William Boyd - Unser Mann in Afrika

  • ISBN: 3-499-13459-4


    Kurzbeschreibung
    Als Botschaftssekretär Ihrer Majestät im westafrikanischen Kinjanja soll Morgan Leafy die kulturelle Souveränität der ehemaligen Kolonialherren repräsentieren. Doch Morgan ist nicht gerade ein diplomatisches Naturtalent: Als aufrechter Brite verfängt er sich hoffnungslos in den Fallstricken der korrupten Lokalpolitik. Die zarte Romanze mit Priscilla, der attraktiven Tochter seines Chefs, findet ein rasches Ende. Schließlich taucht auch noch eine Leiche auf, die Morgen partout nicht wieder los wird.


    Meine Eindrücke
    Morgan Leafy hat als Botschaftssekretär keine leichte Aufgabe. Der Konsul Fanshawe behandelt ihn wie einen Bediensteten, seine einheimische Geliebte Hazel lässt die erwünschte Monogamie vermissen und der einheimische Politiker Adekunle spannt ihn mit einer Erpessung für seine Zwecke ein: Ausgerechnet den ihm so unsympatischen schottischen Arzt Dr. Murray soll er bestechen. Das Buch bringt den Leser im ersten Teil auf die Höhe der Geschehnisse; ein zweiter Teil erlaubt einen Rückblick in die Vorgeschichte und der dritte Teil erzählt den aktuellen Erzählstrang zu Ende.


    Die Idee, die vermeintlich steifen Engländer in einem afrikanischen Land gegen die lokalen Gepflogeneheiten antreten zu lassen, gefiel mir auf Anhieb. In dem Aufeinandertreffen der Kulturen hätte genug Witz gesteckt, um einzelne Protagonisten unbekümmert auflaufen zu lassen. Irgendwie ist der Kniff aber nicht gelungen. Ich habe mich selten so durch ein Buch gequält. "Hinreißend komisch" (The Times) fand ich es nicht. Vielleicht stimmt es ja für die Verfilmung, die ich allerdings nicht kenne. Sollte diese mir über den Weg laufen: Der gebe ich vielleicht eine zweite Chance.


    Im Buch jedoch dominiert ein missmutiger Leafy, der kein bisschen aufrechter Brite ist, wie der Klappentext schreibt. Er kommt als selbstgefälliger und kurzsichtiger Mensch rüber, der seine persönlichen Angelegenheiten immer nur zu seiner Unzufriedenheit regelt. Die Affären, die er hat oder haben möchte, scheinen aus purer Langeweile nötig zu sein und sind dementsprechend farblos. Der Politiker Adekunle erpresst ihn mit der Affäre mit seiner Ehefrau und Leafy hat ein weiteres Mal damit zu tun, sich in Umwohlsein zu winden und um sich selbst zu fürchten. Dabei ist Leafy keinen Deut besser als der Konsul selbst, der sich spätestens beim Unfalltod seiner einheimischen Angestellten Innocence als unsympathischer Ignorant entpuppt - er weigert sich schlicht, die einheimischen Traditionen bei solchen Todesfällen zu respektieren und bringt Leafy (der sich stumpfsinnig einspannen lässt) und sich unüberlegt in die Bredouille.


    Einzig Dr. Murray, der zwei Drittel des Buches als sturer und verständnisloser Esel dargestellt wird, ist in Wirklichkeit ein Mensch, der sich mit seinem Lebensraum wesentlich gelassener arrangiert hat als der gesamte Rest der Protagonisten. Dabei bleibt Murray aufrecht und gnadenlos ehrlich, viel europäischer als die Figuren, die uns der Verlag als solche verkaufen will. Vielleicht ist das das Problem des Buchs: Der Klischee-Schotte kommt im Land besser zurecht als das mit sich unzufriedene und selbstverliebte Konsulatspersonal, das bei der erstbesten Gelegenheit in sich selbst zusammen fällt und außerstande ist, im fremden Land zurecht zu kommen. Humorig fand ich das Buch leider nicht, auf mich wirkte es frustriert und frustrierend.


    1ratten

    Ein P.S.:

    Das Buch wurde 1994 verfilmt, unter anderem mit Sean Connery, weil andere es lustiger fanden als ich.
    Die Infos zum Film in der IMDB.

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