William Gibson - Mustererkennung

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    Huhu,


    ich wollte schon immer mal was von Gibson ausprobieren. "Mustererkennung" konnte mich aber nicht ganz überzeugen.


    William Gibson - Mustererkennung


    Klappentext


    Seit einiger Zeit tauchen im Netz geheimnisvolle Filmclips auf, die weltweit einen Kult ausgelöst haben. Auch Cayce fiebert jedem neuen Clip entgegen - was steckt dahinter? Ihre Recherche führt sie ins Machtzentrum unserer globalisierten Gesellschaft.


    Cayce Pollard ist eine teure und auf unheimliche Weise intuitive Marketin-Beraterin. Während sie in London einen Auftrag ausführt, wird ihr ein Job angeboten: sie soll jener Serie von geheimnisvollen Filmclips nachspüren. Als jedoch Unbekannte in die Wohnung ihres Freundes, in der sie in London wohnt, eindringen und ihren Computer hacken, wird ihr allmählich klar, dass es um mehr geht, als sie bisher geglaubt hatte. Doch Cayce - das hat sie von ihrem Vater - läuft bei Gefahr zu großer Form auf. Ihr Vater, Win Pollard, wahrscheinlich Ex-CIA, nahm am 11. September ein Taxi Richtung World Trade Center. Er gilt als tot. Sie trauert noch immer um ihn, und er ist einer der Gründe, weswegen sie diesen gefährlichen und unheimlichen Job weiterverfolgt, der sie erst nach Tokio führt und dann nach Rußland.


    Meine Meinung


    Cayce Pollard ist fasziniert von den mysteriösen Film-Clips, in denen immer nur Sekundenbruchteile einer Szene gezeigt werden. Stammen sie aus einem bereits fertigen Film? Oder ist der Film erst - zeitgleich mit dem anonymen Auftauchen der Clips im Internet - in der Entstehung? Werbeboß Bigend hat ebenfalls Interesse daran, den oder die Hersteller der Clips ausfindig zu machen und engagiert dafür Cayce.


    William Gibson schreibt nüchtern, unterkühlt und leider oft in kurzen, abgehackten Sätzen. Er verwendet moderne eigene Wortkreationen und reiht sie lieblos aneinander, so dass alles etwas erzwungen scheint. Sollte ich seinen Schreibstil mit einem Raum vergleichen, würde mir sofort ein steriler, weißer, teilweise verchromter Krankenhaussaal einfallen. Vielleicht hat der Autor den Roman ja sogar in einem solchen geschrieben. Man weiß es nicht. Was ich jedoch weiß ist, dass er keinen Gedanken an prosaische Verzierungen verschwendet. Trotzdem wird Hauptperson Cayce fast poetisch, als sie über den Jetlag und ihre im Flug abgehängte Seele grübelt. Doch Cayce ist mehr als poetisch: Sie ist eine Frau, die als sog "Freelancer" arbeitet, Trends entdeckt und dabei Angst vor Markennamen hat. Diese Zwangsneurose geht so weit, dass sie Panikattaken beim Anblick von kleinen Marshmallowmännchen bekommt.


    Klingt jetzt alles zuerst recht witzig, nur leider gestaltet sich der Verlauf der Geschichte um die mysteriösen Film-Clips als immer uninteressanter. Nach einem noch vielversprechenden, interessanten und skurrilen Anfang geht es also stetig bergab - zumindest ab dem Zeitpunkt, bei dem man sich an Gibsons Stil gewöhnt hat und sich unvollständige Sätze wie "Leicht angewidert schließt sie den Aktenkoffer mit einer Fingerspitze und bedeckt ihn mit seinem beigefarbenen Überzug. Nimmt das Wasser mit ins Bad, zum Spülen nach dem Zähneputzen. Setzt sich aufs Bett, zieht die Hausschuhe aus, sieht, dass ihr linker Fuß ein wenig geblutet hat, durch den Verband." mit kuriosen Satzkonstruktionen wie "Cayce Pollard erwacht in Camden Town, belauert von den schaurigen, endlos kreisenden Wölfen der Dysrhythmie" abwechseln. Das ermüdet mit der Zeit.


    Nach und nach entwickelt sich die Geschichte zu einem Agententhriller mit wenig Spannung und man fragt sich mit Cayce: "Was soll das jetzt alles?" Positiv anzumerken ist jedoch, dass sich das Buch trotz aller stilistischen Eigenheiten erstaunlich flott lesen lässt und manchmal kann man etwas von der vielbesungenen Genialität Gibsons erkennen.


    3ratten


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Hallo!


    "Mustererkennung" ist für mich eines der Bücher, bei denen ich mir aufgrund guter Kritiken mehr versprochen und von dem ich (vielleicht gerade deswegen) doch enttäuscht war.


    Wie Nimue schon sagte ist der Schreibstil von William Gibson gewöhnungsbedürftig. Die kurzen Sätze vermittelten mir oft ein Gefühl von Atemlosigkeit und erinnerten mich mehr an ein hektisches Aneinanderreihen von Worten als eine wirkliche Erzählung. Vielleicht hat mir deshalb der "rote Faden" gefehlt. Aber ist genau diese Atemlosigkeit als Zeichen der Szene, in der das Buch spielt, auch gewollt.


    Das Buch war eine interessante Erfahrung mit einem mir bis dahin unbekannten Schreibstil, aber ehrlich gesagt möchte ich es damit belassen.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Moin,


    hat wer diese Buch und die älteren Werke, sprich: "Cyberspace" Sammlung mit Kurzgeschichten wie "Roter Stern", "Jhonny Mnemonic", "Dogfight", und natürlich "Neuromancer" gelesen und kann vergleichen, denn mir haben die alten Bücher alle sehr gut gefallen, wenn sie auch manchmal langatmige Detailstudien wurden. Den von Nimue skizzierten verchromten OP kann man wohl als Merkmal von Gibsons Schreibstil bezeichnen. Das hat, bei den von mir gelesenen Sci-fi Romanen, auch gut gepasst. Da ich aber z.B. "Die Differenzmaschine" ziemlich langweilig fand, würde mich interessieren, in wie weit das hier besprochene Buch an die Qualität des einen oder anderen von mir erwähnten heranreicht.


    Gruß


    Lavatok