Johann Wolfgang von Goethe - Die Leiden des jungen Werther

Es gibt 138 Antworten in diesem Thema, welches 42.174 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von sandhofer.

  • Hättet ihr euch in Werthers Situation auch umgebracht? 0

    1. Ja (0) 0%
    2. Nein (0) 0%
    3. Kann ich nicht genau sagen (0) 0%

    Da ich diesen Roman gerade lese, konnte ich einfach nichts anderes als ein Topic dazu aufmachen.
    Ich finde die Briefe, welche Werther schreibt einfach so gefühlvoll und schön. Wie seht ihr das?
    Und was ist eurer Meinung nach an dem Werther-Effekt dran? Könnt ihr das verstehen? Würdet ihr auch so handeln?
    Das Buch wirft wirklich ganz schön viele Fragen über einen selbst auf :breitgrins:

  • Ich habe "kann ich nicht genau sagen" angeklickt, da ich das Buch leider noch nicht gelesen habe.

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo zusammen!


    Nun ja: Werthers Zeit war eine ganz andere - Gefühle wurden ganz anders gelebt, vielleicht intensiver als heute. Schwierig zu sagen. Immerhin hat Goethe den Text (auch) geschrieben, um nicht selber Selbstmord begehen zu müssen.


    Im übrigen: Warum hat sich Werther umgebracht. Wegen Lotte? Oder weil er als Bürgerlicher letztenendes nicht Karriere machen konnte? Oder ... ?


    (Kleine Korinthenkackerei nebenbei, an den Anaconda-Verlag: Der Originaltitel heisst Die Leiden des jungen Werthers - mit einem s am Schluss.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wegen der Sache mit dem "S": Grammatisch gesehen müsste eines hin, da es ja ein Genitiv ist, aber das fehlt nicht nur beim Anaconda-Verlag:
    Reclam
    Mentor
    Klett
    Fischer
    Diogenes
    Hamburger Lesehefte
    Bertelsmann
    Langenscheidt
    und noch viele andere Verlage schreiben auch nur "Werther" im Buchtitel.
    Wenn du an alle diese Anmerkung schicken willst: Viel Spaß es könnte eine Weile dauern :zwinker:

  • Hi!


    Andererseits können's [list]dtv
    Schönigh
    Suhrkamp
    Winkler
    Deutscher Klassiker Verlag
    Cornelsen
    Voltmedia[/list:u] - von denen, die ich gerade gefunden habe. Aber die Diskussion um dieses S ist fast so alt wie das Werk selber ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Einigen wir uns einfach darauf, dass jeder, der diese Buch besitzt, auch den Titel verwenden kann, welcher darauf steht und wir beide anerkennen?

  • Hallo allerseits


    In diesem Fall ein "s" an Werther anzuhängen widerspricht meinem Sprachgefühl total.
    Da der Genitiv aber eine kritische Sache sein kann, habe ich eben ein wenig recherchiert (nur im Internet - die entsprechende Regel im Duden werde ich morgen suchen).
    Nachstehend ein Auszug:
    "Ebenfalls in Wetzlar machte Goethe Bekanntschaft mit Carl Willhelm Jerusalem, einem Legationssekretär, der später wegen einer unerfülleten Liebe Selstmord begeht und sich dazu vom nichts ahnenden Kestner Pistolen borgt. Bei der Beschreibung von Werthers Selbstmord hat Goethe oft wortwörtlich Textstellen aus Kestners Brief über das tragische Ende Jerusalems verwendet. Gothe schrieb den Werther im Frühjahr 1774 in nur 4 Wochen. Im Sommer des selben Jahres erscheint der Roman in der Weygand'schen Buch- handlung in Leipzig. 1787 bearbeitet Goethe das Werk neu (er tilgt einige Modeerscheinungen des Sturm und Drang, so etwa das Genitiv-S im Namen Werthers). Die Episode vom Bauernburschen wurde von Goethe erst in dieser zweiten Fassung eingefügt."


    aus einer Seite von einer gewissen Cornelia Steinmann (http://cornelia.siteware.ch/li…menfassungen/Werther.html), ähnliche Diskussionen und Hinweise gibt es auf vielen Seiten.


    @Leises Kindchen: Ich habe das Buch damals, in der Schule, gemocht (lang ist's her ... :rollen: ). Allerdings ist mir momentan nicht mehr so präsent, warum genau Werther sich das Leben nehmen wollte. Ich denke, wegen Charlotte.


    Jedenfalls empfehle ich Dir (und allen anderen auch) "Die neuen Leiden des jungen W." von Ulrich Plenzdorf. Eine ähnliche Geschichte, moderner aber mit vielen Parallelen. Witzig, sehr von heute und gerade dadurch wird deutlich, dass auch früher alles nicht anders war :smile:


    :schmetterling:


    Daniela

    bitte wühlt bei booklooker mal in meinen Angeboten (elahub) - ich verkaufe für die Katzenhilfe Göttingen :) -

  • Hallo zusammen.


    Die Leiden des jungen Werther habe ich auch gelesen, allerdings mit s. ;)


    Meiner Meinung nach stehen da soviele wahre Sätze drin, die einen zum nachdenken (insbesondere über einen selbst) anregen, dass man daraus durchaus eine ganze Menge lernen kann.
    Ich jedenfalls habe nie bereut, es gelesen zu haben.
    Und was den Selbstmord angeht, so habe ich leider nicht die Fähigkeit, mich so in die Hauptfigur hineinzuversetzen, dass ich sagen könnte, was ich in einer solchen Situation getan hätte....


    Thorsten

  • Hallo Leute,
    Werther ist Klasse! Ist Werther nicht auch eher eine Art Selbsttherapie für Goethe gewesen? Hätte er das Werk nicht verfasst, wäre er vielleicht nicht mit seinen Gefühlen fertig geworden. Ich persönlich hätte mit Sicherheit KEINEN Suizid begangen, selbst wenn die Liebe noch so groß wäre!

  • Ich finde das der Werther immer noch der beste Einstieg zu Goethe ist. Generationen, gerade von jungen Menschen, fanden mit diesem genialen Frühwerk einen Zugang zu diesem Weltweisen, diesem unendlich geistigem Genius, der vieles endgültig und für immer formulierte.


    (Entschuldigung, aber ich mag Goethe)


    Liebe Grüße, Tüddel.

  • Ich gestehe ich habe den Werther bisher noch nicht gelesen. - Ich bin bei Goethe eher der Lyrikleser. Aber da ich schon Liebeskummer hatte kann ich den Wunsch sterben zu wollen in einer solchen Situtation gut nachvollziehen. - Leider merkt man erst hinterher das der Schmerz irgendwann vorbei geht und nicht wärend des Liebeskummers. Wenn man nicht stark genug ist das durchzuhalten bis der Schmerz abklingt kann man an sich selbst zerrbrechen.
    Ich würde mich wohl nicht umbringen. Aber ich kann den Wunsch danach verstehen.

  • Ich hätte mich höchstwahrscheinlich auch nicht umgebracht. Allerdings wenn man bedenkt, dass er sich ja nochmal ein Stück schlechter gefühlt hat aufgrund von Albert (ich glaub so hieß Lotte's Ehemann doch, oder?) der ja im Gegensatz zu ihm Erfolg im Beruf hat und ich denke der Mord am Ende der Geschichte hat ihn dann auch nochmal ziemlich fertig gemacht.


    Grüße Thomas

    [b] &quot;Jean Valjean, mein Bruder, Sie gehören nicht mehr dem Bösen, sondern dem Guten. Ich kaufe ihre Seele frei. Ich entreiße sie den finsteren Gedanken und dem Geist der Verderbnis und übergebe sie Go

  • Hallo Tüddel,
    Werther ist das Beste, das uns passieren konnte; sowohl damals als auch heute! Goethes Ausdrucksweise, sein genialer Geist, seine Liebe zu den Lesern ... Wo findet man noch so einen Genie? Ihm fielen die Wörter wie Schuppen vor den Augen. Doch um solch einen Roman verfassen zu können, muss man sehr gelitten haben. Hier ein Gedicht von Goethe:
    Beim Himmel,
    dieses Kind ist schön,
    so etwas hab' ich nie gesehn!
    Der Lippe blaß, der Wangen licht,
    ich verges es mein Lebtag nicht!
    Wie es die Augen niederschlägt!
    Hat tief sich in mein Herz geprägt.


    Liebe Grüße.

  • Zitat von "sandhofer"

    Nun ja: Werthers Zeit war eine ganz andere - Gefühle wurden ganz anders gelebt, vielleicht intensiver als heute. Schwierig zu sagen. Immerhin hat Goethe den Text (auch) geschrieben, um nicht selber Selbstmord begehen zu müssen.


    Hm, ich würde sagen: Gefühle wurden anders geträumt, nicht gelebt. Die Liebe wurde idealisiert und - wie es mir oft scheint, wenn man Texte aus dieser Zeit liest (und es ist wirklich nicht die Epoche, die mir im Großen und Ganzen liegt) - hatte kaum Bezug zur Realität (weil da z.B. die Liebesheirat noch nicht in Mode war). Ich denke mal, deswegen der Suizid... sich in etwas Idealisiertes verrennen, das es so nicht gibt und nie geben wird.
    Meine erste Assoziation war auch "so etwas gibt´s heute nicht mehr", aber dann ist mir die Massenhysterie eingefallen, die bei manchen Musikersuiziden oder Bandauflösungen entsteht. Da wird sich ja auch dermaßen stark mit etwas "Abstrakten" identifiziert, dass es ganz und gar Lebensmittelpunkt ist. Nur richtet es sich auf andere Medien. Früher war es das Buch, dann das Kino - und heute sind es eben TV und Videoclips.

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  • Hallo,


    "Die Leiden des jungen Werther" waren sicherlich eine Katharsis für Goethe, aber er hat auch eine aufkommende Stimmung aus dem Bürgertum aufgenommen. Zur Zeit des Werthers gab es erste Aufbruchstimmungen der jüngeren Menschen, in eine andere Sicht der Ehe. Man fing an die Liebesheirat zu favorisieren und sich gegen die Eltern aufzulehnen, die das noch immer anders sahen.



    Daraus erkläre ich mir auch den damals großen Erfolg dieses Romans.


    Gruß
    Nischa

    Habent sua fata libelli

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  • Wenn ich in der selben Zeit, mit den selben Problemen wie der junge Werther konfrontiert worden wäre, und zu allem Überfluss auch noch das selbe Gefühlsleben gehabt hätte, könnte ich mir schon vorstellen freiwillig Ade zu sagen.
    Aber heute bin ich ja schlauer.
    Gemünzt auf die damalige Zeit.
    Vielleicht hätte es bei mir nicht einmal einer Charlotte bedurft. Wahrscheinlich hätte ich es allein aus der Hoffnung heraus getan in einer besseren Zeit wiedergeboren zu werden.


    Wie viele Menschen bringen sich denn heute noch um? Weil sie mit ihrem Liebeskummer nicht zu Recht kommen, oder mit einem anderen Problem, oder einfach nur weil sie keine Lust mehr haben.
    Und jetzt stellt euch diese Leute noch mit dieser Gefühlsfeinfühligkeit vor …


    Um noch einmal auf Herrn Werther zurückzukommen: Ich weiß es nicht.
    Einerseits bleibt ihm nicht anderes übrig, wenn er glaubwürdig bleiben will. Andererseits hängt es von so vielen Faktoren ab …

    Gruß Charly

  • Hallo Charlie,
    ja, Du hast recht: in der damaligen Zeit war man wesentlich feinfühliger als heute. Diese Zeit hieß nicht umsonst Empfindsamkeit. Armer Werther! Was mußte er sich auch in eine verheiratete Frau verlieben...!
    Du kennst sicherlich Dotojewskis "Schuld und Sühne". An Raskolnikoffs Stelle hätte ich mich eher umgebracht, wenn ich einen Doppelmord begangen hätte. Viele Grüße.

  • Hallo zusammen!


    Ich glaube, man darf bei Werther nicht alles auf seine unglückliche Liebe zurückführen. Für ebenso wichtig halte ich die Tatsache, dass ihm, dem Bürgerlichen, trotz seiner guten Arbeit im beruflichen Avancement ein Adliger vorgezogen wurde.


    Goethe selber war ja sehr stolz auf seine Herkunft aus dem städtischen Bürgertum, dem Patriziat, von Frankfurt und hat dieses dem Adel gleichrangig erachtet. (Was ihn später nicht daran hinderte, sich baronisieren zu lassen - übrigens auch hier wieder z.T. aus beruflichen Gründen!)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo Leute,


    sicherlich kam Goethe aus der Bourgeoisie, und er legte großen Wert auf seine Hauptfiguren, die ebenso aus der Bourgeoisie kamen. Im Gegensatz zu Schiller, der eher aus ärmlichen Verhältnissen stammte, favorisierte er den Adel. Gruß.

  • Hallo allerseits


    Zitat von "incim"

    Hallo Charlie,
    ja, Du hast recht: in der damaligen Zeit war man wesentlich feinfühliger als heute. Diese Zeit hieß nicht umsonst Empfindsamkeit. Armer Werther! Was mußte er sich auch in eine verheiratete Frau verlieben...!
    Du kennst sicherlich Dotojewskis "Schuld und Sühne". An Raskolnikoffs Stelle hätte ich mich eher umgebracht, wenn ich einen Doppelmord begangen hätte. Viele Grüße.


    @incim .... Raskolnikow selbst hätte nie daran gedacht, sich wegen dieses Mordes umzubringen (wegen des ersten), genau deshalb hat er ihn ja begangen.
    Die Überraschung, sein Gewissen, kam danach erst ... und das ist eine der Lehren, die Dostojewski uns übermitteln wollte, so habe ich es wenigstens verstanden.


    Und was wir DANN machen, wenn unser Gewissen sich meldet, können wir VORHER nicht ahnen.


    :schmetterling:


    Daniela

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