Henry David Thoreau

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 3.957 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mäusedudler.

  • Lese gerade "Walden" von Henry David Thoreau, in dem ein einfaches Leben propagiert wird. Jetzt würden mich eure Meinungen nicht nur zu diesem Buch, sondern auch zum Autor interessieren, über den die Wikipedia ein bisschen was zu berichten weiß.


    Interessant finde ich Thoreaus offensichtlich durch fernöstliche Philosophien inspirierte Ansichten und seine Kritik an der Lebensweise seiner Zeitgenossen - zumal diese eigentlich ganz aktuell klingt, obwohl sie (was "Walden" angeht) schon Mitte des 19. Jahrhunderts geäußert wurde...

  • Also ich finde Sir Henry David Thoreau sehr gut. Ich liebe sein Buch "Walden" I went to the woods because I wished to live deliberately, to front only the essential facts of life, and see if I could not learn what it had to teach, and not, when I came to die, discover that I had not lived. I did not wish to live what was not life, living is so dear; nor did I wish to practise resignation, unless it was quite necessary.... einfach klassisch. Ich habs aber nicht auf Deutsch gelesen sonder auf Englisch.
    Ich finde er gehört zu den waren Philosophen... Da kann sich noch manch einer ne Scheibe von abschneiden...

  • Hallo zusammen!


    Interessant finde ich Thoreaus offensichtlich durch fernöstliche Philosophien inspirierte Ansichten


    Fernöstlich? So hatte ich Walden gar nicht in Erinnerung. Muss wohl doch mal wieder 'reinschauen ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Er macht jedenfalls immer wieder entsprechende Andeutungen.

  • Ich denke aber es bleibt bei den reinen Andeutungen, würd Thoreau auf gar keinen Fall in die fernöstliche Kiste packen. Er war auch nicht inspiriert davon... sonst wäre ja Nietzsche auch inspiriert gewesen als er Zarathursta schieb....

  • Seine Ideen - ein einfaches Leben führen, sich von überflüssigen materiellen Dingen frei machen und sich stattdessen spirituellen Werten zuwenden - klingen aber ganz danach, oder nicht? Ich würde durchaus von einer "Inspiration" reden, zumal dann, wenn ich lese, dass er ein Vertreter des Transzendentalismus gewesen sein soll... Natürlich kann man ihn nicht einfach in eine Esoterik-Kiste stecken, das will ich gar nicht.

  • Hallo zusammen!


    "Transzendentalismus" klingt sehr esoterisch, hat aber seine Wurzeln in Kant, und stellt - einfach gesagt - den Menschen ins Zentrum (ethisch, erkenntnistheoretisch ... ), allerdings geleitet durch göttliche Inspiration.


    Von daher nimmt Thoreau auch seine Legitimation zum bürgerlichen Ungehorsam. Er hat ja bekanntlich z.B. dem Staat die Kopfsteuer verweigert, weil er mit der Entwicklung von amerikanischem Staat und amerikanischer Gesellschaft nicht einverstanden war.


    Thoreau wäre der klassische Fall eines Auswanderers aus Unzufriedenheit, wie er noch heute vorkommt. Allerdings lebte er bereits in einem klassischen Auswandererland und konnte so hautnah erleben, dass es dort nicht besser um die Menschheit bestellt ist. So ist sein Aufenthalt auf Walden wohl mehr eine Form der inneren Emigration - ins Äusserlich-Ostentative gewendet. Ich habe gestern Abend noch mit der erneuten Lektüre von Walden begonnen, bin aber gestört worden und nach ca. 16 Seiten musste ich aufhören. Thoreau wirkt auf mich kalt, menschenfeindlich (oder zumindest zivilisationsfeindlich).


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Aha - wußte ich doch, daß ich über Kant nichts wußte! :smile:


    Jedenfalls wirkten Thoreaus Ansichten auf mich Unbedarften so, wie ich es schon geschrieben habe.


    Vielleicht war er einfach angewidert von dem Lebensstil, dem er in seiner Umwelt begegnet ist? Immer nur der eigenen Geldgier nachrennen, Besitz anhäufen, den man nicht braucht, Werte für wichtig halten, die eigentlich gar keine echten Werte sind und so weiter...

  • Hallo zusammen!


    Jedenfalls wirkten Thoreaus Ansichten auf mich Unbedarften so, wie ich es schon geschrieben habe.


    Ich will ja nicht behaupten, dass keine fernöstliche Lebenshaltung mit hineinspielt. Ich habe nur keine Erinnerung daran, und bisher auch (z.B. im Vorwort von

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    meiner Ausgabe) nichts gefunden. Im Text selber bin ich wie gesagt erst auf S. 16 - da kommt noch vieles ... Konfuzius wird einmal erwähnt, aber der ist ja nun auch nicht typisch für das, was wir heute unter "fernöstlichem Denken" verstehen.


    Vielleicht war er einfach angewidert von dem Lebensstil, dem er in seiner Umwelt begegnet ist? Immer nur der eigenen Geldgier nachrennen, Besitz anhäufen, den man nicht braucht, Werte für wichtig halten, die eigentlich gar keine echten Werte sind und so weiter...


    Dies scheint mir ganz sicher so.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo zusammen!


    Ich bin gestern tatsächlich noch auf eine Erwähnung fernöstlichen Denkens in Walden gestossen: Dort, im ersten Kapitel, wo Thoreau schildert, was er angebaut hatte, erwähnt er auch den Reis. Mit dem Zusatz, dass ihn das als Freund der fernöstlichen Philosphie (er verwendet diesen Begriff) natürlich speziell erfreut hätte, dass Reisanbau in Walden möglich sei. Mehr erfahren wir zum Thema "Fernöstliches" allerdings hier auch nicht ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Seufz... es ist ja auch nur der allgemeine Eindruck, den ich erhalten habe, als ich von Thoreaus Wunsch gelesen habe, eine möglichst einfache Lebensweise für sich zu finden.

  • Hi!


    Ist mir schon klar - aber jetzt hat es mich gepackt und es nimmt mich wunder, ob und wieweit ein fernöstlicher Einfluss bei Thoreau festgemacht werden kann.


    Auf mich macht er im Moment (immer noch erstes Kapitel!) einen eher verbissenen Eindruck. Er geht davon aus, dass, was für ihn gut und richtig sein mag, für alle gut und richtig sein müsste. Ganz typisch: Wenn er Studenten mehr manuelle und weniger geistige Tätigkeit verordnen möchte. (Was wiederum in den Fernen Osten führt - allerdings ein Einfluss in umgekehrter Richtung: Im kommunistischen China war es eine Zeitlang üblich, dass Intellektuelle ein Jahr oder so mit Feldarbeit verbringen mussten. Ob sich die Fünferbande ihrerseits an Thoreau orientiert hat?)


    Seine Berechnungen, wie billig er sein Haus gebaut hat ... Er unterschlägt der Einfachheit halber, dass das Ganze nur möglich war, weil ihm sein Freund Emerson eine Ecke auf seinem, Emersons, Grundstück zur Verfügung stellte. Und seine Fenster - auf diesen Luxus wollte er offenbar nicht verzichten - hat er gebraucht gekauft. Nix mit selber zimmern oder so ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo zusammen!


    Ich lese weiter ...


    Thoreaus Egiosmus scheint im Laufe des Textes zu schrumpfen. Schöne Schilderungen der Natur ...


    Die Orientalen werden immer wieder mal erwähnt; wenn es um Konkretes geht, bezieht sich Thoreau allerdings auch gerne auf die nordamerikanischen Indianer. (Erinnert mich daran, dass ich Castañeda mal lesen wollte ... )


    Grüsse


    Sandhofer


    EDIT: Ein "n" bei Castañeda gelöscht - sonst findet die Suchfunktion den Namen nicht wieder ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

    Einmal editiert, zuletzt von sandhofer ()

  • Die Veda wird auch immer wieder mal erwähnt.


    Ja, die Naturschilderungen sind recht eindrucksvoll. Konnte mir den Waldenteich so richtig bildhaft vorstellen.

  • Hallo zusammen!


    Gerade (edit: d. h.: gestern Abend!)habe ich eine interessante Passage gelesen, wo Thoreau sich über Ernährung auslässt - insbesondere vegetarische Ernährung, der er sehr zutan ist, auch wenn er sie nicht so nennt. Jedenfalls eine witzige Argumentation, warum der Mensch kein Fleisch essen sollte ... :zwinker:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Henry David Thoreau - Walden 

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    Zum Inhalt: Thoreau beschreibt in dem Buch die zwei Jahre, die er am Waldensee in einem selbstgezimmerten Haus verbracht hat. Naturbeschreibungen vom See und den dort lebenden Tieren wechseln sich ab mit Experimenten (z.B. Temperatur- und Tiefenbestimmungen am See), Betrachtungen zur Ökonomie des ganzen und philosophischen Betrachtungen.


    Meine Meinung: Irgendwie habe ich immer noch keine wirkliche Meinung zum Buch. An manchen Stellen habe ich zustimmend genickt und anderen hätte ich den guten Mann - so er nicht schon lange tot wäre - gerne mal ein paar Schläge auf den Hinterkopf verpasst, um ihm ein wenig gesunden Menschenverstand einzubläuen. Um mal ein Beispiel zu nennen: Thoreau tritt zum einen für mehr Naturverbundenheit und mehr Wertschätzung für die Natur ein (ich möchte nicht wissen, was der gute Mann im einundzwanzigsten Jahrhundert sagen würde, wenn er im neunzehnten Jahrhundert schon die Zustände anprangert). Unter anderem hebt er auch hervor, wieviel befriedigender es ist, etwas selbst mit den eigenen Händen zu schaffen, wie z.B. sein Haus (mit) zu bauen oder sein Gemüse selbst zu ziehen, als es nur zu bekommen/zu kaufen. So weit so gut, damit habe ich kein Problem. Wenn er aber dann fast im gleichen Atemzug seine Lebensführung anderen anrät, so einem Farmer mit Frau und Kindern, möchte man ihn doch fragen, ob er das mal so ganz durchdacht hat. Zum einen gehörte das Grundstück, auf dem er gebaut hat, seinem Freund Emerson, der es ihm zur Verfügung gestellt hatte, zum anderen hatte er natürlich etwas Startkapital. Weiterhin hat er weder Frau noch Kind, um die er sich kümmern musste, und zudem auch offensichtlich gutes Wetter und keine Missernte. Man fragt sich doch, wie seine Weisheiten so ausgesehen würden, wenn es einen verregneten Sommer oder frühen Frost gegeben hätte und seine Bohnen und Kartoffeln schlicht vergammelt wären. In solchen Passagen wirkt Thoreau sehr selbstgerecht auf mich, als ob er anderer Leute Leben und Arbeit nicht wertschätzt, nur weil sie nicht seinem Ideal entsprechen.
    Die Naturbeobachtungen haben mir dann wieder sehr gut gefallen und auch seine "Experimente" fand ich recht interessant, da es beeindruckend ist, wie er sich mit seiner direkten Umgebung auseinandersetzt und diese wirklich wahrnimmt, wo andere einfach vorbeigehen und nie einen Gedanken daran verschwenden. Allerdings waren dies Inhalte, die ich so nicht erwartet habe. Ich hatte eigentlich gedacht, ein hauptsächlich philosophisches, eher abgehobenes Werk gegriffen zu haben, aber an vielen Stellen ist es das gar nicht. Auch hatte ich eine falsche Vorstellung davon, wie einsam Thoreau da wirklich war. Ich dachte im Vorfeld, dass er wirklich einsam gelebt hätte, aber in Wirklichkeit ist der Teich nur ein Stück vom Ort weg, in dem er aufgewachsen ist und wo er jeden kannte. Das ist natürlich kein Fehler des Autors, es war lediglich für mich unerwartet. Einsam ist nun was ganz anderes.


    Bewerten mag ich das Buch nicht, philosophieren darf schließlich jeder wie er will und viele Teile haben mir wirklich gut gefallen. Eben nicht alles, aber nun gut. Hinterfragen ist ja nicht verboten, sondern sicherlich erwünscht.

    :lesen: Naomi Novik - Uprooted