Der schlechte Ruf der Fantasy

Es gibt 94 Antworten in diesem Thema, welches 21.194 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nimue.

  • sandhofer
    Ich bin ja ganz deiner Meinung, was diese ganze epigonale Fantasy-Literatur angeht. Ich habe nach meiner Tolkien-Zeit in der Schule kaum mehr Fantasy angefasst, besonders dann nicht, wenn sie mit Tolkien verglichen wurde (besonders hat mich das bei Stephen Donaldsons "Thomas Covenant" geärgert: da stand hinten drauf: "comparable to Tolkien at his best" - ich habe die Reihe nie zu Ende gelesen).
    Das Feld der Fantasy-Literatur ist aber so groß geworden, dass man mit dem Begriff "Tolkien-Tradition" oder meinetwegen Inkling-Tradition einen Teil dieses riesigen Feldes benennen kann, so dass die meisten wissen, was gemeint ist. Und auch wenn 98% davon epigonaler Schrott sind, so gibt es doch sicher ein paar Perlen darunter, die es lohnt, aufzustöbern.


    Morwen

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  • Ich bleibe dennoch dabei: Die Fantasy ist nicht per se und auch nicht quantitativ gesehen weniger originell als andere Genres. Das epigonale, entschieden nicht-originelle Segment der Fantasy erhält einfach nur überproportional viel Aufmerksamkeit, vor allem durch die Art und Weise, wie es vermarktet wird.

  • Ich bleibe dennoch dabei: Die Fantasy ist nicht per se und auch nicht quantitativ gesehen weniger originell als andere Genres.


    Die Wahrscheinlichkeit spricht dagegen, da hast Du Recht.


    Das epigonale, entschieden nicht-originelle Segment der Fantasy erhält einfach nur überproportional viel Aufmerksamkeit, vor allem durch die Art und Weise, wie es vermarktet wird.


    Vielleicht auch, weil es mehr Fantasy-Leser gibt, die von diesem Genre viel erwarten. Die Chick-Lit-Leserin, der Jerry-Cotton- oder Western-Romanheft-Leser - sie stellen von Anfang an keine andern Ansprüche als die, die "ihre" Lektüre auch erfüllt. Weshalb diese Genres zwar ausserhalb ihres Leserkreises auch einen schlechten Ruf haben, der aber als gegeben hingenommen wird, und ihn deshalb keiner hinaustrompetet.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Vielleicht auch, weil es mehr Fantasy-Leser gibt, die von diesem Genre viel erwarten. Die Chick-Lit-Leserin, der Jerry-Cotton- oder Western-Romanheft-Leser - sie stellen von Anfang an keine andern Ansprüche als die, die "ihre" Lektüre auch erfüllt. Weshalb diese Genres zwar ausserhalb ihres Leserkreises auch einen schlechten Ruf haben, der aber als gegeben hingenommen wird, und ihn deshalb keiner hinaustrompetet.


    Das sehe ich auch so. Die Wahrnehmung der Fantasy ist halt extrem disparat: Einerseits sind da die belesenen, eingeschworenen Fans, die ständig beteuern, in der Fantasy gebe es zahlreiche unentdeckte Juwelen und vergessene Klassiker wie Lord Dunsany, Mervyn Peake und andere. Aber andererseits wird das Gesicht des Genres geprägt durch das massenhafte Veröffentlichen von »more of the same« – mehr Questen, mehr Vampire mit Sex-Appeal, mehr Völkerromane ... Es ergeht der Fantasy etwa so, wie es dem Genre des historischen Romans erginge, wenn es ausschließlich mit Rebecca Gablé, Iny Lorentz, Noah Gordon oder Christian Jacq identifiziert würde. Aber der historische Roman hat eben das Glück, dass zwar die Bestsellerstapel mit den immergleichen Covermotiven in den Buchläden gesehen werden, zugleich ist es in der Literaturkritik aber breit akzeptiert, dass der historische Roman an Scott, Manzoni, Hugo und Tolstoi gemessen werden sollte und nicht an dem epigonalen Schrott. Die Fantasy hat im Vergleich dazu das Pech, sich in einer permanenten Verteidigungshaltung zu befinden.

  • Bisher habe ich ja eure Diskussion interessiert verfolgt. Letztlich bin ich beim schlechten Ruf der Fantasy gar nicht mehr so sicher. Natürlich hat das Genre immer noch keinen guten Ruf, aber einen wesentlich besseren als noch vor einigen Jahren.
    Heute schauen mich meine Bekannten eher schief an, wenn ich zugebe, dass ich auch gerne Liebesromane lese, Fantasy akzeptieren die Meisten aber mittlerweile. Und das dank der von euch so veruteilten Massen-Bestsellerliteratur. Da gibt es natürlich viel Schund. Keine Frage. Aber gerade, weil es zur Massenliteratur geworden ist, akzeptieren heute viel mehr dieses Genre als vor zwanzig Jahren. (Vielleicht liegt das auch zusätzlich an den schöneren Covern? Habt die füheren Cover noch vor Augen? :entsetzt:)


    Natürlich nicht alle und viele rümpfen gerne noch mit der Nase, aber mal ehrlich: Was kümmert mich das?
    Ich bin kein verunsicherter Teeni mehr, der sich darum schert, was andere Leute denken.


  • Habt die füheren Cover noch vor Augen? :entsetzt:)


    Aber ja :breitgrins: Meine Freundin behauptet ja, den schlechten Ruf der Fantasy hätte diese ausschließlich den Covern zu verdanken :breitgrins:

    Liebe Grüße,<br />Verena<br /><br />&WCF_AMPERSAND"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?&WCF_AMPERSAND" Gandalf in &WCF_AMPERSAND"Die Gefährten&WCF_AMPERSAND", J.R.R. Tolkien

  • Aber ja :breitgrins: Meine Freundin behauptet ja, den schlechten Ruf der Fantasy hätte diese ausschließlich den Covern zu verdanken :breitgrins:


    Äh, welche meint ihr jetzt? Wenn ich an grässliche Fantasycover denke habe ich direkt meine Drachenlanze-Ausgaben von Blanvalet vor Augen, aber die sind eigentlich noch nicht so furchtbar alt. (Schrecklich finde ich sie trotzdem.) :breitgrins:

  • Mach mal eine Suche über Bilder von Boris Vallejo. Das ist der Stil, der gemeint ist.


    Ich sollte vielleicht noch dazusagen, dass ich die Bilder sehr kultig finde und sie sehr nostalgische Gefühle in mir wecken. Dennoch kann ich verstehen, wie sie der Fantasy einen Ruf haben verpassen können :breitgrins:

    Liebe Grüße,<br />Verena<br /><br />&WCF_AMPERSAND"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?&WCF_AMPERSAND" Gandalf in &WCF_AMPERSAND"Die Gefährten&WCF_AMPERSAND", J.R.R. Tolkien


  • Mach mal eine Suche über Bilder von Boris Vallejo. Das ist der Stil, der gemeint ist.


    Das Bild hatte ich ganz lange als Türposter in meinem Jugendzimmer:


    Klick


    Und ich finde das immer noch toll :breitgrins:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Das ist der Stil der amerikanischen Pulp Fiction. Aus der Pulp Fiction stammt vieles des heutigen Fantasy-Main-Streams. Bekanntestes Beispiel ist wohl Conan. Ja, stimmt, die Pulp Fiction hat den Ruf der Fantasy nicht gefördert.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Fantasy akzeptieren die Meisten aber mittlerweile. Und das dank der von euch so veruteilten Massen-Bestsellerliteratur. Da gibt es natürlich viel Schund. Keine Frage. Aber gerade, weil es zur Massenliteratur geworden ist, akzeptieren heute viel mehr dieses Genre als vor zwanzig Jahren.


    Um das noch mal kurz aufzugreifen: Ich glaube, es wäre falsch, Bestseller und Schund per se gleichzusetzen. Ich habe nichts dagegen, dass Fantasy zur Massenliteratur geworden ist. Das Problem ist auch nicht, dass zu wenig gute Fantasy veröffentlicht würde. Im Gegenteil, ich komme mit dem Lesen nicht hinterher. Das Problem ist eher, dass anspruchsvolle Fantasy keine Lobby hat und außerhalb von Insiderkreisen kaum wahrgenommen wird. Deshalb liegt die Lösung (nicht, dass ich wüsste, worin die Lösung besteht) m.E. auch nicht darin, dass man sich von epigonaler Fantasy oder vom Großteil der Genreveröffentlichungen überhaupt distanziert.


  • Um das noch mal kurz aufzugreifen: Ich glaube, es wäre falsch, Bestseller und Schund per se gleichzusetzen. Ich habe nichts dagegen, dass Fantasy zur Massenliteratur geworden ist. Das Problem ist auch nicht, dass zu wenig gute Fantasy veröffentlicht würde. Im Gegenteil, ich komme mit dem Lesen nicht hinterher. Das Problem ist eher, dass anspruchsvolle Fantasy keine Lobby hat und außerhalb von Insiderkreisen kaum wahrgenommen wird. Deshalb liegt die Lösung (nicht, dass ich wüsste, worin die Lösung besteht) m.E. auch nicht darin, dass man sich von epigonaler Fantasy oder vom Großteil der Genreveröffentlichungen überhaupt distanziert.


    Vielen Dank für dieses Posting, Anubis. Das kann ich so komplett unterschreiben.

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  • Ich lese erst seit wenigen Jahren Fantasy. Mir ist noch nie aufgefallen, dass Fantasy so einen schlechten Ruf hat. In meiner Umgebung ist es eher das Lesen an sich, was einen zum Außenseiter macht. An Fantasy-Romanen schätze ich besonders, dass immer wieder die selben Völker (Elfen/Elben, Zwerge, Orks, Drache, ...) vorkommen. Ich liebe es zu vergleichen wie die Autoren das jeweilige Volk darstellen. z.B. Drachen sind oft sehr unterschiedlich dargestellt.


    Die Kommentare zu den Büchern auf der Rückseite lese ich nie. Dort steht eh immer nur, dass dieses Buch der nächste HdR ist. Dabei habe ich noch nie ein Buch gelesen, dass mich massiv an HdR erinnert hätte. Es schreiben ja (zum Glück), nicht alle Autoren so wie Tolkin. (Seine Werke sind fantastisch, aber sein Schreibstil ist nicht besonders gut.)


    Nur mein Deutschlehrer scheint etwas gegen Fantasy zu haben. Aber vielleicht ist das darum, weil er Deutschlehrer ist und sich mehr mit höherer Literatur beschäftigt.


    Was ich oft gelesen habe, ist, dass Fantasy immer dem gleichen Muster folgen würde. Ein armer Junge wird durch eine Menge glücklicher Zufälle zum Helden. Aber ist das bei Krimis nicht auch so? Jemand wird ermordet und dann kommt irgendjemand, sammelt Beweise und löst den Fall? (Will hier niemanden beleidigen. Das ist meine Meinung zu Krimis) Oder bei Schnulzenromanen? Er liebt sie, sie merkt es nicht und will jemanden anderen heiraten und am Schluss findet das Traumpaar doch zusammen, oder so? Ich glaube jeder Literaturzweig hat seine eigenen Muster. Wirklich gut sind dann die Bücher die von dem Muster abweichen und trotzdem noch dort bleiben. Zur Überbrückung bis man den nächsten solchen Roman gefunden hat, kann man dann wieder die Massenware lesen, die auch nicht schlecht ist.


  • Was ich oft gelesen habe, ist, dass Fantasy immer dem gleichen Muster folgen würde. Ein armer Junge wird durch eine Menge glücklicher Zufälle zum Helden. Aber ist das bei Krimis nicht auch so? Jemand wird ermordet und dann kommt irgendjemand, sammelt Beweise und löst den Fall? (Will hier niemanden beleidigen. Das ist meine Meinung zu Krimis) Oder bei Schnulzenromanen? Er liebt sie, sie merkt es nicht und will jemanden anderen heiraten und am Schluss findet das Traumpaar doch zusammen, oder so? Ich glaube jeder Literaturzweig hat seine eigenen Muster.


    Das kann ich so auch vollständig unterschreiben. Ich finde auch, dass jedes Genre seinem eigenen Muster folgt. Manchmal fließen die Muster sogar ineinander über, aber generell kann ich daran auch nichts negatives feststellen :winken:

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