Theodor Fontane - L'Adultera

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    Inhaltsangabe
    Erzählt wird die Geschichte der jungen, schönen Melanie van der Straaten, geborene de Caparoux, einer Genferin, die mit etwa siebzehn Jahren den sehr viel älteren Berliner Geschäftsmann Ezechiel van der Straaten geheiratet hat. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen. Die ältere, Lydia, gilt als Abbild der Mutter, dunkel, schlank und schön, ist aber im Gegensatz zu dieser immer ernst und nachdenklich. Heth, das verwöhnte Nesthäkchen, sieht dagegen dem Vater ähnlich, hat aber das Lachen und die Fahrigkeit der Mutter geerbt. Beinahe zur Familie gehören ferner Friederike Sawatzki von Sawat, genannt Sattlerin von der Hölle, ein verwachsenes altes Fräulein, das die besondere Vertraute Melanies ist, sowie die Klavierlehrerin Anastasia Schmidt. Beide werden Frühjahr um Frühjahr aufgefordert, mit Melanie und ihren Töchtern in die Tiergartenvilla hinauszuziehen, in der man den Sommer über lebt.


    Die Situation könnte idyllisch sein, doch Melanie leidet unter zwei Eigenschaften ihres Mannes: Erstens kann er als typischer Berliner nicht mit Bemerkungen zurückhalten, die Melanie insbesondere in Gesellschaft als peinlich und ungezogen empfindet, zum anderen quält er sie, obwohl dazu zunächst keinerlei Anlass besteht, häufig mit seiner Eifersucht bzw. der Vorhersage, sie werde ihm, weil dies so in seiner Familie liege, eines Tages bestimmt untreu werden.


    Genau mit diesem Motiv setzt die Erzählung denn auch ein. Ezechiel hat sich eine Kopie eines Tintorettobildes mit dem Titel „L’Adultera“ ("Die Ehebrecherin") anfertigen lassen, das nun fertig ist und geliefert wird. Melanie zeigt mit der dargestellten Sünderin Mitleid und stellt fest, diese habe zwar geweint, aber bestimmt nicht, weil sie ihre Schuld wirklich einsehe, sondern nur, weil ihre Umgebung ihr wieder und wieder gesagt habe, wie schlecht sie sei. Die Motivwahl befremdet sie allerdings, und Ezechiel erklärt hierauf, er habe sich das Bild als eine Mahnung kopieren lassen, um sich an den Gedanken an sein zukünftiges Schicksal zu gewöhnen. Umgehen lasse dieses Schicksal sich sicher nicht, nicht einmal, wenn er seine Gattin einmauern lasse. Melanie, wie sich denken lässt, ist von dieser Vorhersage und Unterstellung alles andere als erbaut und findet insbesondere auch die Vorstellung, dass Besucher sich ihre Gedanken zum Motiv des Bildes machen könnten, unerfreulich, tut das Ganze aber schließlich als eine Laune ihres Gatten ab.


    Im Frühsommer des gleichen Jahres soll sich der Hausstand um einen Logiergast erweitern. Ezechiel van der Straaten hat sich bereit erklärt, den Sohn eines Frankfurter Geschäftsfreundes, der lange im Ausland war und nun eine Bankfiliale in Berlin gründen möchte, unter seinem Dach aufzunehmen. Melanie, mit diesem Plan konfrontiert, reagiert skeptisch, ist dann jedoch von der Fotografie des ordensgeschmückten jungen Ebenezer Rubehn derart angetan, dass sie im Gespräch kurz darauf gleich das Wort „Hausfreund“ fallen lässt.


    Rubehn präsentiert sich ihr eines Vormittags in der Tiergartenvilla und zeigt sich gleich als das völlige Gegenteil des ungehobelten van der Straaten. Insbesondere erweist er sich – Anastasia spielt eben auf dem Flügel - als musikalisch und als Wagneranhänger wie Melanie selbst. Während er die volle Zustimmung der Erwachsenen findet und um einen baldigen erneuten Besuch gebeten wird, steht Lydia, die sich verhält, „als sähe sie in die Zukunft“, ihm ablehnend gegenüber und hat Tränen in den Augen, als sie nach ihren Eindrücken befragt wird. Nur zu Recht, denn bald kommen sich ihre Mutter und der junge Bankier näher, und im darauf folgenden Winter zeigt es sich, dass Melanie schwanger ist.


    In dieser Situation sieht sie nur eine Möglichkeit: Flucht aus dem Hause van der Straatens und ein neues Leben mit Ebenezer Rubehn. Unter Beihilfe der alten Dienerin Christel, die noch alles mögliche versucht, um ihre Herrin zu überzeugen, diesen Schritt nicht zu tun, packt sie das Nötigste ein, um im Schutz der Nacht das Haus zu verlassen. Doch kaum hat sie Christel überzeugt, dass ihr Fall anders liegt als der Präzedenzfall einer in die Krise geratenen und wieder geretteten Ehe, von dem die Dienerin erzählt hat, steht sie auch noch ihrem Mann gegenüber und muss auch diesem ihre Argumente darlegen. Ezechiel, um Fassung bemüht, verspricht sogar, das Kind Ebenezers wie sein eigenes zu halten und den Ehebruch seiner Frau zu decken, wenn sie nur bleibt. Melanie aber sieht in einem offenen und ehrlichen Schnitt die einzige Möglichkeit, weiterzuexistieren. Sie weigert sich, noch einen letzten Blick auf ihre schlafenden Töchter zu werfen, und verlässt ihr bisheriges Heim.


    Mit Ebenezer Rubehn begibt sie sich zunächst auf Reisen, sehr geplagt von Depressionen, die erst etwas nachlassen, nachdem die Scheidung von van der Straaten ausgesprochen und die Eheschließung mit Rubehn vollzogen ist. In Venedig schließlich bringt sie, unter dem Glockenläuten der Kirche Santa Maria della Salute, von der schon früher in Berlin die Rede war, ihre dritte Tochter, Aninettchen, zur Welt.


    Wieder in Berlin eingetroffen, stellt sie fest, dass sie immerhin nicht vollkommen von der Gesellschaft verstoßen ist. Polizeirat Reiff z. B., ein alter Bekannter aus ihrer ersten Ehe, macht seine Aufwartung, und das bucklige Riekchen, zusammen mit ihrer Schwester Jakobine, fädelt sogar ein Wiedersehen mit den älteren Töchtern ein. Dieses aber gerät zum Fiasko. Melanie, den eigenen Kindern gegenüber unsicher, findet nicht gleich die richtigen Worte, begrüßt ausschließlich Heth als ihren süßen Liebling und muss miterleben, wie Lydia die kleine Schwester packt und mit einem bitteren „Wir haben keine Mutter mehr“ aus dem Zimmer bugsiert.


    Ebenezer, dem sie die Szene abends schildert, ist sichtlich abgelenkt und nicht geneigt, sich länger mit Lydias Reaktion zu beschäftigen. Es stellt sich heraus, dass er geschäftliche Sorgen hat, und wenig später muss das Bankhaus Rubehn tatsächlich den Bankrott erklären. Doch Melanie, entgegen den Erwartungen ihres Mannes, sieht dies als Chance für einen Neubeginn. Auch die letzten Parallelen ihres jetzigen mit ihrem früheren Leben werden aufgegeben; man zieht in eine Mansardenwohnung, Ebenezer sucht sich eine Anstellung, Melanie selbst beginnt Musik- und Nachhilfestunden zu geben und die gerührte Gesellschaft, die bisher noch zum verlassenen Ezechiel van der Straaten gehalten hat, wendet ihre Gunst nach dieser Demonstration des Verzichts auf äußere Vorteile dem jungen Paar, das sich so liebt, wieder zu.


    Kleine Anmerkung
    L'Adultera ist Fontanes erster zeitgenössischer Gesellschaftsroman, nachdem er mit Vor dem Sturm einige Jahrzehnte in die Vergangenheit gegangen war. Zugleich ist es der erste der großen Frauenromane, die in Melanie van der Straaten eine erste durchaus würdige Vertreterin besitzt. Dass es der erste dieser Gesellschaftsromane ist, ist unverkennbar; kennt man bei der Lektüre der Novelle bereits einige andere der bekannten Gesellschaftserzählungen, so hat man bei L'Adultera beständig das Gefühl: Hier passiert sozusagen paradigmatisch dargestellt all das in einem einzigen Werk, was dann in (später entstandenen) Romanen und Erzählungen vereinzelt, hier und da, mal in dieser, mal in jener Gestalt wieder auftaucht. Daher kann es geschehen, dass einem die Geschichte in L'Adultera (immer vorausgesetzt, man kennt bereits eine Reihe anderer Fontanescher Gesellschaftsromane) zu weil ein wenig abgedroschen vorkommt; junge, hübsche Frau, erheblich älterer Ehemann, gut situiert, Gesellschaftsabende mit dem typischen Bekanntenkreis, Liebesaffäre, Ausbruch aus den gesellschaftlichen Konventionen - das kennen wir doch längst! Und gleichzeitig fehlt freilich noch das Meisterhafte einer Effi Briest.


    Man sollte die Novelle aber nicht verkennen. Sie mag ihre Schwächen haben, Fragen offen lassen, zuweilen gar einen Anflug an Kitsch gewärtigen - sie hat auch so manche Stärken. Vor allem sticht dabei die weibliche Hauptfigur ins Auge, Melanie van der Straaten, die mit ihrem Selbstbewusstsein, ihrer enorm sicheren, geradlinigen, immerzu auf Klarheit ausgerichteten Art besticht. Dies wird vor allem in der Szene im 16. Kapitel deutlich, als sie ihrem Noch-Ehemann verständlich zu machen versucht, dass sie fort muss, dass im Ehebruch sowie in der endgültigen Flucht aus dieser Ehe eine inneren Notwendigkeit liegt:


    "Ach, Ezel, ich spreche von Schuld und wieder Schuld, und es muss beinahe klingen, als sehnt' ich mich danach, eine büßenden Magdalena zu sein. Ich schäme mich ordentlich der großen Worte. Aber freilich, es gibt keine Lebenslagen, in denen man aus der Selbsttäuschung und dem Komödienspiel herauskäme. Wie steht es denn eigentlich? Ich will fort, nicht aus Schuld, sondern aus Stolz, und will fort, um mich vor mir selbst wieder herzustellen. Ich kann das kleine Gefühl nicht länger ertragen, das an aller Lüge haftet; ich will wieder klare Verhältnisse sehen und will wieder die Augen aufschlagen können. Und das kann ich nur, wenn ich gehe, wenn ich mich von dir trenne und mich offen und vor aller Welt zu meinem Tun bekenne. [...] Ich will wieder in Frieden mit mir selber leben, und wenn nicht in Frieden, so doch wenigstens ohne Zwiespalt und zweierlei Gesicht."
    Es schien, dass van der Straaten antworten wollte, aber sie litt es nicht und sagte: "Sage nicht nein. Es ist so und nicht anders. Ich will den Kopf wieder hochhalten und mich wieder fühlen lernen. Alles ist eitel Selbstgerechtigkeit. Und ich weiß auch, es wäre besser und selbstsuchtloser, ich bezwänge mich und bliebe, freilich immer vorausgesetzt, ich könnte mit einer Einkehr bei mir selbst beginnen. Mit Einkehr und mit Reue. Aber das kann ich nicht. Ich habe nur ein ganz äußerliches Schuldbewusstsein, und wo mein Kopf sich unterwirft, da protestiert mein Herz. Ich nenn' es selber ein störrisches Herz, und ich versuche keine Rechtfertigung. Aber es wird nicht anders durch mein Schelten und Schmähen. Und sieh, so hilft mir denn eines nur und reißt mich eines nur aus mir heraus: ein ganz neues Leben und in ihm das, was das erste vermissen ließ: Treue. [...]"
    [zitiert aus: Th. Fontane, "L'Adultera". dtv 1998, hg. v. Helmuth Nürnberger; S. 101f.]


    Mehr als viele - oder vielleicht gar im Gegensatz zu vielen - Frauengestalten Fontanes, entscheidet Melanie ganz allein über ihre Zukunft und ihr Schicksal, und sie verteidigt dieses einerseits gegen die lästernden Zungen der Gesellschaft, andererseits gegen das sie treffenden Unglück, als Rubehns Firma bankrott geht - und es gereicht ihr zum Glück, was bei Fontane selten genug ist.


    Im symbolischen Mittelpunkt des ganzes steht ein Gemälde: 'L'Adultera', das der Novelle zugleich den Namen gab. Im Roman wird es dem venezianischen Maler Tintoretto (um 1518-1594) zugeschrieben, der das Thema der Ehebrecherin in mehreren Bildern, die Fontane bekannt waren, aufgegriffen hat: "Der Titel 'L'Adultera' bezieht sich nicht auf meine Heldin, sondern auf eine berühmten Tintoretto dieses Namens, mit dem die Geschichte (im 2. Kapitel) beginnt und auf der letzten Seite schießt". [Fontane an Julius Grosser, 4.April 1880; In: Hanser Fontane IV, 3, S. 72f.]




    Zum Ehebruch-Motiv äußert Fontane sich detailliert in einem anderen Brief, diesmal an Eduard Engel:


    [...]Lassen Sie mich noch ein paar Worte sagen, wie ich selber zu der Frage stehe. Das sechste Gebot ist ein gebot so gut wie jedes andre und ist nicht dazu da gebrochen sondern gehalten zu werden. Das ist Paragraph eins. Indessen die Ehe wird hundert und tausendfältig unter Verhältnissen gebrochen, die dem schuldigen Theil zwar nicht Zustimmung aber doch nach längrer oder kürzrer Frist eine Verzeihung sichern. Diese in vielen Fällen eintretende Verzeihung, ist gerade so bestimmt eine sich täglich vor Augen stellende Thatsache, wie der Fehltritt selbst und der Roman- oder Novellenschreiber, dem, nach meiner Meinung vom Metier, nichts anderes obliegt als künstlerische Darstellung der Wirklichkeiten, hat mit der Thatsache des seitens der Gesellschaft ertheilten Pardons gerade so gut zu rechnen wie mit der Thatsache der voraufgegangenen Schuld. Er hat auch diesen Pardon zu verzeichnen und wird seine Aufgabe, namentlich einem so heiklen Punkt gegenüber, um so vollkommener lösen, je objektiver er verfährt. Dieser Objektivität hab ich nachgestrebt und habe, indem ich stets andre das Für und Wider durchdebattieren lasse, persönlich nirgens Partei ergriffen. Nur in der letzten Zeile geschieht es, ich weiß kaum selber gewollt oder nicht gewollt. Aber daß es geschieht, daß diese Zeile dasteht, ist mir lieb. Denn es ist dadurch das zum Ausdruck gekommen, was mein Herz in dieser delikaten Frage fühlt, und nach einem im Herzen der Gesellschaft immer lebendiger und mächtiger werdenden stillen Uebereinkommen auch fühlen darf. Dieser Satz lautet: ' Ehebruch ist Sünde, gewiß, aber unter Umständen (wobei jeder Einzelfall zu prüfen) eine läßliche Sünde.' Diesen Satz unterschreibe ich de tout mon coeur. Er ist stillschweigend Sitte geworden, und wenigstens ihm gegenüber (denn ich beuge mich nicht jeder Sitte) fühl ich keinen Beruf besser zu sein als meine Zeit. Im Gegentheil, es ist ein Glück aus dem todten Katechismus-Satz heraus zu sein. Respekt vor dem Gesetz, aber nicht vorm Rigorismus.
    [Fontane an Eduard Engel, 18.April 1882; Jahrbuch d. Deutschen Schillergesellschaft 28, 1984, S. 26ff.]


    Verwandtschaft mit Effi Briest (aus wikipedia)
    Motivisch ist L’Adultera eng mit Fontanes späterem und bekannterem Ehebruchsroman Effi Briest verwandt. Auch hier gibt es die junge Ehefrau, die geheiratet hat, ehe sie auch nur ansatzweise eine eigene Persönlichkeit entwickeln konnte, auch hier gibt es den sehr viel älteren Ehemann, der seiner jungen Gattin das Leben schwer macht, auch hier gibt es die missglückte Wiedersehensszene mit der verlassenen Tochter.


    Doch hier endet die Verwandtschaft. Einmal abgesehen davon, dass Fontanes Alterswerk Effi Briest gestalterisch sehr viel reicher und feiner durchkomponiert, detaillierter in der psychologischen Gestaltung und raffinierter in seiner Verweistechnik ist, gibt es auch inhaltliche Unterschiede. Effi, die in ihrem Liebhaber, dem verheirateten Major von Crampas, freilich auch keinen neuen Lebenspartner sehen kann wie Melanie in Ebenezer Rubehn, emanzipiert sich nicht, sie entscheidet sich nicht für den offenen Konflikt mit ihrem Gatten und der Gesellschaft, sondern ihr Schritt vom Wege wird durch einen Zufall entdeckt, als man ihn schon fast als „verjährt“ bezeichnen könnte, und führt zu ihrem Verderben.


    Obwohl sie, juristisch gesehen, an ihrem Schicksal selbst schuld ist, hat sie die volle Sympathie des Lesers, während ihr Gatte Innstetten, der sie durch Spukerzählungen zu „erziehen“ und von Fehltritten abzuhalten versucht hat, von einer Leserin zur Zeit Fontanes als „Ekel“ bezeichnet wurde. Mag dies auch eine zu einseitige Sichtweise auf den betrogenen Gatten sein, so muss man dennoch feststellen, dass Ezechiel van der Straaten die Gunst der Leserschaft leichter gewinnt als Innstetten. Er hat die Bonhomie und Humanität eines Treibel, schätzt wie dieser die Welt realistisch ein und begegnet seinem Schicksal infolgedessen mit einem zumindest scheinbaren Gleichmut, den die romantischer veranlagte Melanie für Oberflächlichkeit halten muss, der aber im Grunde einer vernünftigen Geisteshaltung entspricht. Mit ihm ließe es sich eigentlich, wie mit dem alten Briest, durchaus leben, zumal er seine Gattin nicht, wie Innstetten, in ein tristes hinterpommersches Provinzstädtchen verpflanzt und der Langeweile ausgeliefert hat, sondern ihr alles bietet, was sie nur erwarten kann. Umgekehrt erscheint Melanies „Zwangslage“ – so wird die Ehe einmal generell in Effi Briest bezeichnet – vor diesem Hintergrund als nicht so zwingend und einleuchtend wie die der lufthungrigen und abwechslungsbedürftigen Effi in Kessin. Mag man Melanies ehrliche und kompromisslose Haltung auch anerkennen, so wirkt doch andererseits das schon den Kitsch streifende Happy End von L’Adultera sehr viel weniger überzeugend als Effis trauriges Ende im Heliotropbeet.


    Andererseits ist Melanie van der Straaten wohl die einzige Frauenfigur Theodor Fontanes, die, entgegen den Gepflogenheiten ihrer Zeit, ihr Schicksal selber in die Hand nimmt und sich mit sämtlichen Konventionen, die sie einengen, überwirft.


    Persöndliche Rezeption:
    Habe noch nie so lange Zeit für ein Fontane Buch benötigt wie für diese rund 140 Seiten. Dies ist für mich ein klares Indiz, dass Fontane doch wesentlich bessere Bücher verfasst hat. Fand es teilweise nicht nur äusserst langweilig, sondern auch klischeeverliebt. Weiterhin hat Fontane den Hang gewisse Dinge so diskret auszudrücken, dass man wirklich äusserst konzentriet lesen muss, um keine wichtigen Details zu übersehen. Doch genau da liegt der Punkt, da die Spannung relativ verhalten ist, liest man automatisch oberflächlicher und so gehen einem manchmal Details verlohren, die essentiell sind. (z. B. dass Melanie von Rubehn schwanger ist, habe ich erst bei ihrem Abschied von Ezel erfahren...)
    Ansonsten ist der beliner Frauenroman allerdings sprachlich hochstehend und ein literarisches Meisterwerk.

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Hallo
    Kann mir jemand über L'Adultera helfen ?
    Ich soll einen Referat über die Sprache im L'Adultera schreiben.Aber Deutsch ist nicht meine Muttersprache, deshalb ist es mir ein bisschen schwer.Ich weiß nur, dass sehr viele Französische Wörter gibt.Kann mir jemand noch etwas über die Sprache im Buch sagen?

  • Spät, aber von Herzen ein Dankeschön an Nietzsche für diese wunderbare Rezension! :smile:
    Ich habe noch eine Frage: Rubehn ist doch ein Name, der deutlich auf einen jüdischen Zeitgenossen verweist.


    Ist "L´Adultera" deiner Ansicht nach - abgesehen davon, dass es ein Plädoyer für die eigenständige denkende und handelnde Frau ist - auch ein Plädoyer für die Emanzipation, auch die Akzeptanz des Judentums in der Gesellschaft?
    Wenn ich mich recht erinnere, hat man Fontane doch aufgrund eine Gedichtes auch antisemitische Tendenzen nachgesagt,
    dies hier scheint mir ein Gegenindiz zu sein oder liege ich falsch?
    Ich wäre sehr an deiner Meinung interessiert.


    Schöne Grüße Rosmerta