Judith Mathes - Tage des Ra

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  • Hallo zusammen,


    im Zuge der Lesenacht am letzten Wochenende hatte ich versprochen, dass ich hier Tage des Ra von Judith Mathes vorstellen möchte und da ich den über 1000-Seiten dicken Schinken gestern beende habe und immer noch hin und weg bin, will ich das auch direkt tun!


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    Darum geht's:
    Die glanzvolle neunzehnte Dynastie des alten Ägypten versinkt in einem Chaos aus Leidenschaft, Machthunger und Bruderkrieg.
    Ein Spion und Mörder in der unmittelbaren Umgebung des Pharao, die Unberechenbarkeit der Königin und die finsteren Pläne des Königsohns machen es dem aufstrebenden Höfling Bai unmöglich, sich zu seinen Söhnen zu bekennen. Die Aufdeckung des Geheimnisses um deren königliche Herkunft würde den sicheren Tod bedeuten. Bais Sorge um die Söhne verknüpft sein Schicksal am Hof des Pharao mit dem der Handwerke im Grabbauerdorf nahe dem Tal der Könige. Hier in Pa-Tíme sehen sich die Dorfbewohner dem Unruhestifter Paneb ausgeliefert, dessen unheimliche Machenschaften das friedvolle Leben in der Siedlung bedrohen...


    Und hier meine Meinung:
    Ich bin hellauf begeistert von diesem Roman, denn er hat einfach alles, was ein Buch braucht um mich komplett umzuhauen.


    Die Geschichte selbst setzt sich aus mehrere Erzählsträngen zusammen, was anfangs etwas verwirrend sein kann, zumal viele, viele Namen (ägyptische Namen, die machen mich noch völlig fix und fertig, klingen alle gleich :breitgrins:) verwendet werden. Vielleicht muss sich der ein oder andere anfangs ein bissl durchkämpfen, aber ein langer langer Anhang macht einiges klarer und ich gehöre definitiv zu den Menschen, die lange Anhänge lieben. Der Anhang umfasst:
    - ein 7-seiten langes Nachwort
    - einen Stammbaum
    - eine Auflistung der im Roman agierenden Könige
    - eine Auflistung verstorbener Könige
    - ein 10-seitigen Personenregister
    - ein 18-seitigen Glossar
    - 5 Land bzw. Stadt/ Ortskarten sowie
    - eine Übersicht über das ägyptische Jahr


    Die vielen verschiedenen Erzählstränge des Buches werden im Laufe der über 1000 Seiten alle miteinander verknüpft und während man gerade von Bai liest, schwirren im Hinterkopf doch ständig die anderen Erzählstränge herum und man fragt sich wie es da wohl weitergehen wird, auch wenn der aktuelle Erzählstrang an sich ja spannend genug ist...Ich denke ihr wisst, was ich meine. Auf eine sehr extreme Art macht so was meiner Meinung nach übrigens Dan Brown in seinen Büchern, er erzählt uns was und dann hört das Kapitel mit einem Cliffhanger auf und erst 3 bis 4 Kapitel später geht es an dieser Stelle weiter und so halt aber bei jedem Erzählstrang. Auch Judith Mathes bedient sich teilweise dieses Stilmittels, was das Buch natürlich ungemein fesselnd macht.


    Ansonsten hat das Buch neben dem schönen langen Anhang auch inhaltlich alles, was ein historischer Roman für mich braucht:
    - Innen- und Außenpolitik in Ägypten
    - das Leben am Hofe Pharaos
    - das Leben der einfachen Handwerker
    - glückliche und unglückliche und auch verbotenen Liebe
    - Intrigen
    - Mord und Totschlag
    - Grabraub und Grabschändung
    - Rebellion gegen den Pharao
    - vielschichtige, interessante und spannende Charaktere, die nicht alle eindeutig gut oder böse sind


    Eine wirkliche Lieblingsfigur habe ich in diesem Buch nicht ausfindig machen können, weil sie einfach alle etwas besonderes hatten. Natürlich gibt es hier sehr viele Personen, die einem Leid tun, mit denen man mitfühlen kann und die eindeutig zu den "Guten" gehören und ich hasste auch wieder die eindeutig "Bösen". Aber es waren wenig dieser „eindeutig Guten bzw. Bösen“ auszumachen. Die meisten Personen sind einfach sehr vielschichtig, haben und machen Fehler und sind auf viele Dinge, die sie machen, nicht gerade stolz, aber man kann ihre Gefühle und Taten teilweise wirklich gut verstehen. Jeder hat da irgendwie sein Päckchen zu tragen und hat seine Sonnen- und seinen Schattenseiten. Ein Beispiel hierzu ist Tausret, die Hohe Königliche Gemahlin von Pharao Sethos II. Sie ist mit ihrer Hartherzigkeit und Kaltblütigkeit und mit ihrer Gier nach Macht (am liebsten wäre sie selbst Pharao) weiß Gott nicht sympathisch, aber sie ist so schlau, so gemein, so intrigant...so unendlich spannend. Und wisst ihr was, so gemein und fies und intrigant sie auch ist, ich hab mit ihr weinen müssen, als ihr Sohn tot geboren wird. Wirklich grandios und toll gezeichnet! Und so geht es die Personen durch, denn auch der im Klappentext erwähnte Bai ist nicht der große alles überstrahlende Held, er macht Fehler, ist machtgierig und in die Intrigen am Hofe verwickelt. Ebenso grandios sind die Streitereien in der einen Handwerkerfamilie, klar mag ich den Vater dieser Familie nicht und der älteste Sohn ist noch schlimmer, aber die Streitereien mit den vielen Geschwistern, die sind so echt, da ist man einfach mittendrin!


    Leider, leider, leider muss man sich irgendwann von liebgewordenen Charakteren verabschieden, sei es weil sie einfach alt sind und sterben oder weil das Buch nach etwas über 1000 dann doch irgendwann zu Ende ist. Gerade das Abschiednehmen von Romanfiguren, die innerhalb der Geschichte sterben, finde ich immer schwierig. Bei Neferhotep und Ken-her-chepeschef wurde vom Herz und der Seele des Handwerkerdorfes gesprochen, sie waren mehr, sie waren Herz und Seele des Romans und ich vermisse die beiden alten Männer!


    Und zu der ganzen Euphorie über den Inhalt kommt noch der wunderbare Erzählstil der Autorin. Jedes einzelne Wort, jede Metapher scheint bewußt gewählt zu sein und rundet die Geschichte zusätzlich ab, das Eintauchen in das Alte Ägypten fällt leicht, das Auftauchen und Loslassen dafür umso schwerer. Sofort fällt auf, dass die Autorin lange und intensiv für diesen Roman recherchiert hat. Allein die große Anzahl der historisch belegten Personen, die in diesem Roman vorkommen, zeugt davon. In dem bereits erwähnten Anhang und Nachwort geht die Autorin näher darauf ein, was/ wer historisch belegt ist, was sie erfunden oder geändert hat und auch warum sie dies tat.


    Als zusätzliches Schmankerl kann ich noch die Homepage der Autorin (http://www.judithmathes.de/) bzw. die Homepage zu dem Roman selbst empfehlen (http://www.tage-des-ra.de) empfehlen mit zusätzlichen Hintergrundinfos und Photos.


    Bei diesem grandiosen Werk kann man nur hoffen, dass die Autorin bald ihren nächsten Roman schreibt.


    5ratten



    viele grüße
    kathrin

    Einmal editiert, zuletzt von Seychella ()

  • Liebe Kathrin,


    vielen Dank für die wunderbare Rezension! Das Buch steht schon ganz lange auf meiner Wunschliste und nun will ich es unbedingt bald haben :winken:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.