Thomas Finn - Der Funke des Chronos

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  • Hallo,


    dieses Wochenende hab ich diesen ganz wundervollen Fantasykrimi zu Ende gelesen!
    Ich kann Euch dieses Buch nur wärmstens empfehlen - nein, ans Herz legen!


    Es ist ein Zeitreiseroman à la H.G. Wells, ja, vielleicht sogar eine Hommage an Wells. Im Mittelpunkt steht die Hansestadt Hamburg kurz vor und während des Großen Brandes im Jahre 1842 und ein äußerst sympathischer Held, Tobias, aus unserer Zeit. Er macht Bekanntschaft mit einem der bedeutendsten deutschen Dichter - Heinrich Heine - und zusammen gehen sie einer sehr geheimnisvollen Geschichte nach, die auch für sie selbst von großer Gefahr ist.......


    Extrem spannend, äußerst gut erzählt und das mit toller Sprache - kurzum: 5ratten und mein :tipp: an Euch!


    Liebe Grüße von dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • dubh, vielen Dank für die Rezension! Ich habe Thomas Finn in letzter Zeit stark gemieden, da er meines Erachtens nach einfach nicht schreiben kann. Alles wirkt konstruiert und sehr linear, das ist für ein DSA-Abenteuer zwar u. U. durchaus geeignet aber für einen Roman?
    Ich habe ein, zwei Kurzgeschichten von ihm gelesen und habe ihn aus seinem Gezeitenwelt-Band vorlesen hören. Diese Lesung war für mich ausschlaggebend, den Gezeitenwelt-Zyklus nicht zu beginnen. Mir hat es überhaupt nicht gefallen.
    Aber ich ändere auch gerne meine Ansichten, wenn es Anlass dazu gibt :) Sollte Thomas Finn dieses Mal etwas wirklich Gutes abgeliefert haben, bin ich durchaus interessiert.


    Hat denn noch jemand dieses Buch gelesen?

  • Zitat von "Ingroscha"

    Ich habe Thomas Finn in letzter Zeit stark gemieden, da er meines Erachtens nach einfach nicht schreiben kann. Alles wirkt konstruiert und sehr linear, das ist für ein DSA-Abenteuer zwar u. U. durchaus geeignet aber für einen Roman?


    Hmm... Also ich kenne mich ja -ehrlich gesagt- mit Fantasy so gut wie gar nicht aus! Klar, so ein paar Klassiker (Tolkien, H.G. Wells,...) hab ich schon gelesen - aber sonst d030.gif. Naja, dann fiel mir nach "Das Paradies der Schwerter" (und Lust auf mehr Fantasy) eben dieses hier in die Hände. Mein erster Gedanken war: oh Gott, nein, nicht noch ein zwanghaftes Buch in dem irgendwie Heinrich Heine vorkommt... so nach dem Motto jeder Verlag braucht was zum Heine-Jahr.


    Aber nach etwas Hineinblättern hat mich die Geschichte dann doch interessiert und ich hab das Buch mitgenommen - ein Glück!! :jakka:


    Zitat

    Ich habe ein, zwei Kurzgeschichten von ihm gelesen und habe ihn aus seinem Gezeitenwelt-Band vorlesen hören. Diese Lesung war für mich ausschlaggebend, den Gezeitenwelt-Zyklus nicht zu beginnen. Mir hat es überhaupt nicht gefallen.


    Na denn, ein Glück, dass ich Thomas Finn vorher überhaupt nicht kannte! Sonst hätte ich das Buch wohl auch nicht in die Hand genommen - so wie sich das jetzt anhört!


    Jedenfalls kann Finn in "Der Funke des Chronos" definitiv schreiben - und wie! Ich hatte richtig den Eindruck, dass dieses Buch wohl jahrelang sein "Baby" war - denn mit diesen ganzen Hintergrundinformationen und den authentischen, detailreichen Beschreibungen der damaligen Zeit muss es eine ungeheure Recherche-Arbeit gewesen sein! :entsetzt: Dies lässt sich im Anhang deutlich erahnen... Und vielleicht ist es ja gerade deshalb (wegen der jahrelangen Recherchen) auch stilistisch so gereift.


    Grüße von dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Zitat von "dubh"

    Und vielleicht ist es ja gerade deshalb (wegen der jahrelangen Recherchen) auch stilistisch so gereift.


    Thomas Finn ist ja auch noch recht jung, vielleicht hat er einfach dazugelernt :) dubh, du hast mich auf jeden Fall neugierig auf das Buch gemacht und wenn es dann irgendwann die Taschenbuchausgabe gibt, werde ich vielleicht schwach.

  • Ingroscha,


    sag mal, reden wir von dem gleichen Autor? Die Bücher Finns zum Gezeitenwelt-Zyklus sind definitiv die besten der Reihe. Fesselnd, anrührend, ideenreich und wirklich alles andere als linear und konstruiert. Und so jung ist Finn glaube ich auch nicht mehr. Ich schätze ihn auf Ende 30.


    Davor hat er meines Wissens nach mit Das Greifenopfer nur einen Roman für das Rollenspielsystem Das Schwarze Auge geschrieben. So wahnsinnig viel kannst du von ihm also zuvor nicht gelesen haben.


    Nachdem auch ich im März den Funken des Chronos regelrecht verschlungen habe, halte ich ihn für eines der ganz großen Talente der deutschen Autorenszene. Auch ich kann den Roman daher nur allen ganz dringend empfehlen. Die Story ist Lesevergnügen pur!


    Gruß Simulakrum

  • Zitat von "Simulakrum"

    sag mal, reden wir von dem gleichen Autor? Die Bücher Finns zum Gezeitenwelt-Zyklus sind definitiv die besten der Reihe. Fesselnd, anrührend, ideenreich und wirklich alles andere als linear und konstruiert. Und so jung ist Finn glaube ich auch nicht mehr. Ich schätze ihn auf Ende 30.


    Davor hat er meines Wissens nach mit Das Greifenopfer nur einen Roman für das Rollenspielsystem Das Schwarze Auge geschrieben. So wahnsinnig viel kannst du von ihm also zuvor nicht gelesen haben.


    Klar, reden wir vom gleichen, nein sogar vom selben Autor. Er dürfte Mitte 30 gewesen sein, als er den ersten Gezeitenwelt-Roman geschrieben hat und ja - ich finde das immer noch recht jung für einen Autor, zumal er vorher ja eher DSA-Abenteuer und -Hintergrundbände geschrieben hat.


    Was ich von ihm gelesen habe, kann ich am besten selbst einschätzen ;) Das es nicht sehr viel war, ist richtig - für mich aber ausreichend um mir dieses Urteil zu bilden. Ich habe Kurzgeschichten gelesen und natürlich einige seiner DSA-Abenteuer. Für mich wirkten die Kurzgeschichten und auch die Lesung, die ich miterlebt habe, halt konstruiert. Wenn du das anders siehst, akzeptiere ich das natürlich, ändere meine Meinung nicht von jetzt auf gleich. Zuvor müsste ich das diskutierte Buch lesen, erst dann kann ich für mich beurteilen, ob sich sein Stil geändert hat.

  • Zitat von "Simulakrum"

    Nachdem auch ich im März den Funken des Chronos regelrecht verschlungen habe, halte ich ihn für eines der ganz großen Talente der deutschen Autorenszene. Auch ich kann den Roman daher nur allen ganz dringend empfehlen. Die Story ist Lesevergnügen pur!


    Allerdings! Ich hab das Buch inzwischen dreimal verschenkt und bekomme jedes Mal begeisterte Reaktionen! Und das sowohl von einem eingefleischten Fantasy-Leser, als auch von zwei Viel-(Alles)LeserInnen...
    Dieses Buch ist definitiv ein echter Hit - wenn auch leider nur durch Mundpropaganda.


    Liebe Grüße
    dubh


    PS. Zum Alter des Autoren: Thomas Finn wurde 1967 in Chicago geboren... und hier mal ein Link auf seine hübsche Seite.

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Ach, und ein Direktlink zur Leseprobe - zum Reinschnuppern... Mich hat ja quasi schon der erste Satz des ersten Kapitels "Menetekel" überzeugt! :zwinker:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Zitat von "nimue"

    Dann lass und das doch in der Leserunde mit Thomas Finn herausfinden :zwinker:


    k020.gif Oh, wie toll! Und jetzt bin ich fast ein bißchen neidisch, dass ich das Buch leider schon fertig gelesen habe!
    Aber ich warte gespannt auf Eure Meinungen...


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hi Nimue,


    kann man bei der Oktober-Leserunde des Romans eigentlich auch teilnehmen, wenn man den Roman schon gelesen hat?
    Ein oder zwei Fragen zu dieser wundervollen Geschichte hätte ich nämlich schon noch. Vor alllem die tolle Recherche betreffend. :klatschen:


    Grüße Simulakrum

  • Huhu,


    ich habe es inzwischen innerhalb der Leserunde gelesen!


    Meine Meinung:


    Der junge Medizinstudent Tobias ist elternlos in einem Waisenhaus aufgewachsen und empfindet keinerlei Vorfreude auf das nahende einsame Weihnachtsfest. Als ihm jedoch ein schrulliger Uhrmacher einen seltsamen Stab schenkt und ihn zu sich bestellt, scheint er dem Geheimnis seiner Herkunft auf der Spur zu sein. Kurz bevor er erfährt, wer seine Eltern sind, werden die beiden überfallen und Tobias kann sich in letzter Sekunde auf das Gerät retten, die der Uhrmacher als Zeitmaschine bezeichnete. Als er wieder zu sich kommt, befindet er sich im Hamburg des Jahres 1842. Einer Zeit, in der nicht nur der Große Brand die Innenstadt Hamburgs vernichtete, sondern auch eine Zeit, in der geheimnisvolle und überaus grausame Morde geschehen.


    Thomas Finn gibt uns in "Der Funke des Chronos" Gefühl, wirklich dort zu sein und zeichnet ein altes Hamburg so voller Leben und mit einer unzerstörten Innenstadt, dass man sich fragt, woher er diese Details überhaupt wissen konnte. Auf seiner geheimnisvollen Reise trifft Tobias nicht nur auf plattdeutsch redende Einwohner, sondern auch den berühmten Dichter Heinrich Heine. Er wird Zeuge des Großen Brandes und ganz nebenbei verliebt er sich in eine bezaubernde junge Frau. Viel Stoff für ein Buch? Mitnichten, denn der Autor packt in die spannende Geschichte auch noch eine geheime Gesellschaft, Zitate von Heine und einen kleinen Fechtlehrgang mit hinein.


    Bei all dem Stoff bleibt Finn sprachlich auf einer gut lesbaren Ebene, so dass man sich entspannen kann anstatt sich den Kopf zu zerbrechen. Durch das Zeitreisethema bleibt es allerdings nicht aus, dass sich das Gehirn das eine oder andere Mal verknotet und ganz unberechenbar die Richtung wechselt. Ein großes Maß an Authentizität und Atmosphäre schuf der Autor durch dialektsprechende Charaktere und einzelne szenenhafte Blickwinkel fremder Protagonisten (allerdings hemmen vor allem die Passagen in Mundart etwas den Lesefluss).


    Unser "Held" Tobias ist sympathisch und stolpert unbedarft von einer misslichen Lage in die andere und bietet uns außerdem noch die eine oder andere witzige Szene und auch die übrigen Protagonisten gewinnen im Verlauf der Handlung immer mehr Tiefe und Persönlichkeit. Zwar merkt man irgendwann, dass man sich dem großen Finale nähert, die Auflösung überrascht jedoch und obwohl dort auch wieder einige Fragen aufgeworfen werden, überkam mich nicht das Bedürfnis, eine Fortsetzung lesen zu müssen. "Der Funke des Chronos" ist eine eigenständige Geschichte, die keines zweiten Teils bedarf, weil sie genügend Spielraum für die eigene Fantasy übrig lässt - allerdings bieten die Nebencharaktere so viel Potential, dass hier ein Wiedersehen durchaus denkbar ist.


    Das Buch selbst ist wieder - wie ich es von den HC-Ausgaben der Fantasyreihe von Piper gewohnt bin - hervorragend ausgestattet (von dem etwas dümmlich wirkenden Menschen auf dem Coverbild abgesehen). So finden sich zwei unterschiedliche Karten vom alten Hamburg, ein Personenregister und auch ein Lesebändchen fehlt nicht.


    5ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo,


    ich habe das Buch auch in der Leserunde gelesen und bin begeistert! Hier ist mal mein Fazit dazu:


    Das Buch hat mich gleich von der ersten Seite an gefesselt, denn es war sofort Spannung da. Auch die Hauptperson war mir gleich nah.
    Es fiel mir leicht, in das Buch einzutauchen. Die Beschreibungen des Hamburg des 19. Jahrhunderts waren so anschaulich und interessant, auch durch die vielen historischen Details und historischen Personen, dass nie Langeweile aufkam.


    Genauso ging es mir mit den Personen in der Geschichte. Ich konnte sie mir so gut vorstellen, ihre Eigenarten waren so toll beschrieben und manche Figuren habe ich richtig lieb gewonnen. Die Dialekte unterstützen dies, machten die Figuren noch authentischer und erhöhten für mich das Lesevergnügen noch. Dazu kam noch die außergewöhnliche Figur des Heinrich Heine, was mich dazu gebracht hat, mich mal mehr mit dem Dichter zu befassen.


    Sehr gut gefallen hat mir auch die Unvorhersehbarkeit der Geschichte. Bis zum Schluss konnte ich mir nicht vorstellen, wie das Buch endet. Die Zeitreise führte zu wilden Spekulationen, ließ das Hirn rauchen und überraschte am Schluss mit der Auflösung!


    Der Humor kam in der Geschichte auch nicht zu kurz, was zwischen der großen Spannung, dem Unheimlichen und dem Rätselhaften sehr viel Spaß machte.


    Für mich ist das Buch ein :tipp:

  • Der Hamburger Medizinstudent Tobias steckt kurz vor Weihnachten in einem Tief - wo soll er bloß die Festtage verbringen, da er keine Eltern mehr hat und vor kurzem von seiner Freundin sitzengelassen wurde?


    Da erreicht ihn ein Päckchen mit einem merkwürdigen Gegenstand. Der beiliegende Brief führt ihn in eine Uhrmacherwerkstatt ... und von dort über 150 Jahre in die Vergangenheit, in den Mai 1842.


    Er findet Zuflucht bei der Familie Lewald, deren Tochter Caroline er vor einem Kutschenüberfall gerettet hat, und erfährt, dass in Hamburg Angst und Schrecken herrscht, ausgelöst von einer rätselhaften Mordserie.


    Doch auch bei den Lewalds geht es nicht sehr ruhig zu. Nachdem Tobias direkt bei seiner Ankunft in der Vergangenheit schon verfolgt wurde, findet er eines Nachts Eindringlinge im Haus vor, die ihm ans Leder wollen - und merkwürdige Masken tragen.


    Tobias gerät nicht nur unfreiwillig ins Visier der Polizei, sondern auch gemeinsam mit dem Dichter Heinrich Heine auf die Spur einer gefährlichen Geheimverschwörung ... und wenig später steht halb Hamburg in Flammen ...


    Ein sehr gelungener Mix aus Kriminalroman, Verschwörungsthriller und Zeitreisegeschichte. Das alte Hamburg wird vor dem inneren Auge des Lesers lebendig, heraufbeschworen durch anschauliche, atmosphärische Schilderungen, liebenswert-verschrobene Gestalten und eine gute Prise Lokalkolorit. Einige Personen, die im Dialekt sprechen, hörte man förmlich lebensecht reden.


    Je weiter ich kam, je vollständiger sich die Puzzleteilchen der Handlung zu einem Gesamtbild fügten, umso weniger konnte ich das Buch aus der Hand legen. Eine Empfehlung!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Ich kann die Begeisterung über dieses Buch überhaupt nicht teilen. "Der Funke des Chronos" wird auf dem Cover als Zeitreise-Thriller angepriesen und kommt dann so betulich und plüschig daher wie ein Courths-Mahler-Roman. Von einem Thriller erwarte ich, dass er mich fesselt, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. Hier leider Fehlanzeige: ein wenig Hamburger Stadtgeschichte (was noch recht interessant war) und ein paar böse Buben mit einem Hang zum Okkulten reichen als Zutaten nicht.


    Die Sprache ist über weite Strecken holprig und unbeholfen. Jemand sollte Herrn Finn mal sagen, dass ein Rappe immer schwarz und ein Smaragd immer grün ist. Störend fand ich auch die vielen Dialoge im Dialekt. Hier und da mal eingestreut finde ich das gut, aber das war mir einfach zuviel.


    Der interessante Exkurs in die Geschichte Hamburgs hebt meine Wertung dann immerhin noch auf 3ratten .

  • qantaqa: Sehr interessant auch einmal eine nicht überaus positive Meinung zum Buch zu hören. Ich habe es bisher immer noch nicht, bin auch weiterhin skeptisch, dass sich Thomas Finns Stil so sehr weiter entwickelt hat. Aber ich bin weiterhin fest entschlossen, es noch einmal mit ihm zu probieren, wenn mir eines seiner neueren Bücher in die Hände fällt :)

  • Ingroscha: Sollte sich Thomas Finns Stil weiter entwickelt haben, möchte ich keine älteren Bücher von ihm lesen. Das war mein erstes Buch von ihm und ich glaube, auch für längere Zeit mein letztes, obwohl ich die Gezeitenwelt-Teile noch auf meinem SUB liegen habe.
    Ich bin jedenfalls gespannt, wie Dir "Der Funke des Chronos" gefallen wird.

  • Besser spät als nie, habe ich auch endlich dieses Buch gelesen. Und hier kommt mein Senf dazu:


    Thomas Finn wollte mit diesem Buch eine Hommage sowohl an H.G. Wells als auch an das verlorene Hamburg der Vergangenheit schreiben. Beides ist ihm sehr gut geglückt.
    Es gelingt dem Autor ein sehr atmosphärisches Bild der damaligen Zeit zu zeichnen, man fühlt sich mitten in der Stadt einer anderen Zeit. Und bekommt ein Gefühl für dieses Hamburg, von dem heute nicht mehr viel zu sehen ist, dank des verheerenden Brandes 1842.


    Finn hat in jahrelangen Recherchen viele interessante Details entdeckt und sehr schön im Buch untergebracht. Ganz nebenbei erfährt man zum Beispiel von einem ausgestopften Grönländer, da damals die Wirtsstube eines Gasthauses „verziert“ hat, und den es wirklich gegeben hat.


    Der Kriminalfall und die Verschwörung, die die Haupthandlung des Buches ausmachen, sind durchweg spannend, immer wieder sorgen die Wendungen für neue Erkenntnisse. Man kann miträtseln und folgt den Charakteren voller Spannung auf ihrem Weg.


    Sehr gut gefielen mir auch die sprachlichen Besonderheiten, Charaktere der niederen Schichten sprachen grundsätzlich Mundart. Auch als nicht Hamburger war verständlich was sie sagten, und es fühlte sich einfach richtig an. Dieses Stilmittel passt nicht in allen Büchern, aber hier war es perfekt gewählt und eingesetzt.
    Vor allem Jochen Borchert wird mir dank dessen wohl lange im Gedächtnis bleiben, ein Konstabler wie man ihn sich passender kaum vorstellen kann. Ein Stammbaum seiner Familie wäre eine lustige Ergänzung gewesen.


    Positiv sind auch die Karten, dank derer man sich im Verlauf des Buches noch besser orientieren kann.


    Es war ein toller Zeitreiseroman, der viel zu schnell zu Ende ging. Man wünscht sich eine Zeitmaschine, um ihn noch einmal genießen zu können.


    4ratten

  • Meine Meinung
    Seit seiner Kindheit im Waisenhaus erhält Tobias, der mittlerweile Medizin studiert und gerade von seiner Freundin verlassen wurde, zu jedem Weihnachtsfest ein Päckchen von einem Unbekannten. Dieses Jahr enthält es einen geheimnisvollen Stab und eine Nachricht, die Tobias endlich Aufschluss über seine Herkunft geben könnte.
    Doch statt das Rätsel zu lösen, gerät Tobias in eine tödliche Auseinandersetzung, aus der es nur eine Fluchtmöglichkeit gibt – eine Reise in die Vergangenheit…


    So verschlägt es Tobias und den Leser ins Hamburg des Jahres 1842, wenige Tage, bevor der große Brand ausbricht und das Stadtbild der hanseatischen ‚Perle’ unwiderruflich verändert. Jahrelange Recherchearbeit und detailreiche, lebhafte Beschreibungen vermitteln dem Leser den Eindruck, tatsächlich Seite an Seite mit Tobias durch die Stadt zu wandern, einen bestialischen Mörder zu verfolgen, verzweifelt nach der verschwundenen Zeitmaschine zu suchen, die ihm die Rückreise in sein altes Leben sichern soll, und sich dabei auch noch zu verlieben.
    Währenddessen trifft man nicht nur auf historisch verbürgte Personen wie etwa den Dichter Heinrich Heine, sondern auch auf einen mysteriöse Geheimbund und Technikliebhaber, die einen Einblick in den damaligen Stand der Wissenschaft, etwa in Bezug auf die Eisenbahn, liefern.
    Die Tatsache, dass Charaktere der unteren Gesellschaftsschichten in Mundart – Platt, Hessisch oder Jiddisch – sprechen, hemmt zwar manches Mal den Lesefluss, trägt aber wunderbar zur Atmosphäre bei.
    Ohnehin sind die Figuren allesamt ausreichend klar umrissen, sodass man sie gerne auf ihren Abenteuern begleitet.


    Lediglich erzähltechnisch hapert es an manchen Stellen ein bisschen. So wird Tobias gleich zweimal in letzter Sekunde gerettet, was dem Spannungsbogen nicht unbedingt zuträglich ist. Auch stört es, wenn der Autor seine Hauptfigur regelmäßig als «der Student« bezeichnet und dieser jeden Morgen erwacht, ohne zu wissen, wo er ist. Oder sich seine «blonden« Haare aus dem Gesicht streicht. All das sind Informationen, die der Leser sich vermutlich auch merken kann, ohne dass sie ständig wiederholt werden müssen.
    Auch der Anfang und die plötzliche Flucht mithilfe der Zeitmaschine wirken noch etwas holprig, zumal die Idee der Zeitmaschine zunächst nicht allzu innovativ scheint. Liest man aber im Anhang, in dem man neben dem Nachwort auch zwei Karten von Hamburg und ein Register der historisch verbürgten Personen findet, dass Thomas Finn mit dem Roman u.a. eine Hommage an H.G. Wells schreiben wollte, sieht man die Zeitmaschine gleich wieder in einem anderen Licht.
    Außerdem ist man durch den rasanten Start ohne viel Vorgeplänkel gleich mittendrin in der Geschichte, die sich zügig entwickelt und auf ein dramatisches, zufrieden stellendes Ende zusteuert.


    FAZIT: Ein unterhaltsamer Ausflug in ein authentisches Hamburg während der Biedermeierzeit.


    Von mir gibt es dafür 4ratten.