Stephen King - "Es"

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  • Alle 27 oder 28 Jahre hält in Derry, Maine, das Böse Einzug. Dann geschehen schreckliche Unglücke, Kinder verschwinden spurlos, man traut sich kaum noch auf die Straße.


    1958 ist eines dieser schrecklichen Jahre. Eines der ersten Opfer des Bösen in Gestalt des Clowns Pennywise ist der kleine Georgie Denbrough. Dessen älterer Bruder Bill wünscht sich nichts sehnlicher, als „ES“ besiegen zu können. Er ist zwar nur ein stotternder Elfjähriger, der, genau wie seine Freunde, die allesamt auch in irgendeiner Weise Außenseiter sind, von einer kleinen Bande etwas älterer Kinder terrorisiert wird, doch die ganze Clique wächst im Angesicht des Bösen immer wieder über sich hinaus und stellt sich mutig immer wieder neuen unheimlichen Situationen.


    27 Jahre später beginnt der Zyklus erneut. Wieder ist Derry Schauplatz von Gewaltverbrechen und rätselhaftem Verschwinden von Kindern, und Mike, der einzige aus der Clique, der noch in Derry lebt, trommelt seine alten Freunde zusammen, in der Hoffnung, „ES“ diesmal endgültig den Garaus machen zu können. Ein schwieriges, gefährliches, wenn nicht gar unmögliches Unterfangen, das auch bedeutet, Erinnerungen ins Auge sehen zu müssen, die man lieber vergessen würde, aber auch eine Chance, die man eigentlich nicht verstreichen lassen darf.


    Die Urteile über diesen King-Klassiker fallen sehr unterschiedlich aus und rangieren von „gähnend langweilig und viel zu dick“ bis zu „ziemlich genial“. Nachdem ich es nun endlich gewagt habe, diesen großformatigen Klotz von über 800 Seiten anzupacken, kann ich mich auf der Seite der „Es“-Fans einreihen.


    Ja, King erzählt ausschweifend, detailverliebt, führt eine Unmenge von Figuren ein, verschachtelt die Zeitebenen ineinander. Es gibt sicherlich deutlich tempo- und actionreichere Horrorromane, obwohl man hier über einen Mangel an Spannung, Grusel und Ekelszenen auch nicht klagen kann. Der King of Horror versteht es ausgezeichnet, Urängste und typische Abneigungen aufzugreifen und seinen Lesern mal subtil, mal blutig kalte Schauer über den Rücken zu jagen.


    Mit einem großen Herzen für Außenseiter erschafft King außerdem wunderbar lebensechte Charaktere, allen voran die kleine Clique um den stotternden Bill, den Afroamerikaner Mike, den ängstlichen Asthmatiker Eddie, dessen Mutter eine galoppierende Krankheitsphobie hat, den adipösen Ben, den stets akkurat gekleideten Stan, der als Jude gehänselt wird, obwohl seine Familie nicht einmal sonderlich gläubig ist, Richie mit der dicken Brille und Beverly, die unter einem gewalttätigen Vater leidet. Sicherlich alles gewissermaßen Außenseiter-Stereotypen, aber ausgesprochen gut gezeichnet, wie auch viele kleine Szenen aus dem Leben einer kleinen Großstadt/großen Kleinstadt, wie Derry im Buch gerne genannt wird.


    Neben der eigentlichen Handlung um das personifizierte Böse ist Freundschaft eines der ganz großen Themen des Buches. Wie ein Häuflein von Kindern, die alleine weder besonders mutig noch besonders stark sind, zusammensteht, die Macht der Gedanken und des Zusammenhalts erkennt und gemeinsam imstande ist, viel zu bewältigen und zu bewegen, war für mich das Spannendste an diesem Buch.


    Für Leser mit langem Atem auf jeden Fall eine Empfehlung!


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Ich meine, klar, ist schon so, aber gleichzeitig auch wieder nicht, denn jeder ist hier wichtig, jeder hat seine Rolle zu erfüllen und jeder ist mir ans Herz gewachsen und keiner ist verzichtbar. Und das macht das Buch eigentlich aus, das ist der Test bei Genre-Büchern, wären sie auch gut und lesbar, wenn man das Element, hier den Horror, wegnimmt? Ja, absolut, ehrlich gesagt, vielleicht wäre es dann sogar (noch) besser! :breitgrins:


    Das unterschreibe ich ganz dick und fett! Ich würde mir wünschen, dass King mal einen ganz normalen, horror-, grusel- oder thrillerelementefreien Roman schreibt, weil er dieses Zwischenmenschliche so großartig drauf hat. "Joyland" ging zumindest schon mal gut in diese Richtung und auch teilweise "11.22.63".

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich stecke gerade noch mitten im Buch, ich bin etwa auf Seite 200, zählt das noch zum Prolog? :breitgrins:


    Als Jugendliche habe ich ja King-Romane verschlungen, nur It war nie dabei. Das hole ich jetzt nach.


    Valentine: in einer anderen Rezension auf einem Blog wurde auch schon betont, dass vor allem das Thema Freundschaft begeistert hat. Da musste ich gleich an den Film Stand by me denken, der ja auch auf einer Geschichte von King basiert.


    Ich bin jedenfalls schon gespannt, wie es bei mir weitergeht. Und ob ich 2017 noch fertig werde :spinnen:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Für Leser mit langem Atem auf jeden Fall eine Empfehlung!


    Ich finde nicht dass man bei diesem Buch einen so langen Atem braucht. Es hat keine Längen, wie die meisten seiner Bücher die ich gelesen habe. Da ist mir ein normal dickes Buch fast schon zu kurz.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Doch, das ist er. Und eine Mrs. Kaspbrak (Eddies Mutter) wird in "Misery" erwähnt :smile:


    Beverly und Richie haben wiederum einen Gastauftritt in "11.22.63". King macht das gerne. Hier gibt es eine Liste solcher Querverbindungen in seinen Büchern (evtl. Spoiler-Alarm!)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich bin jetzt bei der Hälfte - ich bin echt eine Schnecke :redface: - und habe gerade einen kleinen Durchhänger. Das Buch gefällt mir ja irrsinnig gut bisher, aber es ist nun mal auch irrsinnig lang.


    Ich bin gerade an der Stelle, an


    Es liegt auch gar nicht an der Stelle selbst, die finde ich sehr spannend. Es ist mehr so ein allgemeines Konditionsproblem :breitgrins:


    Rückblickend an den Anfang gefällt mir jetzt übrigens der Aufbau sehr gut. Die beiden Zeitlinien, die in den ersten Kapiteln miteinander verknüpft werden und so jeweils zeigen, wie das Grauen erneut begann. Und gleich darauffolgend ist Stan Uris der erste des Clubs, der den Anruf von Mike erhält, was im weiteren Verlauf eine tragende Rolle spielt und auch beim Lesen eine ganz eigene Stimmung herstellt.
    Allerdings hat es mehrere 100 Seiten gebraucht, bis ich das so sehen konnte. Zu Beginn fand ich die vielen Namen nämlich eher verwirrend und brauchte etwas, um in die Geschichte reinzukommen.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Nun habe ich es doch noch geschafft und die knapp 1400 Seiten hinter mir :schwitz: und ich bin sehr froh, dass ich mich herangewagt habe.


    It hat mich definitiv gefesselt und ich werde mich wohl unter die vielen Fans einreihen. Mein letztes Buch von King (Duddits) habe ich als Jugendliche gelesen und war damals so enttäuscht, dass ich tatsächlich 15 Jahre einen Bogen um King gemacht hätte. Und wäre das Buch nicht verfilmt geworden, wäre das wahrscheinlich auch so geblieben.


    Wie schon erwähnt hat mir der Aufbau des Buches sehr gut gefallen und wie sich die einzelnen Kapitel zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Gerade in den letzten Kapitel hatte ich aber durchaus meine Schwierigkeiten, weil ich manchmal nicht mehr wusste, ob ich mich im Jahr 1958 oder 1985 befinde. Vielleicht oder wahrscheinlich war das von King aber auch so gewollt.


    Daneben fand ich auch die Darstellung der Freundschaften im Losers Club sehr schön und dass jeder Charakter auch seine eigene Geschichte bekommen hat.
    Und obwohl viele sagen, It wäre kein Horrorroman, kann ich dem nicht zustimmen. Ich bin zwar nicht ins Schlottern gekommen vor Angst, aber gegruselt habe ich mich durchaus.


    Über das Ende war ich dann doch etwas traurig, ich würde aber auch kein anderes Ende bevorzugen.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.