Iain M. Banks - Consider Phlebas

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 3.028 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Es herrscht Krieg in der Galaxis. Die religiös-fanatischen Idiraner (eine drei Meter große, dreibeinige Spezies mit partiellem Exoskelett) kämpfen gegen die hedonistische, technologisch hoch entwickelte und "heterokratisch" organisierte Kultur, einem Zusammenschluss verschiedenster humanoider Spezies. In diesem Konflikt geschieht es nun, dass ein "Mind" - ein elektronischer Geist - von bisher unbekannter Komplexität versucht, sich aus der Galaxis zurückzuziehen, dabei wird er von einem idiranischen Schiff angegriffen und weiß sich nur zu helfen, indem er sich selbst auf den nahe gelegenen Planeten Schar's World transferiert. Von dort kann er allerdings nicht so leicht wieder zurückgeholt werden, denn Schar's World ist einer der "Planets of the Death", unbevölkerte Planeten mit kriegerischer Vergangenheit, die von der rein energetischen Superspezies der Dra'Azon vor allen anderen Lebewesen abgeschirmt werden, die sich mit gewaltsamen Absichten dem Planeten nähern. Nur einzelne Angehörige politisch unbedeutender und neutraler Spezies werden dort geduldet. Eine solche Spezies sind die "Changer". Daher verfällt der idiranische Kriegsrat auf die naheliegende Idee, den in ihren Diensten stehenden "Changer" Bora Horza Gobuchul nach Schar's World zu schicken, um das "Mind" von dort zu holen und es den Idiranern auszuliefern.
    Natürlich geht alles schief, Gora Horza Gobuchul gerät in die Hände skrupelloser Söldner und muss mit ihnen erst auf eine Reihe erfolgloser Raubzüge gehen, bevor er eine Gelegenheit hat, seine formwandlerischen Fähigkeiten einzusetzen und den Kapitän des Söldnerschiffes zu ersetzen. Mit der verbliebenen Crew und einer gefangenen Geheimagentin der Kultur macht sich Horza auf nach Schar's World. Doch leider hat der Dra'Azon (aus welchen Gründen auch immer) den Planeten nicht gut genug abgeschirmt. "THERE IS DEATH HERE," warnt er Horza und tatsächlich ist das versprengte Häuflein uneiniger Söldner nicht der erste ungebetene Besuch auf Schar's Wolrd.


    Das hört sich jetzt bescheuerter an als es im Grunde ist. Ganz klar: Iain M. Banks, der ohne sein Mittelinitial auch Nicht-SF-Romane schreibt, entwirft hier einen Space-Opera-Plot erster Kajüte - mit allen dazugehörigen Nachteilen. Es gibt unendlich viele spektakuläre Baller- und Katastrophenszenen, nicht immer wird deutlich, wofür Banks sie alle braucht - auf das Kapitel "Temple of Light" hätte man etwa meiner bescheidenen Meinung nach vollständig verzichten können. Auch treten eine Menge interessanter Spezies auf, deren Handeln und Motivation aber nicht immer sehr gut beleuchtet wird (bestes Beispiel hierfür sind die Dra'Azon, die sich doch nicht als so grundsätzliche Gewaltverhinderer erweisen, als die sie für die Kohärenz des Plots eigentlich gebraucht würden).


    Aber ein bisschen mehr ist schon dran an "Consider Phlebas", denn in der vorderhand etwas sinnlos episch breiten Auswalzung dieser Kriegshandlungen en miniature schafft Banks es zum einen eine klare Zuordnung von Gut und Böse zu unterlaufen. Als Leser fragt man sich eigentlich bis zum Schluss, auf wessen Seite man stehen sollte. Banks bringt einen mit seiner unmittelbaren und personalisierten Art der Erzählung in eine sehr ambivalente Situation: Irgendwie kann man alle beteiligten Seiten verstehen. Der auktoriale Erzähler ist stark zurückgenommen und wird manchmal fast personal, sehr nahe an den Figuren, die natürlich für alles, was sie tun, gute Gründe haben oder zu haben glauben.
    Außerdem sind die ganzen gewaltsamen Handlungen nicht auf ein wirkliches Ziel hin geschürzt. Die Figuren wursteln sich eher so mit mehr oder weniger erschütterlichen Überzeugungen durch die Gefahrensituationen, sind aber meistens damit beschäftigt, sich - wenig strahlend - aus überhaupt nicht oder völlig fehlgeplanten Szenarien mit heiler Haut zu befreien, was erwartbar einem guten Teil des Personals nicht gelingt. Natürlich steht am Ende der Wunsch, das "Mind" in seine gewalt zu bringen, doch die Geschehnisse auf Schar's World lassen dieses Ziel dann doch wieder ganz weit in den Hintergrund geraten.


    Das ist eigentlich nicht schlecht gedacht von Mr Banks, gerät aber doch an vielen Stellen etwas beliebig und unnötig langatmig. Auch wirkt der angefügte Anhang, in dem Details über die kriegführenden Gesellschaften und den Verlauf des Krieges referiert werden, reichlich unelegant und wie Stückwerk, das nicht in die Diegese hat eingewoben werden können - aus welchen Gründen, sei dahingestellt.
    Ich habe trotz des interessanten Erzählstils nicht so schnell vor ein weiteres Buch aus der losen Folge des "Kultur"-Zyklus, dessen Auftakt "Consider Phlebas" bildet, zur Hand zu nehmen, wenn Banks auch sicher nicht für alle Zeit von meiner Leseliste gestrichen ist.


    Es fehlt bei diesem Buch für mein Empfinden ganz klar am Handwerk. Die Idee ist da und gut, die Umsetzung schlottert aber auch an Stellen, an denen sie es aus sich selbst heraus nicht sollte und lässt in der reinen Konstruktion, nicht im Handlungsverlauf zu viele Fragen offen.

  • Hallo!


    Ich schliesse mich diesem Urteil uneingeschränkt an. Banks' Stil ist einmalig, aber leider fehlte mir bei diesem (wie auch bei einigen anderen) Kulturromanen der rote Faden. Dass ich trotzdem immer wieder zu den Büchern mit dem M. in der Mitte greife liegt daran, dass ich in die opulenten Welten der Kultur einfach abtauchen kann, ohne groß darüber nachzudenken. Trotzdem bin ich immer wieder aufs Neue fasziniert davon, was sich Banks für die jeweilige Erzählung wieder ausdenkt. Man kann diese Bücher nicht mal eben lesen, man muss Banks und seine Art zu schreiben wirklich mögen, ansonsten wird man mit der Kulturreihe keinen Spaß haben.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das Buch hat bei mir einen sehr ambivalenten Gesamteindruck hinterlassen und entliess mich am Schluss doch eher ratlos. Nachdem ich mit Kriegsszenarien an sich sowieso nicht viel anfangen kann, hatte ich auch keine allzu große Muße, mich in die mir sehr wirr erscheinende Story richtig rein zu denken. So habe ich das Buch eher widerwillig gelesen und beendet.


    Daher kann ich Bartleboth größtenteils nur zustimmen und muss nicht mehr dazu sagen...


    Iain Banks war (mit oder ohne "M") noch nie mein Autor und er hat mich auch diesmal nicht überzeugt. Bei mir wird es wahrscheinlich sehr lange dauern, bis ich wieder an ein Buch von ihm gehe, dafür ist mein SuB einfach zu hoch...


    --Haddock

  • Meine zweite Meinung
    Beim zweiten Lesen habe ich mich auf Bora Horza Gobuchul konzentriert. Unabhängig von der fantastischen Geschichte, die sich um ihn herum abspielt: er ist ein Mann, der immer mehr von seinem Beruf angeekelt ist. Als Wandler nimmt er nicht nur ständig andere Gestalten an: er nimmt auch immer ein bisschen von der Persönlichkeit der Person auf, in die er sich gerade verwandelt. Das macht ihm immer mehr zu schaffen. Er ist müde von den vielen Verwandlungen und von dem Krieg, der sich schon jahrtausendelang hinzieht. Er würde am liebsten aussteigen, aber als Wandler ist er von allen Kulturen wenig geliebt.


    Sein aktueller Auftrag führt ihn nach Schars Welt, wo er herkommt und wo Freunde (sofern man das von Wandlern sagen kann) von ihm leben. Aber es ist keine glückliche Heimkehr, denn in Schars Welt ist nichts, nur der Tod. Gerade diesen Teil hat Iain M. Banks sehr gut beschrieben. Davor war die Geschichte teilweise etwas verworren und unnötig ausführlich. Schars Welt ist strukturierter und knapper gehalten, das gefällt mir besser.


    Beim zweiten Lesen hat mir Bedenke Phlebas deutlich besser gefallen als beim ersten Mal.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine dritte Meinung

    Beim dritten Lesen hat mich Consider Phlebas endgültig überzeugt. Dieses Mal standen für mich die Unterschiede zwischen Kultur und Idiraner im Vordergrund. Iain M. Banks erzählt die Geschichte hauptsächlich durch Horza und so zeigt Banks auch die Kultur: hochtechnisiert, aber auch überheblich, wenig empathisch und egoistisch. Die Dronen fand ich amüsant, manchmal aber auch überzogen. Ich kann die Bücher immer wieder lesen und entdecke jedes Mal etwas Neues. Das macht für mich eine gute Reihe aus.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Iain M. Banks, Consider Phlebas“ zu „Iain M. Banks - Consider Phlebas“ geändert.