Irène Némirovsky - Suite française

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 5.959 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tina.

  • Ich muss gestehn ich weiß nicht so recht ob das Buch nun hier hineinpasst oder nich...


    Titel: Suite Francais
    Autor: Irène Némirovsky


    Allgemein:
    Gebundene Ausgabe: 544 Seiten, Knaus,
    22,90 €


    Meine Meinung und der Inhalt:
    Frankreich 1940- die Dt. Armee steht vor Paris. Die Menschen packen ihre Habseligkeiten und Flüchten.Gerade in dieser Schwierigen Zeit zeigen viele ihren wahren Charakter. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich ganz mit diesen Begebenheiten und zeigt durch die verschiedenen Personen die Schicksale vieler. Der Zweite Teil spielt ein Jahr danach. In einem Französischen Dorf ziehen die Deutschen Truppen ein. Langsam aber sicher gewöhnen sich die meisten an die Besatzer. Der zweite Teil konzentriert sich auf dieses Dorf und versucht aufzuzeigen, wie die Besatzer von vielen empfunden wurden.


    Leider hatte die Autorin nie Gelegenheit diesen, meiner Meinung nach, großartigen Roman fertigzustellen. 1942 wird die jüdische Katholikin Irène Némirovsky von den Nationalsozialisten nach Ausschwitz deportiert wo sie auch stirbt. Ihre Töchter konnten das halbfertige Manuskript das aus den 2 Veröffentlichten Kapiteln besteht retten. Allerdings wurde es erst 60 Jahre später als solches erkannt da angenommen wurde es handle sich nur um Notizen. In Frankreich hat Suite Francais den Prix Renaudot 2004 erhalten. (Als erster Roman überhaupt postum)

    Obwohl man hier also nur Teile eines Romanes lesen wird ist Suite Francais von mir absolut zu empfehlen. Der Stil, die Sprache alles passt so gut zusammen. Es liest sich flüssig ohne anspruchslos zu sein. Die Autorin bringt einem das Frankreich des 2.Weltkrieges näher, gerade auch durch das was sie nicht so sehr betont, die erzählt von den Menschen und nicht von den Greueltaten. So wie sie erzählt wird einem der Wahre Irsinn des Krieges erst bewusst und man ist zum Teil tief betroffen. Die Angst der Menschen scheint überall durch. Hier werden keine Helden beschrieben sondern Menschen die versuchen aus ihrer Situation das Beste zu machen.


    Leider bricht das Manuskript nach dem 2. Teil ab und so wird man nie erfahren was aus den Protagonisten wird. Die beigefügten Notizen der Autorin sollte man sich nicht entgehen lassen da man doch hier zumindest Anrissweise erfährt was Irène Némirovsky noch vorgehabt hatte.
    Irgendwie bleibt zwar ein unbefriedigtes Gefühl zurück aber doch ... ich bin froh das ich diesen tollen schönen wunderbaren Roman lesen durfte. Schade das er nie vollendet werden konnte...
    Für mich nocheinmal ein richtiges Highlight im ausgehenden Jahr


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    [size=1]EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah[/size]

  • Danke, @ Holden Caulfield für diese ausführliche, sehr schöne Rezension.


    Ich bin schon einige Male um das Buch herumgeschlichen und ich habe gar nicht gewusst, welches Schicksal die Autorin erlitten hat. Sie ist ja auch mit ihrem neuen Buch "Jesabel" momentan in aller Munde. Ich hätte sie für eine noch lebende Autorin gehalten.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo Holden Caulfield,


    vielen Dank für Deine Rezension, die einem das Buch richtiggehend schmackhaft macht... Ein Glück, dass ich es erst kürzlich in mein Regal aufnehmen konnte!
    Bei Gelegenheit schreibe ich dann vielleicht auch eine Rezension. :winken:


    Allerdings wollte ich Dich bitten, dass Du das fehlende E noch in den Titel des Threads einfügst - ist bei der Suchfunktion hilfreich! :zwinker:


    Schönen Gruß
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Auch von mir danke für die Rezension! Ich stolpere schon eine Weile immer wieder über dieses Buch und war mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Jetzt kommt es doch auf meinen Wunschzettel.

  • Juni, 1940. Vor den Toren von Paris steht die deutsche Armee. Anhand von einzelnen Personen/Familien – quer durch alle Gesellschaftsschichten - wird beschrieben, wie die Betroffenen panisch ihre Habseligkeiten zusammenpacken und fliehen. Die Leute reagieren ganz unterschiedlich auf die drohende Gefahr.


    Da ist z.B. die Familie Pericand, eine sehr angesehene, wohlhabende und fromme Familie. Als die ersten Bomben fallen zeigt die Mutter ihr ganzes Organisationstalent. Tafelgeschirr, Silberbesteck, Fahrräder und sämtliche Wertgegenstände werden verstaut und ein Konvoi mitsamt den Dienstboten verlässt Paris. Anders das bescheidene Ehepaar Michaud. Sie packen nur ihre wichtigsten Habseligkeiten zusammen und machen sich zu Fuß (die Züge sind längst übervoll) auf den Weg aus der Stadt. Dabei stoßen sie auf die Ärmsten der Gesellschaft, zeigen Mitgefühl und helfen, wo sie nur können.
    Auch der bekannte Schriftsteller Gabriel Corte muss sein prunkvolles Haus mitsamt dem liebgewonnenen Luxus verlassen. Für ihn stellt der Krieg eine „Störung seines Wohlbefindens“ dar. Allerdings sieht er keine Gefahr und ist sich sicher, dass ihm sein Bekanntheitsgrad sämtliche Türen öffnen wird und er auch die Obrigkeiten für seine Zwecke einsetzen kann. Unwirsch und rücksichtslos macht er sich lustig über den „Pöbel“, der durch die Straßen von Paris flüchtet, ehe er eines Besseren belehrt wird ….


    Irene Nemirovsky beleuchtet ein breites Spektrum von Charakteren angesichts der Bedrohung der deutschen Armee, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Menschliche Abgründe, motiviert von Egoismus, Neid und Hass stehen aber einer unendlichen Menschlichkeit, Einfühlvermögen, Hilfsbereitschaft, Verzweiflung und Demut gegenüber.


    Während sich der erste Teil des Buches mit den Konsequenzen rund um den Einmarsch der deutschen Truppen im Juni 1940 beschäftigt, so steht im Mittelpunkt des zweiten Teiles ein von Deutschen besetztes französisches Dorf im Sommer 1941. In jedem Haus ist ein Soldat stationiert und hat sich die Bevölkerung damit zu arrangieren. Die Gefühle den „Feinden“ gegenüber schwanken zwischen Hass, Ablehnung, Rache, aber auch Wohlwollen, Zuneigung, sogar Liebe. Es ist sehr beachtlich und beeindruckend zu lesen, dass Nemirovsky – als Jüdin - hier keine Wertung vornimmt. Dass es keine „Guten“ und keine „Bösen“ gibt und sie zum Teil sehr hart und schonungslos mit ihren französischen Landsmännern ins Gericht geht.


    Das Buch wäre als 5-teiliges Werk geplant gewesen, leider konnte Irene Nemirovksy nur 2 Teile fertigstellen. Sie starb im August 1942 in Auschwitz. Das Manuskript zu „Suite Francaise“ wurde von ihren Töchtern gerettet, entziffert und veröffentlicht. Im Anhang des Buches angeschlossene Tagebuchaufzeichnungen und Notizen zu „Suite Francaise“ geben einen eindrucksvollen Einblick in ihr Vorhaben, ihre Motivation zu diesem wahrlichen Meisterwerk und den geplanten Inhalt der weiteren 3 Teile. Ebenfalls angeschlossen ist ein Konvolut an Korrespondenz in den Jahren 1936 bis 1945 sowie ein sehr berührender Aufsatz über das Leben der Irene Nemirovsky, verfasst von Myriam Anissimov.


    Ein ganz beachtliches, großartiges Buch, ein außergewöhnliches Sittengemälde, wohl mein Highlight 2007!


    5ratten:tipp:


    Das Buch ist mittlerweile auch als TB erschienen:


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Nur so nebenbei: Kann mal jemand den Titel ändern in:


    Suite française


    (Sprich: Wie auf dem Buchtitel - kleines "f" am Anfang von "française" und in der Mitte des Worts ein "c" mit Cedille: ç)? Es dankt im voraus


    sandhofer
    ((fast) zweisprachig ;))

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Bemerkenswert ist an diesem Buch allein schon die Entstehungsgeschichte: als die Autorin 1942 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ins KZ verschleppt wurde, blieb das Manuskript in einem Koffer zurück, in dem es ihre beiden Töchter auf ihrer Odyssee durch Pflegefamilien und Pensionate begleitete und erst vor wenigen Jahren entdeckt und verlegt wurde.


    Paris 1940: Menschen aller sozialen Schichten sind auf der Flucht aus der Stadt, die von den Deutschen bombardiert wird. Beim eiligen Aufbruch in vollgepackten Autos, unterwegs auf überfüllten Straßen, in den Notquartieren spielen sich erschütternde, aber auch ganz banale Szenen ab. Eine vielköpfige Familie ist samt Kater und senilem Großvater unterwegs, ein reicher Bourgeois versucht verzweifelt sein wertvolles Geschirr zu retten, ein Schriftsteller seine Manuskripte, ein älteres Ehepaar soll der Bank folgen, bei der es arbeitet und die nun umsiedelt, weil es in Paris zu gefährlich geworden ist.


    In präzise beobachteten Szenen berichtet der erste Teil des Buches über diese Menschen, in denen Benzin- und Nahrungsmittelknappheit, die drangvolle Enge der Notunterkünfte und die Angst um Angehörige an der Front oder in Gefangenschaft zu extremen menschlichen Regungen führen.


    Im zweiten Teil schildert Irène Némirovsky die Besetzung eines Dorfes durch die Deutschen und wie die Bevölkerung mit der Besatzungsmacht umgeht - durchaus nicht nur voller Hass und Abneigung, viele versuchen sich zu arrangieren, man geht Tauschgeschäfte ein, versucht, miteinander auszukommen, andere lassen sich gar auf Liebeleien ein ...


    Ergänzt ist dieses detailreiche Tableau Frankreichs im 2. Weltkrieg durch Auszüge aus den Notizen der Autorin zur Entstehung des Buches, Korrespondenz von und über Irène Némirovsky (insbesondere während der verzweifelten Suche ihres Mannes nach ihrem Verbleib) und ein aufschlussreiches Nachwort zu ihrer Biographie und der Entstehungsgeschichte des Buches.


    Angelegt war das Werk auf fünf Teile, von denen leider nur der erste ganz und der zweite teilweise vollendet wurde. Es macht mich betroffen und gleichzeitig wütend, dass diese begabte Frau ihr großartiges Werk nicht beenden durfte und in Auschwitz ermordet wurde.


    Aus diesem Buch spricht jedoch kein Hass auf die Deutschen, auf die Nazis, die jungen deutschen Soldaten im zweiten Teil werden im Gegenteil sehr menschlich geschildert, nicht als gesichtslose Horde von Barbaren. Ebensowenig sind die Franzosen durch die Bank die Guten, die Opfer. Überhaupt versteht es die Autorin unglaublich gut, Menschen mit aller Ambivalenz in ihrem Verhalten, ihren Gefühlen, ihren Beweggründen zu beschreiben, ohne pathetisch zu werden, ohne mit erhobenem Zeigefinger zu werten.


    In wunderschöner Sprache und mit stilistischer Leichtigkeit trotz des ernsten Themas hat mich dieses Buch völlig in seinen Bann gezogen. Ein eindrucksvolles Werk. Unglaublich schade, dass es unvollendet bleiben musste.


    5ratten :tipp:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Oh, ich hab mir das Buch letztes Jahr gekauft und bis heute nicht gelesen! Ihr seid super, da hab ich ja gleich Nachholbedarf!!!

    Einmal editiert, zuletzt von cori ()

  • Nichts wie ran, für mich ist Némirovsky eines der ganz großen Highlights des Jahres.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das klingt so schön - schon wieder Futter für meine Wunschliste *seufz* :rollen:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Habe gerade gesehen, dass sie ja schon ziemlich viel geschrieben hat.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Ich habe heute dieses Buch, welches ich vor ein paar Wochen nach den ersten beiden Kapitel zur Seite legte, weil mir die Konzentration dazu fehlte, wieder zur Hand genommen und in einem Rutsch die ersten 8 Kapitel gelesen.
    Die Personen, welche Irène Némirovsky schildert, wirken so real, dass ich mich immer wieder daran erinnern muss, dass sie Fiktion sind. Ich denke dieser Eindruck kommt daher, dass die Autorin zwar diese Figuren erfand, jedoch beim Schreiben bestimmt die ein oder andere Person vor Augen hatte, die sie kannte. Sie hat diese Zeit erlebt (leider nicht lange) und liefert in sofern ein sehr realistisches Bild vom Paris, kurz vor der Besetzung durch die Nazis.
    Für mich, die zum Glück niemals Krieg kennen lernte, unvorstellbar, wie es sein muss, von heute auf morgen alles stehen und liegen zu lassen und die Heimat mit dem wichtigsten was man hat zu verlassen.
    Eindrucksvoll beschrieben fand ich die Situation am Bahnhof, dass die Gitter geschlossen waren und die Leute keine Möglichkeiten hatten, mit dem Zug die Stadt zu verlassen.
    Das alles eingebettet in einen warmen Sommer in Paris, der so gar nicht zu dem Grauen passen mag, welches sich auf die Stadt zubewegt.

  • Den ersten Teil habe ich beendet und es ist erschreckend in zweierlei Hinsicht. Einmal, dass die Flucht der Menschen aus Paris, an sich real ist, und zum anderen, dass trotz der schlimmen Situation, die Menschheit nichts dazu lernt. Nett bleibt nett und Kotzbrocken bleibt Kotzbrocken. Da sieht man mal wieder, dass auch unter solchen extremen Umständen die arroganten, neureichen Snobs, kein bisschen bescheiden oder mitfühlend werden. Die wird an den eigenen Vorteil gedacht und man geht über Leichen.


    Ich bin nun gespannt, wie sich das alltägliche Leben der französischen Bevölkerung unter der deutschen Besatzung verändern wird. Ich muss mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass dies kein historischer Roman ist, sondern die Geschichte aus der Zeit handelt, als meine Mama 9 Jahre alt war.

  • Irène Némirovsky - Suite française

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    OT: Suite française
    OA: 2004
    512 Seiten
    ISBN: 978-3813502602


    Inhalt:
    Das Manuskript für dieses Buch lag 60 Jahre lang in einem Koffer und wurde von den Kindern der Autorin durch die fürchterlichen Zeiten des 2. Weltkrieges gerettet. Die jüdische Schriftstellerin konnte dieses Buch niemals beenden, da sie 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde.
    »Suite française« erzählt mitten aus dem Krieg – als sei die Zeit angehalten. Der erste Teil »Sturm im Juni« schildert die Zeit im Sommer 1940, als die deutsche Armee vor Paris steht und die Bewohner fluchtartig die Stadt verlassen. Der zweite Teil »Dolce« spielt 1942 in einem von den Deutschen besetzten Dorf in der Provinz.


    Eigene Meinung:
    Ich habe dieses Buch begonnen und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Ursprünglich waren, wie bei einer musikalischen Suite, 5 Teile geplant, doch Irène Némirovsky schaffte es leider nur zwei Teile zu schreiben. Auch nach den 512 Seiten, aus welchen dieser Roman besteht, hätte ich noch weitere 500 lesen können, ohne dass es mir zuviel geworden wäre. Anhand der Notizen im Anhang, kann man erahnen, was noch hätte aus diesem Roman werden können.


    Der erste Teil handelt 1940 und beschreibt die Flucht Pariser Familien auf das Land, als die Nazis vor den Toren Paris stehen. Dieser Teil erscheint auf den ersten Blick ein wenig zusammenhangslos, denn von Kapitel zu Kapitel wird von einer anderen Familie, anderen Menschen und ihrer Flucht berichtet, bis zu dem Zeitpunkt, als sie teilweise wieder nach Paris zurückkehren.
    Im zweiten Teil jedoch erkennt man, dass dieser auf diesem ersten aufbaut, denn die Protagonisten dort, stehen in direktem Zusammenhang mit dem Dorf, in welchem sich dieser Part der Geschichte zuträgt.


    Dass Irène Némirovsky eine hervorragende Schriftstellerin war, erkannt man schon nach den ersten gelesenen Seiten. Ihre Beschreibungen der Menschen, belegen, dass sie eine gute Beobachterin war und die Eigenheiten und Charaktere der Menschen gut einzufangen verstand. Auch die Atmosphäre auf den Straßen der Flüchtlinge, so wie später der Sommer in dem Dorf, ist so dicht, dass man sie mit allen Sinneseindrücken aufnehmen kann. Hier werden Farben, Gerüche, Geräusche - auch die dezentesten - zu Papier gebracht, welche in ihrer Intensität, einer Erinnerung nahekommen.
    Die Beschreibungen der Dorfbewohner, so wie der Deutschen sind kritisch und realistisch aber mann kann keinen Hass der Schriftstellerin auf die deutschen Soldaten erkennen. Die Autorin unterscheidet nicht zwischen Deutschen und Franzosen - sie unterscheidet zwischen Mensch und Mensch. Ihre Charakterisierungen basieren nicht auf Nationalität, sondern auf Trauer, Mitgefühl, Verlust, Heimat, Fremde, Freundschaft und auch Liebe. Aber auch die hässlichen Seiten kommen zu Tage: Neid, Verrat, Scham, Hass, Furcht und Egoismus.


    Dennoch, obwohl nicht beendet, ist dieses Buch ein beeindruckendes Zeitzeugen-Dokument der Zeit des zweiten Weltkrieges in Frankreich. Einem Land, welches unter der Besetzung durch die Nazis litt und blutete. Irène Némirovsky erzählt mit Empathie und Verständnis, nicht nur für ihre Landsleute, sondern auch den deutschen Soldaten gegenüber, die in diesen Krieg geworfen wurden. Immer wieder erwähnt sie die eigentlichen Berufe der Soldaten, vom Schlosser, bis zum Landschaftsgärtner und Musiker. Sie zeigt inmitten des Krieges die Menschlichkeit, im schlechten aber auch im Guten und setzt somit einen Streifen Hoffnung an den Horizont dieser fürchterlichen Gesellschaft, dass nicht alle schlecht sind.
    Perverserweise wurde die Autorin kurz nach beenden dieses Kapitels verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo sie von den Deutschen getötet wurde. Dieses Wissen schnürt einem beim Lesen die Kehle zu.
    Auch wenn die Nazis Irène Némirovsky ermordeten, so schafften sie nicht, den Geist dieser Frau zu zerstören, welcher in diesem Werk, seine Unsterblichkeit entfaltet.


    5ratten + :tipp:

  • Es freut mich total das Du nun doch noch die Muse gefunden hast Dich in Ruhe mit diesem Roman zu beschäftigen. :) Ich muss endlich mal wieder etwas von ihr lesen. Irgendwie nehm ich mir das schon seit Jahren vor, es war wohl einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür.