R. Scott Bakker - Schattenfall (Der Krieg der Propheten I)

Es gibt 26 Antworten in diesem Thema, welches 8.596 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aldawen.


  • Das hört sich wirklich gut an. Schwierige Fantasy-Bücher schrecken mich eigentlich nicht mehr, seit ich Steven Erikson gelesen habe :breitgrins: .


    Den habe ich noch vor mir aber wer wären wir denn, wenn wir uns diesen Herausforderungen nicht stellen würden? Umso länger ich über "Schattenfall" nachdenke, desto mehr Dinge könnte ich drüber sagen... Das Cover finde ich übrigens auch sehr schön.

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    Ich muss zugeben, dieses Buch habe ich erst im zweiten Versuch beenden können. Beim ersten Anlauf ging mir nach 80 Seiten die Luft aus und ich habe es, nachdem es zunächst ewig auf dem Nachttisch lag, ohne dass ich einen Blick hineingeworfen hätte, ins Regal zurückgestellt. Schon in den ersten drei (kurzen) Sätzen fanden sich 4 Wörter auf deren Sinn ich höchstens aus dem Zusammenhang schließen konnte – das entspricht normalerweise nicht meiner Quote beim Lesen englischer Bücher. Dazu scheint es, dass der Autor, scheinbar jeden Umlaut, “unenglischen“ oder seltenen Buchstaben, den er gefunden hat, möglichst häufig unterbringen wollte. Dabei kamen dann Begriffe wie Kûniüri, Skeaös, Skiöitha, Krijates Xinemus und Serwë heraus. Am Ende des Buchs gibt es zwar ein Personenverzeichnis, aber der Lesefluss ist natürlich zunächst einmal gehemmt. Trotzdem kam ich nicht so ganz von dem Buch los und so beschloss ich einen zweiten Versuch zu wagen, war ich mir doch sicher, eine eindrucksvolle Geschichte vorzufinden, wenn ich die notwendige Hingabe ans Buch aufzubringen bereit wäre.


    Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht, auch wenn der Autor es einem mit seiner Charakterzeichnung ebenfalls nicht einfach macht. Wenn sich ein raubender, mordender und vergewaltigender „Attila-der Hunne“-Verschnitt zum Lieblingscharakter entwickelt, kann man sich vorstellen, wie sympathisch die anderen Figuren sind. Außer dem „Atilla“ Cnaiür, einem Häuptling der Scylvendi, einem nomadischen Steppenvolk kann man noch Anasûrimbor Kellhus und Drusas Achamian zu den Hauptfiguren zählen, auch wenn einzelne Abschnitt auch aus der Sicht wichtiger Nebenrollen geschildert sind, denen man durchaus den Aufstieg zur Hauptperson in den folgenden Bänden zutraut. Anasûrimbor Kellhus ist in einem geheimnisvollen Kloster fern der Welt aufgewachsen und kann aus kleinsten körperlichen Zeichen die Gedanken anderer Personen lesen, daraus resultiert auch sein außerordentliches Kampfgeschick. Er hat dort außerdem gelernt, die Gedanken anderer, uneingeweihter Menschen auf das Meisterlichste zu manipulieren. Dieses Manipulationsgeschick macht ihn für mich ziemlich unsympathisch, denn selbst wenn er beste Absichten haben sollte, empfinde ich sein Verhalten als unehrlich und unehrenhaft. Trotz seiner Tätigkeit als Spion wirkt Drusas Achamian da ehrlicher, sauberer. Er ist Mitglied des Mandate-Zauberordens, dessen primäre Aufgabe es ist, die Rückkehr des Consult rechtzeitig zu erkennen und so eine zweite Apokalypse zu verhindern. Da sie dieser Aufgabe bereits seit 2000 Jahren nachgehen, ist das Wissen um die Bedrohung außerhalb des Ordens ins Reich der Legende versunken und die Mandate-Zauberer werden zwar wegen ihrer Zaubermacht anerkannt, aber eigentlich im Allgemeinen als etwas verrückt angesehen. Das Zusammentreffen aller wichtigen Personen steht unter dem Einfluss des soeben ausgerufenen Heiligen Kriegs zur Rückeroberung der heiligen Stadt Shimeh von den Heiden.


    Der Autor hat es tatsächlich geschafft ein episches Werk zu schaffen, dessen Komplexität sich mit der der Größen der Fantasy messen kann. Sprachlich anspruchsvoll, voller Intrigen und verborgener Motive, dafür aber ohne Potential für liebenswerte Figuren, ist es kein leichter Schmöker für zwischendurch, sondern ein Buch, dem man seine ganze Konzentration widmen muss, um der Handlung folgen zu können. Irgendwann ist man dann aber in der eindrucksvoll geschilderten Geschichte versunken und kann sie wirklich genießen. Da ich über die Übersetzung bislang fast nur Gutes gehört habe, werde ich beim nächsten Band vermutlich zur deutschen Fassung greifen und so zumindest einen meiner Schwierigkeitspunkte eliminieren, in der Hoffnung endlich völlig vom Strom der Geschichte mitgerissen zu werden - weiterlesen werde ich die Reihe jedenfalls ganz bestimmt.


    4ratten

  • Mir ein eindruck von Schattenfall ist eben falls ziemlich positiv.


    Kellhus, der erste "Hauptcharakter" mit dem man konfrontiert wird (die Grenze zwischen Haupt- und Nebenfiguren zu ziehen, finde ich bei diesem Buch nicht immer einfach), ist eine ungewöhnliche Figur, ganz bestimmt kein Sympathieträger, aber gerade deshalb so interessant. Auch die anderen Charaktere sind gelungen, abwechslungsreich und ohne Schwarz-Weiß-Malerei, (Abgesehen vielleicht von einer Ausnahme, aber auch die passt.) Aber eben auch ohne einen wirklichen "Sympathieträger-Helden" Mir gefiel das ganz gut, aber wem Charaktere wichtig sind, mit denen man sich sofort identifizieren kann, dem wird der einstieg vermutlich etwas schwerer fallen. Auch den ständigen Wechsel zwischen den verschiedenen Hauptfiguren fand ich gelungen, zumal man so manchmal auch die Gelegenheit hat, die selbe Situation aus der Sicht zwei verschiedener Personen zu betrachten.


    Einzig bei Bakkers weiblichen Figuren ist meine Begeisterung ein wenig getrübt, denn von den zwei wichtigeren Frauen in diesem Buch ging mir die eine von Anfang an nur auf die Nerven und die andere, eigentlich interessant, hat am Ende dank einer imo völlig unpassenden Reaktion ein paar Sympathiepunkte verloren (wobei ich aber hoffe, dass sich das im nächsten Band vielleicht noch klärt).


    Bei der Zeichnung seiner Welt, hält sich Bakker nicht mit langen Erklärungen auf; der Leser wird ohne große Umschweife in sie hinein geworfen und darf sich vieles selbst zusammenreimen - was imo absolut positiv ist. (Und im Notfall hilft das Glossar, was anscheinend erfreulich spoilerfrei ist.) Dennoch las sich Bakkers Stil erstaunlich flüssig - ich hatte ein sehr viel anstrengenderes Buch erwartet.


    denn selbst wenn er beste Absichten haben sollte, empfinde ich sein Verhalten als unehrlich und unehrenhaft.

    Ich hatte den Eindruck, dass Begriffe wie Ehrlichkeit, Ehre, Mitgefühl, gute Absichten... für Kellhus einfach keine Rolle spielen. Er handelt nach der Philosophie, die ihm sein ganzes Leben lang eingeimpft wurde und bei der es allein um Logik geht. Wenn er also einen Auftrag zu erfüllen hat, dann wird er tun, was dafür logisch und nötig ist. (Und z. B. sein eigenes Leben zu riskieren um jemand anderem zu helfen, wenn sich dessen Nützlichkeit erschöpft hat, wäre eben nicht logisch.) Von daher finde ich ihn weder falsch noch böse, für mich funktioniert er einfach innerhalb seiner eigenen "Logik-Sphäre".

  • Hallo miteinander,


    bei mir subbt das Buch schon einige Monate, irgendwie traue ich mich nicht ran.
    Aber bei den vielen positiven Meinungen sollte ich es nicht mehr so lange liegen lassen ...


    Grüße von Annabas

  • Nach knapp 50 Seiten, die auch alles sind, was ich von diesem Buch lesen werde, muß ich hier mal Wasser in den Wein gießen. Ich finde den Stil nämlich nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern schwach. Das mag ich mir einfach nicht über so viele Seiten antun, egal, wie gut die Geschichte vielleicht sein mag. Aber ich bin bis hierher schon über eine Reihe Vergleiche gestolpert, die vielleicht von Synästhesie inspiriert sein sollen, aber auf mich trotzdem vor allem schief wirkten. Und auch die Logik in manchen Sätzen läßt schwer zu wünschen übrig, dafür direkt ein besonders krasses Beispiel aus dem Prolog:


    [quote author="S. 20"]Die Dûnyain wußten nicht recht, wie weit Shimeh entfernt war, und hatten ihm bloß so viel Verpflegung mitgegeben, wie er ungehindert tragen konnte. Und Kellhus konnte nur hilflos erleiden, wie Hunger und Unterkühlung ihm immer stärker zusetzten. (...) Als er nichts mehr zu essen hatte, wanderte er weiter.[/quote]


    Also mal abgesehen davon, daß man sich im Vorfeld einer Reise durch die Wildnis damit beschäftigen sollte, wie man unterwegs Nahrung findet (zum Beispiel auch, indem man an einem lachsreichen Fluß den Fischen nicht einfach drei Tage beim Schwimmen flußaufwärts zusieht, sondern ein paar fängt :rollen: ), fehlt im letzten angeführten Satz entweder ein Wort wie Selbst am Anfang (was dann eben bedeuten würde, daß er trotz der fehlenden Verpflegung weiterläuft) oder es impliziert, daß er so lange in der Gegend herumgesessen hat, bis seine Nahrungsmittel aufgebraucht waren, um sich dann erst (wieder) auf den Weg zu machen. Ersteres befriedigt mich sprachlich nicht, letzteres inhaltlich. Nein, davon nehme ich doch lieber Abstand, ist ja nicht so, als hätte ich nicht noch anderen Lesestoff zur Verfügung ...

  • [quote author="S. 20"]Die Dûnyain wußten nicht recht, wie weit Shimeh entfernt war, und hatten ihm bloß so viel Verpflegung mitgegeben, wie er ungehindert tragen konnte. Und Kellhus konnte nur hilflos erleiden, wie Hunger und Unterkühlung ihm immer stärker zusetzten. (...) Als er nichts mehr zu essen hatte, wanderte er weiter.[/quote]


    Im Original lautet das folgendermaßen:

    Zitat


    The Dûnyain had no real knowledge of just how far Shimeh lay. They had merely provided him with as many provisions as he could efficiently carry. [...] Kellhus could only passively observe as hunger and exposure wracked his body. [...] His food ran out, and he continued to walk.


    Ich finde, so ergibt das schon zumindest etwas mehr Sinn: Durch die kurzen Sätze ist es einfach eine Aneinanderreihung von Beobachtungen und durch das fehlende "und" und "als" werden keine unlogischen Zusammenhänge hergestellt, die den Eindruck erwecken, Kellhus hätte sich hingesetzt, alles aufgefuttert und wäre dann weiter gegangen.

  • Danke fürs Zitieren des Originals, Liafu! Ja, das stimmt, da hat offensichtlich der Übersetzer einen mindestens unglücklich zu nennenden Zusammenhang hergestellt. Ich gebe also zu, daß das, jedenfalls an dieser Stelle, nicht dem Autor anzulasten ist, was nur nichts daran ändert, daß ich unter diesen Umständen nicht weiterlesen werde. Vielleicht greife ich irgendwann mal zum Original, sollte es mir über den Weg laufen, aber hohe Prio bekommt es trotzdem nicht gerade, weil mich der Einstieg insgesamt schon nicht sonderlich überzeugt hat.