Edward. M. Forster - Wiedersehen in Howards End

Es gibt 78 Antworten in diesem Thema, welches 15.968 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Bei mir ist seit einer Woche etwas die Puste ausgegangen. Warum ich das Buch nicht mehr mit der gleichen Begeisterung lese wie zu Beginn, kann ich noch nicht einmal ausdrücken. Es könnte mit den Kommentaren des Autors zusammenhängen, denn er lässt dem Leser ja nicht viel Spielraum eigene Gedanken zu entwickeln. Er nimmt ja eigentlich alles vorweg.
    Ich würde das Buch gerne mal ohne seine Zusätze lesen, denn denken können wir alle selber :zwinker:

  • Zitat von "Heidi Hof"

    Es könnte mit den Kommentaren des Autors zusammenhängen, denn er lässt dem Leser ja nicht viel Spielraum eigene Gedanken zu entwickeln. :zwinker:


    Ich fand gerade diese Einschübe mit denen der Leser persönlich angesprochen wird anregend. Man fühlt sich auf die Seite des allwissenden Erzählers gezogen, und blickt so auf die Handlung in gewisser Weise herab, um die Entwicklungen im Ganzen zu sehen.


    Gruß,
    Germa

  • Mir ist das auch eher positiv aufgefallen; auf jeden Fall fühlte ich mich dabei nicht in meinem eigenständigen Denken beeinträchtigt.


    Natürlich muss man aber bei Forster nicht soviel nachdenken, wie bei Kafka... :breitgrins::zwinker:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Mir geht es ähnlich wie Heidi. Ansich gefällt mir das Buch ausgesprochen gut, die Thematik, die verschiedenen Charaktere. Auch die Kommentare von "außen" fand ich anfangs sehr angenehm und auch erfrischend.


    Mittlerweile allerdings komme ich auch nicht recht weiter und bin schön langsam froh, wenn ich durch bin. Woran es genau liegt, kann ich nicht sagen. Bisher hatte ich immer Parallelliteratur und habe instinktiv immer nach dem "Zweitbuch" gegriffen - die Kommentare stören mich nicht wirklich, sie gehören halt bei diesem Buch dazu. Teilweise sind sie überflüssig, teilweise nehmen sie vielleicht wirklich die eigene Meinung vorweg bzw. wird man gleich in eine Bahn gelenkt, teilweise sind sie ganz witzig.


    Und weil schon öfter Vergleiche mit Jane Austen gemacht wurden: Mir gefällt dieses hier insgesamt besser als "Stolz und Vorurteil". :sonne:

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo!


    Ich habe gestern noch meine letzten Kräfte gesammelt :smile: und am Abend einen Lesemarathon eingelegt und habe das Buch beendet.


    Es hinterlässt doch gemischte Gefühle. Einerseits fand ich es recht schön, dieser "englische Stil", die Gesellschafts- und Charakterstudien sind sehr ausgefeilt und auch sehr treffend.


    Erfrischend die Gestalt der Margaret, die sich distanziert von den gesellschaftlichen Zwängen, mit beiden Füßen im Leben steht und einen vernünftigen Hausverstand besitzt. Henry Wilcox und seine Söhne als Vertreter der patriarchalischen oberen Gesellschaftsschicht, der sich mit den Problemen des "Fußvolkes" nicht abgibt und nur das eigene Ansehen im Sinne hat.


    Die letzten 150 Seiten sind dann doch noch wirklich spannend geworden, leider hat der Klappentext zu viel verraten, sodass es für mich nicht überraschend war (ich sogar darauf gewartet habe).


    Zitat

    Dass Helen schwanger wird, wusste ich leider schon aus dem Klappentext. Dass jedoch Leo der Vater ist, damit hab ich auch nicht gerechnet. Hätte ich nicht gewusst, dass sie schwanger ist, so wäre dieser Teil der Geschichte - die Frage, warum Helen nichts von sich hören lässt, bzw. warum sie ihnen aus dem Weg geht - wirklich spannend geworden.


    Recht schön und wirklich beneidenswert fand ich die Szene


    Zitat

    als Helen und Margaret sich wiedertreffen, nach anfänglichen Bla-bla endlich ihre gemeinsame Gesprächsebene fanden und dann gemeinsam in Howards End nächtigten. Das fand ich ganz wunderbar


    Zitat

    Meine Vorahnung, dass von Dolly noch mehr "Wahrheiten" zu erfahren sein werden, hat sich ebenfalls bestätigt. Dass sich Mrs. Wilcox' Willen am Ende doch noch erfüllt, war eine wunderbare Wendung des Schicksals


    Alles in allem ist es ein sehr stimmiges, einfühlsames Buch, das in sich geschlossen ist und (für mich) eigentlich keine Fragen offen lässt. So mittendrin war es stellenweise doch sehr langatmig.


    Ich werde jetzt Ausschau halten nach dem Film, denn diese Romanvorlage eignet sich m.E. ganz ausgezeichnet für eine Verfilmung!


    Es war eine sehr schöne Leserund, doch nach Jane Austen und E.M. Forster freue ich mich doch jetzt wieder auf etwas Zeitgenössisches!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hi, ich habe es gestern abend auch noch beendet :winken:


    Der Schluss war ja dann doch noch sehr spannend, und Meg hat es in jeder Hinsicht geschafft :breitgrins: (Haus, den Mann, den sie wollte und ihre Schweiter)


    Ich muss mir nun noch ein paar Dinge durch den Kopf gehen lassen, dann werde ich mein Resümee niederschreiben :smile:

  • Ich konnte heute endlich mal wieder einige Seiten lesen und bin mittlerweile im 10. Kapitel angekommen.
    Was mir gerade besonders auffällt, ist, wie sehr ich bei Meg Emma Thompson im Kopf habe. Zwar kann ich mich kaum an die Handlung des Films, geschweige denn an die Dialoge erinnern, aber Emma Thompson muss einen gewaltigen Eindruck auf mich gemacht haben, dass sie mir mit jedem Satz, den Meg spricht, so deutlich vor Augen steht.
    Ich muss den Film also unbedingt wieder sehen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich bin mittlerweile bei Kapitel 24 angelangt und mir gefaellt das Buch sehr gut. Es liest sich recht fluessig, wobei ich manche Saetze wirklich zwei mal lesen musste.
    Forster hat ebenso ein Auge fuer Details und die Beschreibungen der Landschaft, Charaktere etc. sind wirklich sehr schoen. Man kommt richtig ins Schwaermen :smile:.
    Gestern Nacht traeumte ich sogar von Margaret und Konsorten :entsetzt:

  • Zitat von "creative"


    Und weil schon öfter Vergleiche mit Jane Austen gemacht wurden: Mir gefällt dieses hier insgesamt besser als "Stolz und Vorurteil". :sonne:


    Geht mir genauso. Ich finde Wiedersehen in Howards End irgendwie ein bisschen gehaltvoller.

  • Hallo Zusammen!


    Ich habe nun in der letzten Zeit: "Jane Eyre", "Stolz und Vorurteil" und "Wiedersehen in Howards End" gelesen. Alle drei haben einen andere Ausrichtung, man kann sie eigentlich nicht über einen Kamm ziehen, nur weil es sich um England und ungefähr gleiche Zeit handelt.
    Von der Tiefe her gesehen hat mir "Jane Eyre" am besten gefallen, "Stolz und Vorurteil" scheint oberflächlicher zu sein, allerdings bringt Austen das plastischste Bild der Zeit, sie schreibt objektiv über die Menschen ohne scharfe Kritik, das macht ihre Ironie :breitgrins:
    Was mir hier nicht so gut gefällt, ist, dass Forster die Kritik an der Gesellschaft ständig selber formuliert :rollen:
    Vielleicht ist dieses Buch aus diesem Grund nicht in die 1000 Bücher aufgenommen worden :zwinker:



    Meine Meinung:


    Eigentlich prallen hier zwei Welten aufeinander, die sehr vergeistigte Helen, die ihrem idealistischen deutschen Vater folgt; und der rationale Mr. Wilcox, der „typische“ Engländer seiner Zeit. Zum Glück ist dann noch Margaret vorhanden, die mit ihrer feinfühligen Art die Dinge leitet und waltet.
    In der Mitte des Romans hatte ich einen kleinen Hänger, die Langatmigkeit evtl. durch die „erzieherischen“ Kommentare des Autors, erdrückten meine Leselust. Doch der Schluss wurde dann noch sehr spannend, so dass ich insgesamt sagen kann: Empfehlenswert.

  • Ich bin jetzt in Kapitel 22 angelangt.
    Der Heiratsantrag ist geschehen, eine Szene, in der mir Henry Wilcox doch recht sympathisch war. Aber schon kurz danach begann sich meine Sympathie samt dem Gedanken, dass er vielleicht doch keine so schlechte Wahl für Margaret sein könnte, in Luft aufzulösen.
    Er zeigt ein völliges Desinteresse an seinen Mitmenschen, schlimmer noch, aber passend dazu, an den Gedanken, dem Innenleben seiner zukünftigen Frau. Er allein weiß, wo's langgeht und abweichende Meinungen werden nicht ernst genommen. Grrh!

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Zitat von "Saltanah"

    Ich bin jetzt in Kapitel 22 angelangt.
    Der Heiratsantrag ist geschehen, eine Szene, in der mir Henry Wilcox doch recht sympathisch war. Aber schon kurz danach begann sich meine Sympathie samt dem Gedanken, dass er vielleicht doch keine so schlechte Wahl für Margaret sein könnte, in Luft aufzulösen.
    Er zeigt ein völliges Desinteresse an seinen Mitmenschen, schlimmer noch, aber passend dazu, an den Gedanken, dem Innenleben seiner zukünftigen Frau. Er allein weiß, wo's langgeht und abweichende Meinungen werden nichyt ernst genommen. Grrh!


    Hmm, das war mir gar nicht so schlimm aufgefallen. Aber jetzt wo du's sagst. Vielleicht steht er aber auch nur so auffällig dar, weil Margaret, oder generell die SChlegels, sich immer über alles Gedanken bzw. zu jedem Thema Diskussionspunkte finden.

  • Zitat von "Saltanah"

    Ich konnte heute endlich mal wieder einige Seiten lesen und bin mittlerweile im 10. Kapitel angekommen.
    Was mir gerade besonders auffällt, ist, wie sehr ich bei Meg Emma Thompson im Kopf habe. Zwar kann ich mich kaum an die Handlung des Films, geschweige denn an die Dialoge erinnern, aber Emma Thompson muss einen gewaltigen Eindruck auf mich gemacht haben, dass sie mir mit jedem Satz, den Meg spricht, so deutlich vor Augen steht.
    Ich muss den Film also unbedingt wieder sehen.


    Hallo Saltanah.Ich habe die Verfilmung noch nicht gesehen, aber laut Amazon muß sie jeden Tag in meinem Briefkasten sein. Ich freue mich schon sehr darauf. Ich habe gelesen, daß "Wiedersehen in Howards End" wohl sehr gut an das Buch adaptiert ist. Emma Thompson ist meine absolute Lieblingsschauspielerin. Hast Du "Sense and Sensibility" gesehen? Da spielt sie Elinor Dashwood (und sie hat das Drehbuch zu "Sense and Sensibility" geschrieben); und in "Much ado about nothing" Beatrice (übrigens mit Ihrer leiblichen Mutter zusammen). Diese Filme sind einfach wunderschön.


    Liebe Grüße Tina :winken:

  • Zitat

    Emma Thompson ist meine absolute Lieblingsschauspielerin


    Dito!
    Dicht gefolgt von Helena Bonham Carter und bei den Männlein Kenneth Branagh und Anthony Hopkins :breitgrins:


    Müsste also eigentlich ein Traumfilm für mich sein. :bang:


    Hm, mal sehen. :elch:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Sodele bin nun auch mit Wiedersehen in Howards End durch und kann sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. Es ist reich in Details (Beschreibungen der Landschaft, Gebaeude, Charaktere usw.) und trotz der langen und vielen Interventionen des Autors bleibt es recht fluessig zu lesen. Ich schliesse mich Germa und Weratundrina an und empfand es als nicht stoerend, ist sogar ganz nett..hihi


    Wirklich mitgefuehlt habe ich mit keinem der Charaketere (ich fand alle irgendwie mmhhh, snobisch) und Henry mit samt seinem Sohn Charles fand ich bis zum Schluss ziemlich aetzend :grmpf:.


    Aber nichts desto Trotz ist es ein gutes Buch mit einer soliden Story und drum 5ratten

  • Circa Kap. 20-30:
    Ich verstehe sie nicht, ich verstehe Margaret einfach nicht! Was will sie mit diesem selbstgerechten, besserwisserischen Idioten? So eine tolle Frau hat nun wirklich einen besseren Mann verdient, der ihre Qualitäten auch erkennt und zu würdigen weiß. Statt dessen behandelt er sie wie ein dummes, unerfahrenes Zuckerpüppchen. Oh ja, es gefällt ihm, dass sie über viele Themen Bescheid weiß, aber nur solange wie sie ihm besseres Wissen bescheinigt, was sie, wie es sich für eine gute Frau gehört, auch tut. :grmpf:


    Es mangelt ihm an Achtung vor seiner Frau, was sich den Kapiteln nach der Hochzeit, und vor allem bei der Suche nach Helen immer deutlicher zeigt. Was Margaret will, darüber geht er hinweg, denn er weiß natürlich viel besser, was zu tun ist. Ihre Zweifel, was denn die richtige Handlungsweise sei, legt er als weibliche Nervosität (=Krankheit) aus, und dass man auf die Wünsche von Kranken (zu deren Besten natürlich) keine Rücksicht nehmen muss/darf, sagt er ja sehr deutlich.


    Übrigens hatte auch ich den Eindruck, dass das Buch in der Mitte twas nachließ, es dümpelte so vor sich hin, aber mit der Rückkehr von Helen hat es eine neue Intensität und ich neuen Lesespaß bekommen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    Saltanah :five:
    Treffender hätte ich es nicht beschreiben können. Das habe ich bis zum Schluß nicht verstanden, daß Margaret, die doch wirklich intelligent, selbstbewußt und vor allem selbständig ist (auch finanziell), sich mit dem Kerl abgibt. Ich finde, dadurch, daß sie sich nicht mehr mit Ihren Freunden trifft, verliert sie doch auch etwas von Ihrer Identität. Freunde mit denen redet und nächtelang sind es doch, die einem prägen. Also mir würde so etwas fehlen. Wenn mein Mann sagen würde, mir ist es nicht Recht, daß Du Dich mit jener oder dieser Person triffst, dann :vogelzeigen: , aber so ist er zum Glück nicht, er weiß aber auch ganz genau, daß mir Freunde sehr wichtig sind und man sich nicht imnmer nur mit dme Ehemann austauschen will, zumal, wenn man vielleicht nicht immer die selben Interessen hat. Ich kann zwar Hirschman- und Yagi-Antennen erklären :rollen: , aber so das abendfüllende Thema ist es auch nicht, was mich vom Hocker reißt :zwinker:
    Margaret machte mich sogar etwas wütend, weil sie 'mal wieder das typische unterwürfige Frauenbild heraufzitiert, zumindest an manchen Stellen.
    Liebe Grüße Tina :winken:

  • So, jetzt bin ich auch durch.
    Mit dem Lesen der dramatischen Ereignisse gegen Ende kam auch wieder die Erinnerung daran zurück. Dennoch hat mich Leonards Treffen mit Charles überrascht. Wow, wer hätte diese Entwicklung vermutet? Ich fand die Reaktion Margarets auf diese Ereignisse sehr schön geschildert: ein Gefühl gleichzeitig von Unabdingbarkeit und Unwirklichkeit.


    Außer dem schon genannten Geld und Klassenunterschieden als Hauptthemen sind mMn auch der Konflikt Mann/Frau und zwischen Kultur und Wirtschaft von Bedeutung. Nicht zu vergessen Margarets Motto "only connect" als einzig möglicher Lösung der Konflikte. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sie so sehr um ihre Beziehung zu Henry kämpft; sie will vielleicht die Gegensätze wenn auch nicht aufheben, so doch eine Verbindung zwischen ihnen möglich machen. Dies gelingt ihr ja auch zum Schluss, in dem Helen und Henry einander schätzen lernen.


    Zitat von "Valentine"

    Fazit: ein erstaunlich vielschichtiges und tiefgründiges Buch; (...) diese klarsichtige Analyse gesellschaftlicher und familiärer Beziehungen hat mich sehr angenehm überrascht.

    Dem kann ich mich nur anschließen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo!


    Leider hatte ich zur Leseunde keine Zeit und konnte das Buch jetzt erst lesen :sauer:


    Mein Eindruck


    "Wiedersehen in Howard's End" ist ein sehr kompaktes Buch, das man nicht einfach so nebenher lesen kann. E.M. Forster beschreibt auch die Personen, die nur kurz auftauchen, sehr detailliert. Dadurch wirkte die Geschichte auf mich unglaublich lebendig und ich habe mit den Personen mitgelitten, mich mit ihnen gefreut und mich auch über sie geärgert. Ich fand den Einblick in die damalige Gesellschaft sehr interessant: die Rolle der Frau, die für mich manchmal etwas seltsamen Vorstellungen von Ehre und Moral, die strenge Trennung zwischen den Ständen und der Hochmut, mit denen auf alles, was niediriger war, herabgeschaut wurde. "Wiedersehen in Howard's End" gehört mit Sicherheit zu meinen Lesehighlights 2006 und bekommt deshalb von mir 5ratten


    groetjes
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.