Zeitung schreiben zu wollen, nach Kars gereist.
    Kars liegt ziemlich im Osten der Türkei, dort ist es sehr kalt und "zur Zeit" schneit es unaufhörlich - daher auch der Name des Buchs.


    Dies zur Situation - ich möchte keine Inhaltsangabe geben.


    Einige Eindrücke:
    - Ka will und soll in seiner Eigenschaft als Journalist politisch wichtige Leute und die Familien der Selbstmörderinnen interviewen. Einer der ersten, mit dem er spricht, verschafft ihm Polizeischutz. Begründung: Es wäre zwar nicht gefährlich, Fragen zu stellen, aber besser die Polizei ist dabei und weiß, was gefragt wird!
    - Ka besucht auch einen ehemaligen Freund, heute Vorsitzender einer islamistischen Partei, Bürgermeisteranwärter mit großen Chancen. Da kurz vor diesem Besuch ein Attentat auf den Rektor einer Schule verübt wird und Ka Augenzeuge der Tat war, werden beide zwecks Verhör von der Polizei mitgenommen. Der Freund von Ka wird bei der Polizei geschlagen und Ka hat das Gefühl, dass sein Freund sich dessen vorher bewusst gewesen war. Schlimmer noch - er hat es vorher akzeptiert. Und das, obwohl er von dem Attentat überhaupt nichts wusste und auch n ichts damit zu tun hatte.
    Später wird Ka von einem Scheich befragt, warum wohl sein Freund geschlagen wurde und er nicht ..... ganz einfach: sein Freund hat keine "Beziehungen". Von Ka wird einfach angenommen, dass er einflussreiche Freunde haben könnte (da er in Istanbul aufgewachsen ist).


    Schlimm finde ich die Vorstellung, dass Misshandlungen stattfinden, dass sie akzeptiert werden, dass darüber geschrieben wird, als ob es normal sei....


    Der besagte Scheich mit einem unaussprechlich langen Namen ist offensichtlich ein Mann, zu dem viele Bedrückte gehen. Sie besuchen ihn, küssen ihm die Hand, setzen sich auf eine lange Bank zu vielen anderen und reden, untereinander, mit dem Scheich, wenn sie an der Reihe sind oder auch gar nicht.
    Der Scheich schaut in ihre Seelen, erkennt ihre Ängste, gibt ihnen Trost dadurch, dass er sie versteht.
    Ich habe mit einem Arbeitskollegen (der Wurzeln in der Türkei hat) darüber gesprochen und er hat mir erklärt, dass diese Scheichs oft sehr arme Leute sind, die die Gabe haben, Dinge zu sehen, die andere nicht erkennen. Sie haben keinen Schleier vor Augen und sehen in die Herzen anderer Menschen. Sie holen andere Menschen zu sich, nur um zu reden. Er hat mir also etwa dasselbe erklärt, das auch im Buch stand.
    Ich war von der (falschen) Vorstellung ausgegangen ein Scheich müsse ein Königreich oder so etwas haben.
    Mein Kollege sagte mir, dass diese Scheichs in der Türkei "Derwisch" genannt werden.
    Vielleicht hätte der Übersetzer diesen Namen beibehalten sollen .... :)


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    Gut, das wärs für heute.


    Wünsche eine gute Nacht.


    Daniela

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    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • ....


    Ein Thema in dem Buch sind die Selbstmorde einiger junger Frauen. Der Journalist und Dichter Ka hat dazu Familienmitglieder, den Zeitungsverleger und Bekannte befragt.
    Es scheint so zu sein, dass die jungen Frauen sich das Leben genommen haben, weil sie nur die Universität besuchen dürfen, wenn sie den Kopf nicht bedecken.
    Es wird erläutert, in welchem Kapitel des Korans steht, dass Frauen sich bedecken sollen und wie dies zu verstehen ist.
    Der Konflikt ist jetzt, dass der türkische Staat verbietet, an Hochschulen die Haare zu bedecken.
    So werden die Frauen, die ihren Glauben auf die Weise ernst nehmen, dass sie sich nicht "entblößen" dürfen, gegen ihren Willen dazu gezwungen.


    Dies ist ein Thema, das für mich sehr schwer zu verstehen ist und ich habe mir vorgenommen, mit einer (muslimischen) Bekannten darüber zu reden. Ich hoffe sie kann mir dieses für westliche weibliche Gehirne Dilemma begreiflich machen ....


    Daniela

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  • Hallo elahub,


    vielen Dank für Deine Postings. Ich finde das echt klasse! Mein türkischer Arbeitskollege hat mir vor einiger Zeit Pamuk empfohlen (er findet das Verhalten der Regierung gegenüber dem Autor eher lächerlich).


    Nun rückt das Buch immer höher auf der Wunschliste!


    Ich freue mich auf weitere Beiträge und hoffe, dass ich hier auch bald was zum Buch schreiben kann.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Das Buch habe ich letztes Jahr gelesen (es gab in der Leselust eine Leserunde dazu).


    Mein Urteil fiel ein wenig zwiespältig aus, in meinen Augen wurde es zum Ende hin immer schwächer, aber den Aspekt, den elahub beschreibt, fand ich auch sehr interessant, das Kopftuch-Dilemma nämlich. Das ist ein Thema, bei dem ich mir mit der Meinungsbildung (die Debatte um das Verbot taucht ja auch hierzulande immer wieder auf) ziemlich schwertue, weil ich nicht einschätzen kann, wie die Kopftuchträgerinnen selber dazu stehen, ob es für sie wirklich das vielbeschworene Symbol der Unterdrückung oder das fast ebenso häufig zitierte Zeichen ihres Glaubens ist.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das Buch steht auch schon lange auf meiner Wunschliste, warte nur noch auf die Tb- Ausgabe. Von Pamuk habe ich außerdem noch "Das neue Leben" auf meinem Sub. Bin sehr gespannt.

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Hallo allerseits


    Ich habe jetzt über eine Theateraufführung gelesen, die schlimm geendet hat. Diese Aufführung wird sehr detailliert beschrieben. Die Beschreibung ist eine der Stärken des Autors. Die Beschreibungen sind nicht nur detailliert, sondern auch schonungslos.
    Beispielsweise stirbt ein Jugendlicher, der bis dahin einer der Sympathieträger war, ich kam nicht umhin ihn zu lieben ..:) Eine Aussage über ihn waren seine sehr schönen Augen - diese Augen, von denen das eine soundsoviele Tage und Stunden später von einer Kugel durchschossen werden sollte.
    Die genaue Beschreibung der Vorfälle um die Theateraufführung erinnert mich an Kriegsberichterstattungen. Es ist einerseits furchtbar, manche Einzelheiten zu lesen, andererseits wichtig, manche Einzelheiten auch zu beschreiben. Nicht nur, damit später jeder erfahren kann, wie sich gewisse Dinge im Einzelnen abspielen, sondern auch für die betroffenen Verstorbenen, Verletzten ... in gewisser Weise bleiben sie so länger in Erinnerung und irgendwie scheint ihr unfreiwilliger Tod nicht ganz so unbemerkt.
    Außerdem hat der Erzähler Jahre nach den Vorfällen mit mehreren damals Anwesenden gesprochen und bei seiner Berichterstattung immer gesagt, dass es zu gewissen Punkten verschiedene Aussagen gibt.
    Zum Beispiel ist der besagte Junge nach einer Aussage von zwei Kugeln getroffen worden und war sofort tot. Gerade dachte ich mir, na Gott sei Dank musste er nicht auch noch lange leiden, da hieß es: Ganz sicher ist das allerdings nicht, nach einigen Aussagen ist er aufgestanden und hat noch klar und deutlich gesagt "Ich sehe" ohne dass klar war, was er meinte.


    Tja .... ich habe angefangen (und versuche immer noch) türkisch zu lernen und daher weiß ich, dass das Wort "Bey", einem männlichen Vornamen nachgestellt, "Herr" bedeutet; desgleichen bedeutet "Hanim" (ohne I-Punkt) = "Frau".
    Also Muhtar Bey heißt Herr Muhtar (in der Türkei spricht man sich gewöhnlich mit dem Vornamen an) und Ayse Hanim heißt Frau Ayse.


    @Nimue, vielen Dank, das freut mich:))


    Valentine: Da bin ich ja mal gespannt, wie es weitergeht und wie ich das dann sehe .... Die Kopftuchfrage wurde ja auch in dem obigen Theaterstück zum Thema und da war es so, dass eine Schauspielerin ihren Schleier auf der Bühne verbrannt hat.
    Das hat die Zuschauer, die nicht mit so etwas gerechnet hatten, total geschockt.
    Sie haben zwar Angst, dass die Frauen, die sich nicht bedecken, von z.B. Islamisten gezwungen werden, den Schleier zu tragen (wie im Iran), aber dass eine Frau, die den Schleier trägt, diesen verbrennt, ist wohl doch schockierend.
    Ich habe allerdings bei der Lektüre das Gefühl als würden sich in der Türkei nur sehr wenige Frauen verschleiern.
    Ein Grund mehr, meine Bekannte dazu mal zu befragen.


    Ein guts Nächtle Euch allen :schmetterling:


    Daniela

    bitte wühlt bei booklooker mal in meinen Angeboten (elahub) - ich verkaufe für die Katzenhilfe Göttingen :) -

  • @ elahub: Meine Eltern kommen aus der Türkei und da ich so einmal im Jahr dort Urlaub mache und meine restliche Verwandschaft dort besuche, kenne ich mich ein klitzeklein wenig dort aus. Du hast Recht, im Großen und Ganzen tragen die meisten Frauen dort kaum Schleier, jedenfalls die etwas jüngere Generation. Aber verallgemeinern kann man natürlich nicht, jedoch fällt mir das schon häufig auf, wenn ich dort bin.


    Also ich bin jetzt noch gespannter auf das Buch, weil ich nur noch gutes darüber höre. Wann kommt das bloß als Tb-Ausgabe raus? :smile:

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Huhu,


    es wurde neulich auf 3sat ein Bericht über die Frauen der Türkei gesendet. Der Blickpunkt lag dabei auf einer Managerin in der Kleidungsbranche aus Istanbul. Ich weiß jetzt nicht mehr alles, was erwähnt wurde, aber die Hauptaussage war, dass die Menschen in den großen Städten fast westlicher als der Westen selbst sind. Die jüngere Generation hat nichts übrig für Kopftuchträgerinnen, sie sind ihnen sogar peinlich.


    In Deutschland gibt es Kopftuchträgerinnen vor allem aus dem Grund, dass sie nicht genügend integriert wurden. Das konnte mir auch mein Arbeitskollege bestätigen. Er selbst wurde vor rund 28 Jahren in Deutschland geboren und sein Vater braucht bis heute seine Kinder als Übersetzer. Man kauft in türkischen Geschäften, geht zum türkischen Friseur, hat ausschließlich türkische Freunde (aus der Sicht der Eltern). Mein Kollege kann natürlich deutsch wie türkisch gleichermaßen gut.


    In der Türkei gibt es Kopftuchträgerinnen vor allem in den ärmeren Gegenden im Nordosten des Landes. Die Menschen haben dort nur ihre Religion und die wird dann oft fanatisch ausgeübt.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"

    In der Türkei gibt es Kopftuchträgerinnen vor allem in den ärmeren Gegenden im Nordosten des Landes. Die Menschen haben dort nur ihre Religion und die wird dann oft fanatisch ausgeübt.


    Liebe Grüße
    nimue


    Da hast du fast Recht. Die meisten Kopftuchträgerinnen gibt es wohl in Anatolien. Aber es gibt auch noch viele der älteren Generation im europäischen Teil der Türkei, die es nicht ablegen wollen. Was irgendwie auch verständlich ist, aber ich finde es eh völlig egal, wo was getragen wird oder auch nicht. Jedem das Seine, solange nicht alles ins Fanatische übergeht.

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Zitat von "booki"

    Was irgendwie auch verständlich ist, aber ich finde es eh völlig egal, wo was getragen wird oder auch nicht. Jedem das Seine, solange nicht alles ins Fanatische übergeht.


    Eben! :)
    Fanatiker gibt es doch überall! Nicht nur in der muslimischen Welt.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo allerseits


    Noch einige kurze Eindrücke ...


    - Der Autor hat sehr viel Humor - jedenfalls habe ich heute das erste Mal herzhaft gelacht: Es ging darum, dass der Held von einem Spitzel beschattet wird. Er weiß das auch und sie haben schon zusammen gesprochen. Bei einem Stadtspaziergang wird er wieder verfolgt, sie sitzen beide im Teehaus (an anderen Tischen natürlich:)) und gehen dann weiter. Auf einmal ist der Spitzel weg!!
    Und unser Held verbringt geraume Zeit damit, den Weg zurückzugehen und ihn zu suchen. Findet ihn auch und der arme Mann ist ganz verstört.... die Apfelsinen wären so günstig gewesen, dass er nicht widerstehen konnte und dabei hätte er unseren Helden verloren! Sein Vorschlag: Der Held sagt, wohin er geht und so vergeuden beide nicht soviel Zeit.
    Könnt Ihr Euch das vorstellen!!!


    - Die Schilderungen der Gefängnisse, der "Revolution" und einiger anderer Dinge sind teilweise sehr brutal, das hatte ich ja schon gesagt. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Empfindungen des Helden und Dichters, besonders wenn ihm gerade ein Gedicht einfällt. Und das ist unter den schlimmsten Umständen der Fall. Dem Dichter selbst fällt das übrigens auch auf.


    Gestern habe ich (mit Erleichterung) vernommen, dass Orhan Pamuk wieder auf freiem Fuß ist.


    ein guts Nächtle Euch allen


    Daniela

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  • Hallo allerseits


    Heute habe ich erfahren (im vierten Fünftel des Buchs etwa), dass Orhan Bey (Orhan Pamuk), der Romancier, derjenige ist, der die Geschichte des Dichters Ka erzählt.
    Unser Schriftsteller ist also selbst der Freund des Helden.


    Ich bin kein Gedichte-Fan, aber nach und bei Lektüre dieses Buches würde ich doch gern ein paar Dinge wissen. Bei Ka ist es so, dass die Gedichte ihm einfallen, "zu ihm kommen", so nennt er es. Wenn ein Gedicht kommt, so merkt er es kurz vorher an einer bestimmten Stimmung, die sehr genau beschrieben wird. Ein wenig hat mich diese Beschreibung daran erinnert, wie "Der Idiot" seinen Zustand beschreibt, kurz bevor er einen epileptischen Anfall bekommt.


    Wenn das Gedicht dann da ist, dann verzieht Ka sich in eine Ecke, wo er es ungestört aufschreiben kann.


    In diesem Buch ist es sogar so, dass Ka beschließt, seine Gedichte erst dann aus seiner Kladde zu übertragen, wenn der Gedichtband fertig wäre. Das heißt, er hat eine bestimmte Anordnung seiner Gedichte vor Augen, eine Schneeflocke, deren Spitzen mit Gedichten besetzt sind. Erst wenn alle Spitzen besetzt sind ist der Gedichtband fertig und kann übertragen und eingeschickt werden.


    Da ich "dichterisch" vollkommen ahnungslos bin, finde ich das alles zwar sehr schön, kann mir aber absolut keinen Reim darauf machen, ob solche Dinge sich auch in der Wirklichkeit so oder ähnlich abspielen.


    Iyi Geceler:))


    Daniela

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  • Hallo allerseits


    Heute habe ich eine sehr anrührende Episode gelesen ... Übrigens sollte der/die, der/die das Buch noch lesen möchte, sich sehr für Religion interessieren.


    Es gibt in der Geschichte zwei Freunde, so sehr Freunde, dass sie die Gedanken des anderen meist kennen. Einer von ihnen hat eine Geschichte über sie beide geschrieben, die 200 Seiten später ganz ähnlich grausame Wirklichkeit wird. Einer der beiden stirbt (in der Nacht) und der andere wacht morgens auf (6 Stunden später) und merkt, dass die Seele seines Freundes in ihm wohnt. Daher weiß er, ohne dass er die Zusammenhänge kennt, dass sein Freund tot ist.
    Er erinnert sich, dass dieses Phänomen mit der Wanderung der Seele so in alten Büchern beschrieben wird: 6 Stunden nach dem Tod ist die Seele so zähflüssig wie Quecksilber, so dass sie den Körper des Toten verlässt. Normalerweise lebt sie dann in einem "Bereich" zwischen dem Dies- und dem Jenseits. In diesem Falle allerdings ist sie in den Körper des Freundes gegangen, so dass dieser jetzt zwei Seelen hat.


    Sehr schöne geschrieben.


    Überhaupt gefällt mir das Buch täglich besser.


    Iyi Geceler:)


    Daniela

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  • Hallo allerseits


    Ein Krimi erster Güte, viele Verbrechen, viele Täter, viele von ihnen mit mehr oder weniger edlen Motiven, die wir auch alle genau erklärt bekommen.


    Eine der Besonderheiten des Buchs: Das Hauptverbrechen wird nur ganz kurz angeschnitten, wir erfahren weder den genauen Grund noch den Tathergang und schon gar nicht, wer der Täter war.


    Über 500 Seiten werden vier Tage in der kalten verschneiten Stadt Kars beschrieben, wir lernen schillernde Charaktere kennen, liebenswürdige, rätselhafte, die meisten von ihnen Menschen wie Du und Ich.
    Einige von ihnen sind mir sehr ans Herz gewachsen, so Necip, ein jugendlicher Bekannter des Helden, Turgut Bey, der Vater der Geliebten des Helden, Muhtar, der eifersüchtige, reumütige und schlichte Exgatte der besagten schönen Geliebten.


    Wir hören von vielen religiösen und politischen Problemen wie Tragen von Kopftüchern oder nicht, wie laufen Bürgermeisterwahlen ab, was für Befugnisse hat die Polizei und wie nutzt sie diese aus, was geschieht mit der Seele von Verstorbenen....


    Sehr viel ist von Kunst die Rede, Theater, der Kunst Gedichte zu schreiben oder eben auch nicht, wenn diese nicht kommen wollen. Es gibt einen wunderschönen tränenrührenden Roman im Roman.


    Es wird uns während einer kurzen Zeitspanne ein kurzer Ausschnitt der Türkei gezeigt; wir erfahren ein wenig über viele Facetten des täglichen Lebens und der Kunstgriff, all diese Facetten in einer durch den Schnee von der Umwelt abgeschnittenen Stadt anhand einer Handvoll Akteure zu zeigen, ist Orhan Bey bewundernswert gut gelungen.


    Ein wenig fremd und unverständlich ist mir das ganze Drumherum während auch nach der Lektüre noch geblieben.


    Vergessen werde ich nicht das Anliegen eines der Akteure (die alle wie in einem Theaterstück auf den letzten Seiten noch einmal zu Wort gekommen sind!!) - wir sollen in Deutschland das Buch lesen ohne wohlwollend zu denken, wie arm die armen Leute da sind. Wir sollen nicht hochmütig lächelnd auf sie herabsehen.


    Unbedingt empfehlenswert, interessant, lehrreich. Nicht mitreißend im Sinn von reißerisch geschrieben, aber doch so, dass die Lust am Weiterlesen bleibt.


    Ich gebe nur 4 Ratten, da alle 5 Ratten bei mir nur vier oder fünf Büchern vorbehalten sind.



    4ratten


    Daniela

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  • Hallo Daniele,


    vielen vielen Dank für diesen Thread. Ich finde es ganz wunderbar, wie Du über das Buch geschrieben hast! :knuddel:
    Natürlich habe ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und mir die günstige Ausgabe für 4 EUR gekauft.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"

    Hallo Daniele,


    vielen vielen Dank für diesen Thread. Ich finde es ganz wunderbar, wie Du über das Buch geschrieben hast! :knuddel:
    Natürlich habe ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und mir die günstige Ausgabe für 4 EUR gekauft.


    Liebe Grüße
    nimue



    Danke:))


    Daniela

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  • Hallo allerseits


    In der Zeit (Januar/Februar2006), in der ich dieses Buch ein wenig vorgestellt habe, hatten ja doch einige hier Interesse bekundet.
    Ich wärme diesen Faden mal auf, damit dieses wirklich gute, lehrreiche und vor allen Dingen in vieler Hinsicht interessante Buch nicht wieder so schnell in Vergessenheit gerät.


    Ein letztes Zitat, entnommen aus der vorletzten Seite des Buchs:


    Weil ich mich davor scheute, seiner Frau noch länger in die schönen Augen zu blicken, drehte ich mich zu Fazil (ohne I-Punkt!) um und fragte ihn, was ich schreiben sollte, wenn ich eines T ages einen Roman verfasste, der in Kars spielte.
    "Gar nichts!" sagte er entschieden.
    Als er merkte, dass mich das traurig machte, gab er nach. "Ich denke an etwas, aber Sie werden das nicht mögen..." meinte er. "Wenn Sie mich in einem Roman vorkommen lassen, der in Kars spielt, dann möchte ich dem Leser sagen, er soll nichts von dem glauben, was Sie über mich, über uns alle geschrieben haben. Keiner kann uns aus der Ferne verstehen."
    "Es glaubt sowieso keiner so einem Roman."
    "Doch, sie werden das glauben", sagte er erregt. "Um sich selbst klug, überlegen und human zu finden, werden sie glauben wollen, dass wir lächerlich und nett sind und dass sie uns so verstehen und sympathisch finden können. Aber wenn Sie das, was ich jetzt sage, schreiben, blelibt bei ihnen wenigstens ein Zweifel zurück."
    Ich versprach, seine Worte in den Roman aufzunehmen.


    Bis demnächst ..


    :schmetterling:


    Daniela

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  • Ich habe mir gestern die Hörbuchversion ausgeliehen, um einen Eindruck von dem Roman zu erlangen. Das Thema selbst und den Stil finde ich sehr interessant. Unglaublich, was für Zustände beschrieben werden. Allerdings werde ich wohl das Hörbuch bald zurückgeben, ohne es zuende zu lesen. Ich habe den Eindruck, dass hier viel gekürzt wurde. Wenn ich mich damit beschäftige, möchte ich gerne alles kennenlernen. Zum Glück erscheint noch dieses Jahr die Taschenbuchausgabe. Ich denke, darauf werde ich warten - bis September ist es jetzt ja nur noch ein halbes Jahr.


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    Hallo allerseits
    @ marilu


    Warum bestellst Du das Buch nicht über das Bundesamt für politische Bildung? Unsere Politiker erachten das Buch als so wichtig für unsere Bildung, dass sie den Kauf unterstützen und wir somit nur 4Euro bezahlen müssen!


    http://www.bpb.de/publikationen/LUG6H4,0,Schnee.html


    So oder so viel Spaß beim Lesen, auch wenn es kein spaßigen Buch ist ....


    :schmetterling:


    Daniela

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