Patricia Highsmith - Der talentierte Mr. Ripley

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  • Hallo!


    Bettina: das ist eine sehr interessante Idee :klatschen: Und ich finde, dass Du mit diesem Vergleich absolut recht hast- Herr Lehmann ist auch jemand, der abwartet und eher keine Initiative ergreift.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo,


    ich habe jetzt Kapitel 22 beendet


    Zitat

    Na, da lag ich mit meiner Vermutung eines Psychopathen gar nicht so verkehrt. Da ich weder Buch noch Film kannte, war ich doch relativ überrascht von der Wendung der Dinge. Zwei Morde in so kurzer Zeit ist ja schon ganz beachtlich, zumal sie ja nicht besonders gut vorbereitet waren und eher nach Spontanreaktion aussehen. Das kann eigentlich nicht gut ausgehen (aus Toms Sicht gesehen). Ich kann absolut nichts bewundernswertes oder faszinierendes an ihm sehen, was aber nicht heißt, daß das Buch nicht faszinierend ist. Ich empfinde es zwar nicht, wie in meinem Klappentext beschrieben, als Thriller, aber es macht Spaß es zu lesen, da ständig etwas geschieht und es sehr kurzweilig ist. Ich habe allerdings immer Probleme damit, daß man einen Menschen nicht erkennen sollte, nur weil er eine aufeinmal eine Brille trägt und die Haare gefärbt hat. Das erscheint mir etwas abwegig. Mit den Beweisen des Bootes und der Leiche von Freddie würde er in der heutigen Zeit, mit dem heutigen Wissen und Möglichkeiten der forensischen Pathologie allerdings nicht lange ungestraft davonkommen.


    Ich werde jetzt wohl noch den Rest des Buches lesen und dann morgen meine Bewertung des Buches abgeben.


    Tina

  • Hallo,


    ich habe das Buch gestern noch beendet.


    Spoiler bis Ende


    Zitat

    Das Buch hat mir gut gefallen, aber es fällt mir sehr schwer zu begründen warum. Tom Ripley war mir letztendlich absolut unsympathisch. Er ist ein Mensch ohne große Gefühle und das was ihn so kalt macht ist wohl, daß er eigentlich gar keinen Charakter bekommt. Er ist fast unmenschlich. Er hat kaum Vorlieben (ausser am Schluß sein Interesse an Kunst und wie schon immer an materiellem Besitz), und irgendwie keine Charaktereigenschaften. Ich weiß gar nicht wie ich es richtig beschreiben soll. Er kommt mir vor wie ein Neutrum und er hat keinerlei Mitgefühl, ausser es ist ihm selbst von Nutzen. Ihn interessieren nicht seine Mitmenschen und er ist anscheinend absolut asexuell. Er ist nicht in der Lage Zuneigung zu empfinden. Bei so einem Menschen läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Gibt er sich mit seinen Mitmenschen ab, dann um einen Vorteil daraus zu erzielen, aber nie weil ihm persönlich etwas an diesen Menschen liegt. Diese absolute Gefühlskälte ist sehr erschreckend. Die Figur des Tom ist sehr plastisch beschrieben, wie auch das Umfeld. Ich finde es faszinierend eine dermassen gefühllose und "entmenschte" Person wirklich in einem ganzen Buch zu beschreiben, ohne daß es auch nur eine Minute langweilig wird.


    Daher bekommt dieses Buch von mir


    5ratten


    Tina

  • Ich bin mittlerweile beim 16. Kapitel angelangt und muss sagen, dass das Buch noch spannender ist als ich erwartet hatte. Ich dachte immer
    Spoiler bis S. 162

    Zitat

    Tom bringt nur Dickie um, aber jetzt hat er tatsächlich auch noch Freddie erschlagen. :entsetzt:


    Das Leben in Italien finde ich sehr atmosphärisch beschrieben, was mich an meine Urlaube dort erinnert. Und die schönen eingeschobenen italienischen Sätze... *träum*
    Wobei ich mich wundere, dass es einen 100-Lire-Schein gab. Zu meinen Zeiten nur 100-Lire-Münzen. War das 1955 anders?


    Die Reaktion von Marge auf Dickies' "Umzug" war mir irgendwie ein wenig zu unrealistisch. Dass sie da so gar nicht nachgehakt und zumindest mal im Hotel angerufen und versucht hat, mit Dickie zu reden.
    Und ich finde, dass Tom ziemlich flott auf die Idee gekommen ist,
    Spoiler bis S. 118

    Zitat

    Dickie zu ermorden. Bislang war er nur ein relativ kleiner Krimineller und jetzt schreckt er plötzlich vor Mord nicht zurück.


    Manches geht mir da ein wenig zu schnell. Erst ist Dickie abweisend, dann sind er und Tom die besten Freunde und plötzlich schlägt das Verhältnis um. Teilweise hatte ich sogar dass Gefühl, Tom könne Dickie wirklich fast schon leiden, weil er ihm ein schönes Leben geboten hat und dann empfindet er Dickie als überheblich und da lodert der (zwischenzeitliche) Hass richtig auf. Und der Neid.


    Teilweise hätte die Autorin m.E. noch ein wenig mehr auf die Hintergründe zu Tom's Gefühlen eingehen können. Ich hoffe ja, dass später noch ein paar Informationen zu Tom's Kindheit kommen, die seine Motivation/die Hintergründe zu seinem Verhalten ein wenig deutlicher machen.
    So, das als kleiner Zwischenbericht. Jetzt lese ich weiter! :breitgrins:


    @ Alfa_Romea und Papyrus
    Die Trinkgewohnheiten sind wirklich recht extrem. Da muss doch irgendwann der Schädel dröhnen, wenn dann auch noch ständig die Sonne drauf scheint. :breitgrins:

  • Zitat von "*Sternenstauner*"

    Teilweise hätte die Autorin m.E. noch ein wenig mehr auf die Hintergründe zu Tom's Gefühlen eingehen können. Ich hoffe ja, dass später noch ein paar Informationen zu Tom's Kindheit kommen, die seine Motivation/die Hintergründe zu seinem Verhalten ein wenig deutlicher machen.


    Ich denke, genau das ist das Problem von Tom. Er hat keine Hintergründe. Er ist völlig gefühllos und zwar in jedem Bereich (andern gegenüber, sexuell, er kennt kein Mitgefühl und ich denke fast, daß ihm sogar das Gefühl für sich selbst fehlt. Teilweise empfand ich ihn regelrecht Seelenlos. Sehr erschreckend. So jemanden möcht ich nicht in meiner Umgebung haben.


    Tina

  • Zitat von "tina"

    Ich denke, genau das ist das Problem von Tom. Er hat keine Hintergründe.


    Irgendwo stimmt das natürlich, aber da ja ziemlich am Anfang seine Tante erwähnt wurde, dachte ich, die Autorin würde sich später vielleicht noch mal auf sie beziehen. Ich habe immer leichte Probleme damit, wenn ich keine Ursachen für bestimmte Begebenheiten erkennen kann. Im Zweifel ist es dann halt immer die "schlimme" Kindheit. ;)


    Ich bin jetzt übrigens beim 22. Kapitel und finde im Moment ziemlich spannend, wie sich die Situation für Tom immer weiter zuspitzt und - obwohl ich nicht sagen kann, dass ich ihn sonderlich mag - merke ich doch, wie ich mit ihm mitfiebere und mir überlege, wie er weiter vorgehen kann, um nicht entdeckt zu werden. Vielleicht, weil mich die Idee des "perfekten Verbrechens" irgendwie reizt - natürlich nur in der Theorie! ;)

  • Hallo


    ich habe gerade den Film gesehen mit Matt Damon und Gwyneth Paltrow.
    Nun ja, wenn man das Buch gelesen hat muß man schon ab und an den Kopf schütteln und sich fragen, ob es denn Mr. Minghella auch gelesen hat. Vielleicht ist das jetzt ein bisßchen bösartig, aber teilweise waren da haarstäubende Abwandlungen. Allerdings muß ich zur Verteidigung meines Lieblingsregisseurs sagen: "Hätte ich daß Buch vorher nicht gelesen, dann wäre dies für mich ein perfekter Film gewesen. Matt Damon ist ein sehr guter Schauspieler, und die Stimmungen von Mensch und Umgebung sind fantastisch umgesetzt worden. Minghella hat einfach ein Händchen für so etwas. Also, wenn man nicht auf die haargenaue Umsetzung des Buches besteht und Abwandlungen hinnimmt, ist dies ein sehr faszinierender Film.


    Tina

  • Hallo!


    Tina: du hast Tom Ripley wirklich schön beschrieben :bussi: Mir kam er wie eine leere Hülle vor, die von der jeweiligen Umgebung gefüllt wird.


    @Sternenstauner: das perfekte Verbrechen? Ich habe mich beim Lesen ab und zu gewundert, wie die Polizei vieles einfach übersehen oder ignorieren konnte. An manchen Stellen hat sich Tom schon heftig widersprochen, ohne dass es jemand aufgefallen wäre :rollen: Hoffentlich passiert so etwas nicht auch im wahren Leben.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Bettina
    das ist eine "Leserunde" kein Wettlesen :smile:


    Ich habe das Buch gestern auch beendet und vergebe
    4ratten


    Eine interessante Geschichte, die sich gut lesen läßt. Allerdings ist dieses Buch eine reine Momentaufnahme. Da anfangs die Tante von Tom Ripley erwähnt wurde hätte ich mir hier auch noch einige Informationen mehr aus Toms Vergangenheit gewünscht.


    Das Tom asexuelle Prägungen hat, aus Amerika nach Europa kommt und auch bleiben möchte, hat wohl schon autobiographische Züge.
    Durchs googeln habe ich gelernt, dass P. Highsmith aus Amerika später nach Europa gezogen ist und Beziehungen zu Frauen pflegte Quelle
    Highsmith persönliche Meinung über Amerika kommt für mich in Kapitel 26 sehr deutlich zur Geltung.


    Tina
    natürlich würde die Geschichte heute nicht mehr funtionieren da die Technik zur Hilfe von Verbrechen viel weiter ist, aber die Klärung des Verbrechens war ja auch nicht der Kern der Story.


    Interessant fand ich die Vorgehensweise von Tom: Immer spielte er die nächste Situation vorab für sich durch. Ich nenne das Kopfkino und mache das auch öfters (allerdings ist mir nicht bekannt, dass ich jemanden umgebracht habe) :breitgrins:


    Zitat von "Spoiler bis Ende"

    Wir lernen eine eiskalte Figur namens Tom Ripley kennen.
    Gefühllos kann man ihn aber nicht nennen. Er kennt Ängste, Qualen und Freuden, wenn auch nur auf seine Person bezogen.
    Tom hat zwei Morde begannen die nicht entdeckt werden. Trotzdem ist er gescheitert. Sein Ziel in die Rolle von Dickie zu schlüpfen kann er nicht umsetzten. Dickie hatte auch ein Leben, sprich eine Vergangenheit, dies bedeutet, dass ihn auch viele Menschen kennen und auch erkennen wenn ein Dickie in Form von Tom vor ihnen steht.
    Hat Tom dies vorab nicht erkannt oder bedacht? Als ihm dies bewußt wird schlüpft er mit Widerwillen, sogar Ekel in sein altes ich zurück. Dies macht ihn für mich zu einer tragischen Figur. Weiter stellt sich für mich die Frage warum er nicht die Kraft hatte sein eigenes Leben zu ändern, sich der Kunst zuzuwenden, schöne Dinge zu sammeln, etc. Warum ginge dies nur über Dickie? Warum konnte er Europa für sich nicht als die Geburt eines neuen Lebens sehen? Warum wollte er unbedingt Dickie sein, wo ihm doch gar nicht alles aus Dickies Leben gefallen hat. Er mochte Marge nicht und Dickies Malerei fand er genauso schlecht wie Mr. Greenleaf.

  • Ich habe das Buch gestern beendet und muss sagen, dass es mir sehr gut gefallen hat, wobei es jedoch ein paar Punkte gibt, an denen ich mich gestört habe.


    So ist mir z.B. das Verhältnis zu Marge von ihrer Seite aus zu sprunghaft.

    Zitat

    Erst ist sie Tom gegenüber sehr misstrauisch und ich hätte ihr durchaus zugetraut, Tom zu Fall bringen zu können, aber in Venedig kann sie 1 und 1 nicht zusammenzählen. :rollen: Zumindest hätte sie sich über Tom's plötzlichen Reichtum wundern können und die Erklärung nicht einfach so hinnehmen müssen. Aber als sie dann auch noch die Ringe gefunden hat...


    Auch das Verhältnis von Tom und Mr. Greenleaf finde ich etwas seltsam. Erst behandelt er Tom "wie einen Sohn", dann fühlt er sich ausgenutzt und dann ist plötzlich wieder alles in Butter, hatte ich das Gefühl. So richtig nachgehakt hat der Mann irgendwie nie, als ob er gar nicht so ein großes Interesse an seinem Sohn hat. Das zeigt ja für mich auch der letzte Brief, in dem die Eltern das vermeintliche Schicksal ihres Sohnes ja recht flott akzeptieren. Wieso schicken sie dann extra wen nach Europa, um ihn zurückzuholen? Große Emotionen gibt es nicht.


    Generell ist das Buch relativ nüchtern geschrieben, wie ich finde. Obwohl manche Vorstellungen sicher traurig sind, z.B.

    Zitat

    die Tatsache, dass Marge Briefe von ihrem toten Freund erhält und sich sogar noch mit diesem streitet

    haben mich diese, eigentlich dramatischen Aspekte, nicht sonderlich berührt. Auch konnte ich für Tom keinen Hass empfinden, sondern habe mich nur dann über ihn geärgert, wenn er m.E. etwas verbockt hat.
    Jetzt wo ich das Buch beendet habe, stelle ich aber fest, dass ich ihn und seine Fähigkeiten sowieso ein wenig überschätzt habe.
    Perfekt verlief das ganze nicht annähernd. Dabei war die Ausgangssituation/Idee ja nicht übel. Aber dafür ist Tom wohl einfach nicht der "perfekte Verbrecher". Zwar schon kalt und berechnend, aber irgendwie handelt er manchmal doch zu spontan und unüberlegt bzw. einfach risikoreich aus Reiz oder einer Art "Spieltrieb" heraus. (z.B. bei der Steuergeschichte am Anfang oder beim Erstellen des Testaments). Ich hab mich da schon gefragt, wieso er dieses Risiko eingeht. Klar, wegen des Geldes, aber trotzdem... Da lehnt er sich m.E. ein wenig zu weit aus dem Fenster.
    Na ja, auf jeden Fall ist er, wie Papyrus so treffend sagt, eine tragische Figur. Wobei er daran irgendwie selbst Schuld ist. (Leider erfährt man ja nichts weiteres darüber, wieso sich sein Charakter so entwickelt hat.)


    @ Kirsten
    Über die Polizei konnte ich mich stellenweise auch nur wundern. Auch wenn die Möglichkeiten heute zur Verbrechensaufklärung weitaus fortgeschrittener sind, wundert mich trotzdem, dass sie manchen Dingen nicht nachgegangen sind. Hatten sie wirklich keinen Grund, ihn zu verdächtigen?


    Zitat von "Papyrus"

    Interessant fand ich die Vorgehensweise von Tom: Immer spielte er die nächste Situation vorab für sich durch. Ich nenne das Kopfkino und mache das auch öfters (allerdings ist mir nicht bekannt, dass ich jemanden umgebracht habe)


    Das kenne ich auch.

    Übrigens, ich hätte es schön gefunden, wenn einige der italienischen Sätze übersetzt worden wären, denn nicht immer waren alle Worte aus dem Kontext 100% verständlich (wie z.B. der letzte Satz) und nicht jeder spricht italienisch.
    Ansonsten gibt's von mir insgesamt glatte 4ratten.

  • Ich erlaube mir hier nur einen kurzen Kommentar:


    *Sternenstauner*
    Wie du schon richtig festgestellt hast, Tom ist ein Spieler. Aber viele seiner, unbeherrschten -überstürzten- Aktionen rühren für mich aber auch aus seiner Jugend her. Und gerade das macht ihn so sympathisch und das Buch so spannend. Die Hast, die Fahrigkeit die manchmal in seinem Tun und Handeln steckt. Bis zum Ende, wo er dann an Land geht und die Polizei schon wartet. Er geißelt sich ja innerlich schon manchmal selbst. Jetzt ist alles aus, sie kriegen mich...usw.
    Und das hat für mich einen großen Teil der Spannung ausgemacht. Als Charakter ist er zwar berechenbar, aber in seinem Handeln spontaner als ihm manchmal gut tut. All die Morde die er begeht sind Morde aus der Gelegenheit heraus, nicht weil sie nötig sind. "Zuerst schießen und dann fragen", wenn man so will.

    Zitat

    Und hier liegt auch die Klasse der Autorin. Sie schreibt einen Charakter der mit überdurchschnittlicher Intelligenz gesegnet ist aber dem meist seine eigene Jugend im Wege steht. Und trotz manch gravierenden Fehler in dem Spiel, das er ja selbst losgetreten hat und nun nicht mehr ungeschehen machen kann, gelingt ihm das perfekte Verbrechen.


    Großartig!


    NtM

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • @ Nymphetamine
    Ehrlich gesagt, so überdurchschnittlich intelligent fand ich Tom nun nicht. Wie gesagt, ich hatte ihn da vorher ein wenig überschätzt. Klar ist er alles andere als dumm, aber letztlich handelt er mir zu oft zu unüberlegt.
    Ich weiß nicht, ob ich einen Mord unbedingt auf "jugendlichen Leichtsinn" schieben möchte. Klar spielt die Jugend auch eine Rolle, aber ein derart amoralisches Verhalten kommt ja nun auch nicht von ungefähr.
    Ich denke eher, dass Tom aufgrund seines distanzierten und teilweise gleichgültigen Charakters auch in höherem Alter nicht anders gehandelt hätte.
    Und, sympathisch ist er mir persönlich eigentlich nicht. Allerdings hege ich gegen ihn auch keine wirkliche Antipathie wie man es einem Mörder gegenüber wohl erwarten würde. Irgendwie hat die Autorin es mit ihrer nüchternen Betrachtung/Beschreibung geschafft, diese Kühle auch auf mich zu übertragen. Wie gesagt, ich habe mit Tom mitgefiebert, aber dabei ging es mir nicht um ihn, sondern um die Idee hinter dem Verbrechen an sich, die ich ziemlich spannend fand.


    Im folgenden spoiler ich mal lieber. ;)

    Zitat

    Wenn du von "Mord aus Gelegenheit" sprichst, könnte man das auch falsch verstehen und meinen, Tom würde die Gelegenheit zum Mord ergreifen, weil es ihm gerade auf den Mord an sich ankommt. Wobei der erste Mord doch schon erforderlich ist, damit er Dickies Identität annehmen kann. Objektiv erforderlich ist er allerdings sicherlich nicht. Gäbe wohl auch andere Möglichkeiten, ein nettes Leben zu führen. ;)
    Ob ich das Verbrechen letztlich als perfekt bezeichnen würde, weiß ich nicht. Gut, er kommt damit durch. Aber für mich doch eher mehr schlecht als recht. Wie gesagt, ich hatte am Anfang ein anderes Bild von Tom.

  • Ich habe nicht behauptet das er aus "Jugendlichen Leichtsinn" heraus mordet. Wie gesagt er ist ein Spieler, er wägt Risiko gegen Einsatz ab, wobei er sich auch schon mal verschätzen kann.
    Und das Tom direkt am gelingen seines Plans verantwortlich ist habe ich auch nicht behauptet.
    Darin liegt ja die Leistung der Autorin.
    Und er tötet auch nicht aus Lust am Morden, wie man vielleicht denken könnte, viel mehr meine ich den Affekt...
    Oder anders.
    Du sitzt an einem Spieltisch, setzt 35 000 auf 12 Schwarz. Deine Chancen sind nun 50-50. Es erfordert nur eine einzige Handbewegung, jene ist aber bestimmend ob du mit 200 000 oder mit nichts Nachhause gehst. Einsatz und Risiko, Wirkung und Ursache. Einfach nur das über den Tisch schieben der ganzen kleinen Plastikplättchen im Gegenwert von 35 000. Einfach nur diese eine Handbewegung trennt dich vom Himmel oder von der Hölle.
    Und so ist es auch bei Dickie gewesen. Eine einfache Handbewegung die über Leben und Tot bestimmt, man muss nur den Mut dazu aufbringen sie auch auszuführen.
    Spontanität, nichts anderes meine ich damit. Und jene muss nicht mal kaltblütig sein, es ist schließlich eine einfache Rechnung zwischen Wirkung und Ursache, 0 und 1, an und aus, ja oder nein...


    Leider fällt es mir etwas schwer zu diskutieren da mein Leseexemplar knapp 800 Kilometer im tiefsten Deutschland liegt. :rollen:


    NtM

  • Zitat von "Nymphetamine"

    Ich habe nicht behauptet das er aus "Jugendlichen Leichtsinn" heraus mordet.


    Wollte ich dir auch nicht unterstellen. Aber da du von Jugend sprachst und ich sein Verhalten teilweise leichtsinnig finde (die Geschichte mit Miles oder dem Testament), habe ich das einfach mal verbunden und ja auch in Anführungsstriche gesetzt. ;)


    Zitat von "Nymphetamine"

    Und das Tom direkt am gelingen seines Plans verantwortlich ist habe ich auch nicht behauptet.


    Habe ich so auch nicht gesagt. Aber du sprachst vom "perfekten Verbrechen" und dafür gehört mir mehr Plan dazu.


    Zitat von "Nymphetamine"

    Und er tötet auch nicht aus Lust am Morden, wie man vielleicht denken könnte, viel mehr meine ich den Affekt...


    So hatte ich dich auch verstanden. Wollte dich nur darauf hinweisen, dass ich die Formulierung etwas unglücklich fand, weil man es auch anders hätte verstehen können. ;)


    Verstehe auch, was du mit Spontanität meinst. Und seinem "Spieler-Charakter". Aber trotzdem hätte ich gerne gewusst, wo er seine vollkommen amoralische Ader her hat. Aus seiner Kindheit? Weil man ihn Schlappschwanz nannte? Weil man auf ihn herabblickte?

    Zitat von "Nymphetamine"

    Und so ist es auch bei Dickie gewesen. Eine einfache Handbewegung die über Leben und Tot bestimmt, man muss nur den Mut dazu aufbringen sie auch auszuführen.


    Mut ist bei dem Einsatz aber doch nicht alles. Ich finde, Tom pokert ziemlich hoch. Immerhin geht es um Leben und Tod. Aber das berührt ihn nicht sonderlich. Ihm gefällt zwar nicht, dass er nun ein Mörder ist, aber im Endeffekt kann er gut damit leben. Entweder interessiert es ihn nicht oder er lässt es einfach nicht an sich heran. Solche Menschen möchte ich nicht in meiner Umgebung haben.

  • Hach meine Liebe, was täte ich nur ohne dich??:bussi:
    Ich glaube das kann man im groben und ganzen so stehen lassen. Oder??


    Edit:

    Zitat

    Das perfekte Verbrechen
    Das Perfekte Verbrechen:
    Es gehört nicht mehr Plan dazu, Tom ist mit einem Minimum an "Plan" ausgestattet und er versucht sich zum Teil mit ach und krach über die Runden zu bringen. Da kommt ein anderer Faktor zum tragen der hinlänglich als "Zufall" bekannt ist.


    NtM

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Zitat von "Alfa_Romea"

    In meiner Rezi dazu hiess es folgendes:
    «Sie wirken recht beschränkt, weil sie nur eines im Sinn haben: Ein schönes Leben ohne Verpflichtungen und Arbeit. Sie suchen ständig den Weg des geringsten Widerstands und das lässt sie sehr oberflächlich erscheinen. Es ist ein hartes Los, sich über 300 Seiten mit diesen Deppen rumschlagen zu müssen.»


    Was ich Dickie noch nicht einmal ankreide. Der ist von Beruf Sohn. Solche Leute sind mir nicht unbedingt sympathisch, aber es gibt sie nun mal. Je nach Elternhaus haben sie scheinbar nichts anderes vermittelt bekommen - so mein Eindruck. Dickie hat sozusagen das Paris Hilton-Gen.


    Bei Tom dagegen wundert es mich etwas. Ist er das, was man später als "Null-Bock-Generation" abgehakt hat? Ich würde auch gerne etwas über die Hintergründe erfahren (es wurde ja schon explizit danach gefragt) - aber wieviel von seinen Erinnerungen ist wahr und wieviel hat er sich auf seinem Selbsthass-Trip schlimmer geredet oder dazu phantasiert?


    Am Ende des achten Kapitels sagt Highsmith genau das über Tom, was ich auch über ihn denke:
    Tom beneidete ihn (Anm.: Dickie) mit einer herzzerbrechenden Mischung aus Habgier und Selbstmitleid.
    Alleine die Seite, auf der dieser Satz steht (bei Diogenes Seite 78), trieft nur so von Beispielen davon, dass Tom mit mehr Minderwertigkeitskomplexen beladen ist, als elfkommadrei durchschnittliche Mitmenschen zusammen.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • EDIT: Was mir noch speziell im Kopf hängenblieb:


    Die Szene, als Tom sich in Badehose an den Strand wagt, wäre in einer ganzen Reihe anderer Bücher fast schon als Slapstick durchgegangen oder als amüsante Note. Tom macht durch seine Unsicherheit und seine Minderwertigkeitskomplexe einen Spießrutenlauf daraus. Aber er kommt auch nicht zuvor auf die Idee, die Kleidung bis zum Strand anzubehalten statt unbekleidet durch die Straßen zu laufen.


    Er hat wirklich den Dreh raus, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hat jemand schon die anderen Ripley-Bücher gelesen??
    Vielleicht geben die etwas mehr Aufschluss.


    NtM

  • Zitat von "Nymphetamine"

    Edit:
    Das Perfekte Verbrechen:
    Es gehört nicht mehr Plan dazu, Tom ist mit einem Minimum an "Plan" ausgestattet und er versucht sich zum Teil mit ach und krach über die Runden zu bringen. Da kommt ein anderer Faktor zum tragen der hinlänglich als "Zufall" bekannt ist.


    Nur dass sein eigentlicher Plan ,

    Zitat

    nämlich Dickies Identität anzunehmen, ja am Ende doch nicht funktioniert. Seine Morde und Betrügereien werden zwar nicht entdeckt und Tom bleibt ein freier Mann, aber sein eigentliches Ziel hat er nicht erreicht. Zwar hat er Dickies Vermögen, muss aber dennoch wieder in seine eigene Haut schlüpfen, der er ja eigentlich entfliehen wollte.
    Und das "perfekte Verbrechen" sieht für mich nach wie vor anders aus. Zufall schön und gut. Das Verbrechen wird nicht aufgedeckt, aber "perfekt" definiere ich anders und da gehört für mich eben auch der Weg zum Ziel dazu. Was mit "mit ach und krach" in Verbindung gebracht wird, finde ich persönlich nicht gerade perfekt. ;)


    Bettina's Zitat finde ich auch sehr passend. Für mich hat Tom somit sein Ziel auf einer Seite erreicht, auf der anderen, die seine Persönlichkeit betrifft, aber gerade nicht.
    Wie Papyrus schon sagte: Eine tragische Figur.


    @ Bettina
    Auch die Szene aus deinem letzten Beitrag hast du sehr passend genannt. Die ist bei mir auch besonders hängengeblieben.

  • *Sternenstauner*
    Ich glaube wir haben da zwar etwas aneinander vorbei geschrieben, aber eine glückliche Lösung scheint sich dennoch abzuzeichnen.



    So kann ich mal ganz vorsichtig behaupten das jeder von uns etwas recht hat wenn er an seiner Vorstellung des "perfekten" festhält. (zumindest im Bezug auf dieses Buch, in anderen Bereichen bin ich viiiiiel zu anspruchsvoll) :rollen:


    Ich weis jetzt nicht ob ich dir die Freude machen soll?? Aber wenn ich´s mir so überlege ist es ein Lächeln von dir alle mal wert. Ich habe mir zwar nicht den ganzen Thread durchgelesen und weiß deswegen auch nicht ob die Meldung schon mal gefallen ist, aber dennoch will ich sie hier nicht unter den Tisch kehren.
    Wenn wir jetzt das hier gelesene Buch hinter uns lassen und uns den anderen Romanen rund um Tom zuwenden wird man feststellen das auch die Autorin selbst der Meinung war das es Das perfekte Verbrechen nicht gibt. Denn in einem der letzten Bücher der Ripley- Saga tauchen mit einem mal obskure Leute auf die nicht nur Behaupten, sondern auch Beweisen können was mit Dickie wirklich geschehen ist.
    Schreit ja geradezu danach gelesen zu werden!!



    Bettina
    Ich kann deinen Meldungen oben eigentlich nichts mehr hinzufügen außer das ich mich nicht wirklich so für die Charaktere interessiert habe. Für mich ging es einzig und alleine um die Machbarkeit des ganzen. Siehe oben. Denn würde man nun anfangen das Buch zu ziselieren würde man nicht nur der Autorin sondern auch der Geschichte unrecht tun. Und wie ihr beide schon richtig angedeutet habt, bei näherer Betrachtung würde nichts vom Buch außer zwei leeren Buchdeckeln übrig bleiben.


    Hätte ich nun meine Zynische Phase würde ich behaupten das Tom charakterlich wie auch emotional nichts anders als ein Narkoleptischer Klotz ist der innerhalb des Buches in die Rolle des Reaktionärs gedrängt wird. Immer nur warten was andere machen um sich schnell etwas einfallen zu lassen und somit fragliche Situation zu umschiffen. Auch die anderen Figuren des Buches sind ein Gräuel dahingehend da sie keine Richtigen Probleme haben und alles nur Schein und Staffage ist die sogar so weit reicht das man sich stellenweise in einem miesen Roman von Enid Blyton wähnt.
    Wie gesagt, "hätte" ich meine Zynische Phase...


    NtM