Philip Pullman - The Golden Compass / Der goldene Kompass (His Dark Materials 1)

Es gibt 79 Antworten in diesem Thema, welches 24.333 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • @ Stormcrow: Ja, stimmt, das kann ich verstehen :) Mein Freund hatte ihn mit mir gesehen und er mochte ihn nicht, eben weil ihm viele Informationen gefehlt hatten, die ich ihm dann irgendwie erklären "musste".

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Ich mische mich auch mal ein. :breitgrins:
    Den dritten Band habe ich immer noch nicht gelesen, muss ich dazu sagen, das werde ich wohl in der Weihnachtszeit nachholen, irgendwie passt es dahin, finde ich.


    Den ersten Band habe ich gelesen, als ich gerade mein Austauschjahr begonnen hatte. Er hat unglaublich gut übers Heimweh hinweggeholfen und ich liebeliebeliebe dieses Buch. Das war praktischerweise übrigens genau das Jahr, in dem auch der Film herauskam, also wollte ich natürlich auch ins Kino und dachte, das wäre ja ein super Film, in den ich mit meinen Gastgeschwistern gehen könnte.


    Der Grund, warum nur der erste Teil verfilmt wurde, ist so ziemlich der gleiche, weshalb ich schließlich alleine gegangen bin. Die Amis waren der Meinung, Pullman betreibe heftige Gotteslästerung in den Büchern. Deswegen ging kein gläubiger Ami (und das sind viele) in den Film. :rollen:


    Ich finde das extrem schade, denn auch wenn der Film natürlich nicht an das Buch heranreichen kann, hat er mir sehr gut gefallen. Vor allem Eva Green fand ich so klasse, dass ich mein Halloweenkostüm an ihrer Rolle ausgerichtet habe. Ich hatte sogar eine Stofftiergans dabei. :breitgrins:


    LG,
    Sookie

    :kaffee:

  • Yuhuuuu...ich wünsche dir, liebe Stormcrow auf jeden Fall ganz viel Spass mit den Büchern. Mir haben sie, ähnlich wie katchen, ziemlich gut gefallen. ;) Also Once Upon A Time In The North werde ich wohl jetzt im Winter lesen, da passt es irgendwie am besten hin, wenn das genehmigt ist, aber vorher kannst du noch Lyras Oxford lesen. :) Achjaaa, ich finde ja die Dämonen so schön und lieb und süss...haaaaaaach...


    Mir hat aber die Verfilmung, obwohl ich die Bücher gelesen hatte, recht gut gefallen und die Besetzung fand ich gar nicht mal so schlimm. ;)

    &quot;Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn&#39;t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in y

  • Danke für den Tipp, bella. Jaa, ich will auch eine kleine Pantalaimon-Wildkatze. :)

  • So, nun meine abschliessende Meinung. Ich steige einfach mit dem Anfang vom Ende ein, weil mir das besser geht. Der Spoiler dient nur zur Untermalung, damit ich einen besseren Schwung habe. ;)



    Dies ist eine Szene, bei der ich das Buch wirklich kurz zuschlagen musste. Denn die unglaubliche Arroganz der einen Person, die gleich zu Beginn vorgestellt wird, kommt nach vielen, geschickt verstreuten Geschichten über selbige, wieder zurück. Zwischenzeitlich war mir der Mann aber richtig sympathisch und ich habe mich regelrecht auf seine Seite geschlagen, nur um dann am Schluss wieder harsch ernüchtert zu werden. Das erklärt meiner Meinung nach den Inhalt vom ganzen Buch sehr gut. Nichts ist wie es scheint und es gibt eine ganze Menge mehr, als der einzelne Charakter sieht.


    In einer Welt, in der jeder Mensch mit einem Daemon in Tierform geboren wird, der immer bei ihm ist und seinen Seelenzustand spiegelt, gehen merkwürdige Dinge vor sich. Lyra, die bis dahin ein geschütztes Leben in der Obhut von Gelehrten geführt hat, belauscht eines Tages ein ominöses Gespräch. Kurz darauf verschwinden diverse Kinder und auch Lyra soll aus dem College abgeholt und einem neuen Leben zugeführt werden. Damit beginnt das grosse Abenteuer dieser viktorianischen Alternativwelt-Geschichte, das nicht nur Lyras Schicksal wesentlich verändern wird.


    Mit einfachen Mitteln hat Pullman hier eine sagenhafte Erzählung über Loyalität, Freundschaft, Liebe und Entscheidungen geschaffen, die mit einem sorgfältig abgewogenen Hauch Gesellschaftskritik gewürzt ist. Woher kommen wir? Wohin können wir gehen? Spielt das, was wir tun, wirklich eine Rolle? Sind wir wirklich einem übergeordneten Schicksal ausgeliefert oder besteht das Schicksal aus der Summe unserer Handlungen? Der Autor beantwortet die Fragen nicht, doch er zeigt Möglichkeiten auf und regt zum nachdenken an.


    Die liebevoll gestalteten Hauptcharaktere, allen voran Lyra selbst, wirken lebendig und können trotz teilweise fehlender Typ-Beschreibungen gut nachvollzogen werden. Manche waren mir sympathischer, andere weniger, bei anderen hat der Autor mich (siehe oben) mächtig in die Irre geführt. Etwas mehr Bildhaftigkeit hätte ich mir gewünscht, insbesondere in Bezug auf die Umgebung. Doch da das Buch von der ersten bis zur letzten Zeile spannend bleibt, niemals langatmig oder gar uninteressant wird und immer wieder neue Aspekte auftauchen, die das Unwissen des Lesers vergrössern, konnte ich darüber hingwegsehen. Gegen Ende wird einem dann alles sehr klar, doch Pullman schafft es wiederum, einen Rest-Teaser zu setzen. Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht, nicht zuletzt wegen einer intriganten, täuschungsbehafteten, heimlichen Hauptfigur.


    Ich war lange bei vier Ratten, doch die letzten beiden Kapitel haben mich noch einmal erneut weggefegt, deshalb Bestnote.


    5ratten


    Ach und ja, Lyra meistert ja fast alles, aber das, was sie jetzt vor hat, will ich sehen. :breitgrins:

  • Uiii, Stormcrow, du bist fertig mit dem ersten Teil! :) Es freut mich, dass er dir so so gut gefallen hat und ich kann dir versprechen die Geschichte bleibt spannend. Kennst du eigentlich den Film zum Buch?


    Ich habe ja Pantalaimon (oder?) in dem Buch total lieb gewonnen, generell finde ich ja die Dämonen knuffig. ;)

    &quot;Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn&#39;t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in y

  • Zum Film, siehe weiter oben. ;) Ich fand ihn eigentlich ganz gut, bis auf ein paar kleine Problemchen. Bis jetzt. Vor dem Hintergrund des Buches wirkt er auf mich einfach nur noch schlecht.


    Jaa, Pantalaimon! :klatschen: Aber Asriels Leoparden-Lady finde ich auch toll.

  • Hallo!


    Nachdem ich den Thread gelesen habe bin ich mir nicht sicher, ob ich mich auf die anderen beiden Bücher wirklich freue. Eigentlich hat mir Der goldene Kompass ganz gut gefallen, aber es wurde hier viel angesprochen was mich auch gestört hat. Wenn sich das so weiter entwickelt ahne ich für die beiden anderen Bände nichts Gutes. Aber ich lasse mich auch gerne positiv überraschen :zwinker:


    Was mich am meisten gestört hat war, dass sich einiges zu schnell gelöst hat. Lyra steuert auf eine gefährliche Situation zu, man macht sich viele Gedanken darüber und schwupps- ist das Ganze auch schon wieder vorbei. Das ist mir ein paarmal aufgefallen. Einmal hätte mich nicht gestört, aber das zweite und dritte (und auch vierte Mal) waren mir dann doch zu viel.


    Ansonsten würde ich die Geschichte auch zu den Jugend- und nicht zu den Kinderbüchern packen. Dafür enthält es zu viele Elemente, die für jüngere Leser zu "stark" sind. Die abgeschnittenen Kinder kamen mir z.B. wie eine Szene aus einem Albtraum vor. Auch Mrs. Coulter war für mich eine sehr furchteinflössende Person. Vielleicht interpretiere ich da auch zu viel hinein, aber wenn ich das mit zehn Jahren gelesen hätte, hätte ich mich danach wahrscheinlich nicht wohl gefühlt.


    Der Staub... über den bin ich mir nicht ganz im Klaren. Dafür, dass er so wichtig ist erfährt man doch eigentlich sehr wenig darüber. Ich hoffe, dass ich diese Lücke in den beiden anderen Büchern schließen kann. Komplett überzeugt hat mich das Buch nicht, aber trotzdem genug um auch den nächsten Band lesen zu wollen.
    3ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auch bei mir war es sehr ernüchternd, wie die Person am Ende auf die Frage reagierte. Ich hatte Erleichterung erwartet, dass es endlich raus war und dass sie sich anders verhält. Ich habe mich gefragt, kenne ich die Person überhaupt? Und ein bisschen gehofft, da das Buch noch nicht ganz zu Ende war, dass meine Erwartungen noch erfüllt würden. Vorangegangenes macht aber deutlich, dass es nur ihr Verhalten ist, was ich nicht so recht mag.
    Dennoch ist das Buch recht spannend geschrieben und es passieren Dinge, die sich der Leser nicht erklären kann. Das weiterlesen wird dann belohnt, indem man es erklärt bekommt, auch wenn viele Dinge etwas hektisch vonstatten geht.
    Ich empfand das Buch als viele kleine Geschichten über einer großen Hintergrundgeschichte, obwohl ich nicht genau sagen kann, welche das sein soll. Dieser Eindruck wird dann auch noch von der untergliederung des Buches in drei Teilen bestärkt.
    Auch Staub wurde mir zu wenig deifiniert.
    Am Ende stellt sich mir wieder eine große Frage. Etwas das ich mir nicht erklären kann, denn im Buch wurde doch das Gegenteil behauptet. Natürlich erhoffe ich mir, dass im nächsten Buch diese Frage beantwortet wird und ich mehr über Staub erfahren werde.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Sub 78 :boxen: (SuB, ich sage dir den Kampf an)


    Once Upon a Time in a kingdom filled with entchanted books, there was a girl who loved to read.


  • Ich empfand das Buch als viele kleine Geschichten über einer großen Hintergrundgeschichte, obwohl ich nicht genau sagen kann, welche das sein soll.


    Das wird im zweiten Buch allmählich deutlich. Ich bin gespannt, was du dann darüber denkst. :zwinker:

  • Hallo ihr! :winken:


    Da Ninette und ich ab sofort alle drei Bücher in einer Miniminileserunde lesen werden, wollen wir uns hier in den einzelnen Threads darüber austauschen. Ich freue mich schon sehr auf den Re-read, denn wie schon oben geschrieben gehörte das Buch lange Zeit zu meinen Lieblingsbüchern! :smile:


    Nun bin ich natürlich vor allem auch gespannt, ob es sich in der Originalsprache besser oder schlechter liest und ob sich mein Eindruck von der Geschichte verändert, da zwischen dem ersten Lesen und jetzt 7 Jahre liegen (damals 16, heut 23 :zwinker: ).


    Das erste Kapitel habe ich nun schon gelesen und fühle mich gleich wieder wohl im alternativen Oxford. Was mich jedoch etwas überrascht hat und auch etwas geschockt, war wie grob Asriel zu Lyra ist und wie groß ihre Angst vor ihm ist. In meiner Erinnerung sehe ich immer nur den putzigen Daniel Craig vor mir...

    :kaffee:

  • Ich bin wieder aus der Versenkung aufgetaucht. Das erste Kapitel habe ich auch gelesen. Ich habe den Film zwar nicht gesehen, aber du hast recht. Daniel Craig passt auch nicht zu meiner Vorstellung von Asriel. Ich blicke noch nicht ganz durch, was es mit allem auf sich hat, aber ich bin gespannt, wie es mit Lyra weiter geht.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Hallo zusammen!


    Gestern Abend habe ich mit diesem Buch begonnen. Lyras Welt ist ein interessanter Gegenentwurf zu unserer Welt; fast ein bisschen wie das, was ich mir unter Steam-Punk vorstelle. Aber: Hat mich die Suchfunktion des Forums ein weiteres Mal vera...t, oder gibt es den englischen Titel "Northern Lights" tatsächlich nicht in diesem Thread? Pullman ist Engländer, nicht Amerikaner... und es geht um diese Nordlichter, um den Staub. Eine Bussole habe ich bisher nicht gefunden.


    Ich bin noch nicht sehr weit; vielleicht werde ich noch den einen oder andern Eindruck hier schildern..


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Lyras Welt ist ein interessanter Gegenentwurf zu unserer Welt; fast ein bisschen wie das, was ich mir unter Steam-Punk vorstelle.


    Psst: Das, was Pullman hier macht, nennt man Steam-Fantasy. :zwinker: Ist nahe mit dem Genre Steampunk verwandt, aber ein bisschen weniger technisch.

  • Danke für die Korrektur!


    Ein Roman, in der eine Zehnjährige die Hauptrolle spielt, wird automatisch als Kinder- oder Jugendbuch abgestempelt. Allerdings sind dafür die Rollen zu undurchsichtig: Wer ist der Gute, wer ist der Böse? (Bzw.: Wer ist die Gute und wer ist die Böse?) Auch Anspielungen auf die "Häresie" des Zoroastrismus sind wohl nicht für Kinder gedacht. Spannend und intelligent, so far.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Alles in allem ist Band 1 ein interessanter Mix aus Fantasy und kirchenfeindlicher Einstellung - ein Gegenpol zum betont christlichen C. S. Lewis aber auch zum Dissenter MacDonald (den ich Lewis vorziehe). Mervyn Peake ist besser, wenn es um seltsame Charaktere oder seltsame Orte geht, aber Pullmann beschreibt Zweikämpfe besser. Und Pullman ist der mit einer Botschaft - der nämlich, dass Milton Unrecht hatte, wenn er in Paradise Lost Luzifer verlieren lässt.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Zusammenfassend:


    Wenn die Protagonistin eines Buchs ein 10- (zum Schluss des Bandes 12-)jähriges Mädchen ist, so schliessen Leser und Buchhändler daraus messerscharf, dass das Buch auch für Leser dieser Altersgruppe gedacht sei. Deshalb hier die Warnung: Northern Lights und die beiden Folgebücher, die die Trilogie His Dark Materials ausmachen, gehören nicht zur Gattung ‘Kinderbuch’.


    Eigentlich sollte schon die Lektüre des Vorworts genügen, um diese Illusion zu zerstören. Jedenfalls, wenn man, wie ich, die 2008 bei der Folio Society erschienene illustrierte Ausgabe in Händen hat. Darin schildert Pullman, wie Heinrich von Kleists Aufsatz Über das Marionettentheater gewissermassen zum Auslöser der vorliegenden Fantasy-Trilogie wurde. Kleists Aufsatz beschäftigt sich mit dem Unterschied von Unschuld und Erfahrung. Natürlichkeit kann nur in zwei Zuständen erreicht werden – dem der kindlichen Unschuld, die sich durch eine völlige Abwesenheit von Bewusstsein auszeichnet, oder dann im Gegenteil dem eines völligen Bewusstseins, dem Zustand (eines) Gottes also.


    […] so findet sich auch, wenn die Erkenntnis gleichsam durch ein Unendliches gegangen ist, die Grazie wieder ein; so, dass sie, zu gleicher Zeit, in demjenigen menschlichen Körperbau am reinsten erscheint, der entweder gar keins, oder ein unendliches Bewusstsein hat, d. h. in dem Gliedermann, oder in dem Gott.


    Somit ist wohl auch klar, dass die Protagonstin Lyra nicht deswegen ein Kind ist, weil Pullman ein Kinderbuch schreiben wollte. Sie musste notwendigerweise ein Kind sein (wenn er nicht mit einer Marionette anfangen wollte!), um illustrieren zu können, was Heinrich von Kleist in seinem Essay so kurz skizziert hatte: den Verlust der Unschuld – und eventuell den Wiedergewinn einer gewissermassen höheren Unschuld.


    Nun ist Pullman bekennender Humanist, die Gefahr also, dass wir hier ein theologisch-christliches Traktat vor uns haben, ist gering. Pullman soll His Dark Materials bewusst als Gegenentwurf zum Narnia-Zyklus von C. S. Lewis verfasst haben. Aber die Tradition dieser (ich nenne sie jetzt einmal salopp so) ‘christlichen Fantasy’ ist v.a. in Grossbritannien länger: Der hier mit einem Kinderbuch auch schon einmal besprochene George MacDonald gehört hinein (v.a. mit Lilith!). Auf jene seit The pilgrim’s progress from this world to that which is to come von John Bunyan (1628-1688) existierende Tradition der Einkleidung christlichen Gedankenguts in märchenhaft-phantastische Gestalt habe ich schon in meinen Notizen zu MacDonald hingewiesen. Last but not least weist der Titel der Trilogie auf eine weitere Inspiration und Quelle Pullmans hin – eine Quelle, die er auch im Motto von Northern Lights zitiert – John Miltons Paradise Lost:


    Into this wilde Abyss,
    The Womb of nature and perhaps her Grave,
    Of neither Sea, nor Shore, nor Air, nor Fire,
    But all these in thir pregnant causes mixt
    Confus’dly, and which thus must ever fight,
    Unless th’ Almighty Maker them ordain
    His dark materials to create more Worlds,
    Into this wilde Abyss the warie fiend
    Stood on the brink of Hell and look’d a while,
    Pondering his Voyage …


    Somit haben wir Kette und Einschuss der Trilogie: Die Frage, ob nicht vielleicht das, was die Kirchen und Theologen dieser Welt als ‘Sünde’ brandmarken, das ‘Gute’ sei (eine ethische Fragestellung also) und die Frage, ob es nicht einen Zustand der Unschuld gibt, die uns ermöglicht, die Welt ‘besser’ oder ‘richtig’ zu erkennen. Das Resultat ist ein philosophischer Roman (wenn man so will), ein Entwicklungsroman mit starkem Fantasy-Einschlag.


    Um sich seinen Fragen zu nähern, verwendet Pullman logischerweise ein Kind als Protagonistin; es ist auch logisch, dass es ein Mädchen sein muss – ist doch die ‘Sünde’ im Verständnis der christlichen Theologen durch eine Frau in die Welt gekommen. Es ist auch logisch, dass Northern Lights in einer Parallel-Welt spielt, wo der Einfluss der Kirche stärker ist als im Europa unserer Welt. Lyra wächst in Oxford auf, in einem vom unsern leicht verschiedenen Oxford. Man rechnet Northern Lights gern zur “Steam Fantasy”, übersieht aber dabei, dass Pullmans Welt nur deshalb gefühltes 19. Jahrhundert ist, weil gewisse Dinge mit andern, altertümlicheren Begriffen bezeichnet sind; das Wissen und der Stand der Technik entsprechen durchaus der zweiten Hälfte unseres 20. Jahrhunderts. Der eigentliche Unterschied ist, dass die in Lyras Oxford und auch sonst in jener Welt herrschende Religion – die Pullman nicht Christentum nennt, auch wenn sie über einen Papst verfügt und offenbar die biblische Schöpfungsgeschichte, den Anfang der Genesis, so kennt wie wir – als Kirche eine absolute Kontrolle über die Wissenschaft ausübt.


    Wir erleben in Lyras Welt sprechende Bären und fliegende Hexen, wir erleben vor allem, wie die Menschen dieser Welt allesamt mit einem Dæmon verbunden sind – gewissermassen (so wird es zu erklären versucht) ihrer Seele, die sie in Tiergestalt ausserhalb ihres Körpers begleitet. Die Dæmonen der Kinder können ihre Gestalt noch wechseln, mit der Pubertät entscheiden sie sich für eine Form. (Ja, Heinrich von Kleist winkt da recht deutlich mit dem Zaunpfahl!) Die Bären leben in der Nähe des Nordpols, können sprechen und tragen einen Panzer. Lyra befreundet sich mit einem Exemplar und muss sich belehren lassen, dass kein Mensch einen Bären austricksen könne. Tatsächlich hat sie bei einem freundschaftlichen Fechtkampf mit ihm keine Chance: Der Bär erkennt jede Finte. (Heinrich von Kleist winkt abermals.)


    So erleben wir, wie Lyra gegen ihren Vater, gegen ihre Mutter antritt, um gegen die Verteufelung und angestrebte Vernichtung des Staubs, eines Aurora-Phänomens, das am Nordpol beobachtet werden kann, anzutreten. Der Staub nämlich wird von der Kirche ihrer Welt – in einer gewagten Interpretation des Satzes “Asche zu Asche, Staub zu Staub”, den die Kirche mit der Erzählung von der Original-Sünde verknüpft – der Staub also wird als verkörperte Sünde betrachtet. Nur Lyra hat die Eingebung, dass – wenn alle bösen Menschen, inklusive ihrer Eltern, den Staub verteufeln, er doch eine ‘gute’ Sache sein könnte. Ein Coming-of-Age-Roman verknüpft mit der Einsamkeit des klassischen Recken auf seiner Queste.


    Die Lektüre ist vergnüglich und spannend, bietet aber auch Gedankenfutter. Zumindest Band 1 von His Dark Materials kann ich empfehlen. (Milton natürlich auch…)


    [Besser formatiert auch unter: http://blog.litteratur.ch/WordPress/?p=5543]

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Danke für Deine Rezi, da sind einige interessante Gedanken drin.


    Ich hätte direkt Lust, die Trilogie noch mal zu lesen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Meine Meinung
    Ich habe schon oft etwas über diese Reihe gehört und soweit ich mich erinnern kann, wurde das Buch immer in den höchsten Tönen gelobt. Meine Erwartungen waren dementsprechend hoch, leider konnten diese nicht ganz erfüllt werden. Damit will ich nicht sagen, dass ich das Buch schlecht fand, aber so richtig in seinen Bann gezogen hat es mich nicht.


    Das lag wahrscheinlich daran, dass ich das Buch nicht richtig einordnen konnte. Der Schreibstil und die manchmal etwas schnelle und plumpe Auflösung von Gefahren haben mich eher an ein Kinderbuch ab ca 10 Jahren denken lassen. Doch andererseits fand ich einige Stellen ziemlich brutal und auch der ganze Aufbau der Welt ist etwas zu komplex für ein Kinderbuch. Diese Kontraste haben mich das ganze Buch über irritiert, für mich passte das alles nicht so ganz zusammen.


    Dabei ist die Geschichte an sich und die Welt, in der das ganze spielt, eigentlich gut. Eine Welt, die unserer ähnlich ist, sich aber in bestimmten Dingen unterscheidet. Es gibt Hexen und sprechende Eisbären, eine Art von Magie und Geister. Und natürlich die ständigen Begleiter der Menschen, ihre Dämonen, ohne die man nicht leben kann. Ich habe gerne über die verschiedenen Wunder dieser Welt gelesen und hätte darüber gerne noch mehr erfahren.


    Über bestimmte Gegebenheiten wird man erst nach und nach informiert, so dass man sich anfangs einiges nicht so ganz erklären kann. Dabei hatte ich oft das Gefühl, dass Erklärungen künstlich nach hinten verschoben wurden, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Mich hat das gestört, da man die Informationen auch gut schon früher hätte herausgeben können, ohne an der Geschichte etwas zu ändern. So kann man sich als Leser einiges schon denken, bevor es aufgelöst wird. Ich dachte mir dann bei den dramatisch inszenierten Auflösungen oft: "Achso, das weiß ich doch schon." Irgendwie enttäuschend.


    Insgesamt möchte ich das Buch aber gar nicht runterreden. Ich hatte meinen Spaß mit dieser Geschichte, aber für den ganz großen Wurf hat es nicht gereicht. Ich vergebe 3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    Einmal editiert, zuletzt von mondy ()

  • Der goldene Kompass


    His dark materials 1: Northern lights


    Lyra wächst im Jordan College heran. Die dortigen Wissenschaftler sind zumeist anderweitig beschäftigt und werden mit der Erziehung eines Kindes nicht so richtig fertig. Daher kann das Mädchen eine recht lustige, freie Kindheit verbringen und mit Freunden jede Menge Abenteuer erleben. Allerdings verschwinden in letzter Zeit öfter mal Kinder. Sie werden nie wieder gesehen, und es kursieren die wildesten Gerüchte.


    Lyras Onkel Asriel ist eine recht geheimnisvolle Gestalt. Er treibt sich überall in der Weltgeschichte herum und reist derzeit nach Norden. Der Norden hat auf Lyra immer schon eine magische Anziehungskraft ausgeübt, und sie wünscht sich sehnlich, ebenfalls einmal hinzureisen.


    Dann taucht die wunderschöne Mrs Coulter auf und beansprucht Lyra als persönliche Assistentin, wofür das Mädchen natürlich noch zu jung ist. Anfangs ist Lyra begeistert, aber bald merkt sie, dass mit Mrs Coulter irgendetwas nicht stimmt…


    Ein Fantasy-Schmöker mit Dæmonen, Panzerbären, Hexen und mehr (nicht nur) für ältere Kinder. Kleiner Kritikpunkt: Bei der mir vorliegenden Ausgabe enthält der Rückentext fette Spoiler und einen Fehler.



    Hat Spaß gemacht!


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Bechdel-Test:  :daumen:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.