Tobias Wolff - Alte Schule

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  • Originaltitel: Old school


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    Inhalt:


    Eine Eliteschule an der amerikanischen Ostküste in den Sechziger Jahren. Der siebzehnjährige Ich-Erzähler ist ein Stipendiat von der Westküste, der sich in die Gemeinschaft der reichen Jungen einigermaßen einfügt. Er ist Publikationsleiter der Schülerzeitung, versteht sich leidlich gut mit seinem Zimmergenossen, wünscht sich Erfolg bei den Mädchen der benachbarten Mädchenschule.


    Um soweit zu kommen, erfindet er sich neu. Bald vergisst er, wer er eigentlich ist - bis er sein wahres Ich zufällig durch eine Erzählung wiederentdeckt. Diese Erzählung setzt etwas in ihm frei, das ihn nicht mehr loslässt und so schreibt er wie besessen sein Leben nieder. Er ahnt nicht, welche weitreichenden folgen dieser Akt für ihn und seine Schule haben wird.


    Neben diesem Erzählstrang stehen viele literarische Betrachtungen im Mittelpunkt, was dazu führte, dass meine Wunschliste noch länger wurde.


    Meine Meinung:


    Das war ein Roman nach meinem Geschmack!


    Endlich mal wieder ein Collegeroman, ein Roman über das Erwachsenwerden und über persönliche Niederlagen und Siege.


    Zudem liest man einiges über Hemingway, Ayn Rand, Robert Frost und andere Literaten der Zeit. Es ist angenehm, mal wieder etwas mit literarischen Anleihen zu lesen. Es war auch nicht schlimm, wenig über die AutorInnen zu wissen, weil Tobias Wolff viel erklärt, ohne zu langweilen.


    Es entsteht eine eigene Welt, die durch die Beschreibungen des Erzählers ausgestaltet ist. Man erlebt seine Ängste und Hoffnungen mit, wundert sich zwischendurch über seine Handlungen, begreift sie zu einem späteren Zeitpunkt und ergibt sich der Unausweichbarkeit der Entwicklung.


    Das Ende verschiebt den Schwerpunkt vom Erzähler zu der Lebensgeschichte des Dekans, was eine zusätzliche Qualität in die Geschichte bringt. Letztendlich hat doch jeder seine Geheimnisse...


    Unterhaltung auf hohem Niveau! :klatschen:


    4ratten

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

  • Super, dazu hatte ich mir ja eine Rezi gewünscht und ich denke, somit wird das Buch definitiv demnächst in meinem Einkaufskorb landen :zwinker:

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob das wirklich ein Roman ist. Ähnlich wie bei Wolffs anderen Büchern (von mir gelesen: "This boy's life" - auch ein sehr guter Film - und "In der Armee des Pharaoh") glaube ich, daß es entweder ganz autobiographisch ist, oder auf jeden Fall sehr autobiographisch gefärbt.
    Was ich in dem Buch sehr faszinierend gefunden habe, war wie die jungen Burschen die großen AutorInnen so verehren, wie man das heutzutage von sog. Stars kennt. Und dazu dieser wahnwitzige Wettbewerb um den besten Text.
    Ein Buch übers lesen, schreiben und leben. Ein gutes Buch.


  • Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob das wirklich ein Roman ist. Ähnlich wie bei Wolffs anderen Büchern (von mir gelesen: "This boy's life" - auch ein sehr guter Film - und "In der Armee des Pharaoh") glaube ich, daß es entweder ganz autobiographisch ist, oder auf jeden Fall sehr autobiographisch gefärbt.


    Ob das Buch autobiografisch ist, kann ich nicht beurteilen. Dafür weiß ich zu wenig über Tobias Wolff.


    Ich fand den Besuch von Ayn Rand in der Männerschule wunderbar beschrieben. Der bloße Gedanke, dort so provokant aufzulaufen, weckt im Lehrer doch ein Gefühl von Freude und Genugtuung. Die spätere Relativierung dieses Ereignisses beruhigt oberflächlich die Wellen, aber doch hat sich - zumindest für den Ezähler - alles verändert.


    booki: Ich habe gar nicht gesehen, dass du dir eine Rezi gewünscht hast! Freut mich, dass ich dir trotzdem den Gefallen tun konnte. :zwinker:

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

  • Da ich das Buch vor wenigen Stunden ausgelesen habe, sind meine Eindrücke noch recht frisch. Beim Lesen des Klappentextes dachte ich an einen kurzweiligen Internatsroman, gespickt mit kurzen Auftritten Hemingways etc. Doch genau das ist das Buch nicht, denn die Handlung beweist auch viel Tiefe .
    Ich fand Ayn Rands Auftreten in dem Buch ganz toll und musste doch sehr lachen, wie sie mit den Jungen umging :breitgrins: Alles in allem ein sehr netter und unterhaltender Roman, der durchaus etwas Melancholisches und nachdenklich machendes hat.


    Von mir gibt es daher 4ratten

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

    Einmal editiert, zuletzt von booki ()

  • In dem Roman „Alte Schule“ nutzt Tobias Wolff seine eigenen Jugenderinnerungen um den Lesern ein Jungeninternat in den 1960er Jahren vorzustellen, in dem Literatur als höchstes Ideal gepflegt wird. Regelmäßig werden bekannte Schriftsteller eingeladen und die Jungen konkurrieren in einem Schreibwettbewerb darum, mit ihnen für ein privates Gespräch zusammentreffen zu dürfen. Der Ich-Erzähler ist einer von ihnen und Wolff berichtet von den Selbstzweifeln des Jungen und der gewissen Arroganz, die nicht nur die Schüler gegenüber dem Rest der Welt, sondern auch die begabteren Jungen den anderen gegenüber an den Tag legen. Als eines Tages Hemingway angekündigt wird, der literarische Held vieler der Jungen, wird der Konkurrenzkampf noch extremer und führt schließlich nur knapp an einem großen Skandal vorbei.


    Die Beschreibung von einer Umgebung, die Literatur so sehr schätzt, hat mich an diesem Buch gereizt, aber leider war Liebe zum Buch und zum Schreiben nicht das, was die Schule wirklich ausmachte, sondern Klassendenken und egoistisches Bewusstsein der eigenen Wichtigkeit und Literatur nur das Unterscheidungsmerkmal dabei. Dadurch fand sich für mich kein echter Sympathieträger und der Ich-Erzähler macht da keine Ausnahme. Abgesehen davon, habe ich wohl doch gewisse Vorurteile. Ich kann mir nicht helfen, aber gleich Dutzende von gedichtefanatischen pubertierenden Jungen sind für mich einfach nicht vorstellbar. Das erscheint mir dann doch einfach zu unmännlich, gerade in einem Alter wo Coolness alles ist.


    Nachdem man die erste Hälfte des Buches durchaus als Roman betrachten könnte, der trotz der Distanz zu meiner eigenen Lebenswelt noch recht interessant war, wird es dann doch eindeutig autobiographisch. Der Autor macht riesige Zeitsprünge und wickelt ein paar Jahre in einigen Zeilen ab, ist dann aber bei einigen Beschreibungen zu detailliert. Für ein zur Geschichte passendes Ende hätte ein Nachwort genügt, so merkt man an der Ausführlichkeit, mit der eigentlich unwichtige Geschehnisse berichtet werden, dass es um das eigene Leben des Autors geht. Das macht für mich dann auch den Schwachpunkt aus, der für leichten Abzug bei der Benotung führt.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Abgesehen davon, habe ich wohl doch gewisse Vorurteile. Ich kann mir nicht helfen, aber gleich Dutzende von gedichtefanatischen pubertierenden Jungen sind für mich einfach nicht vorstellbar. Das erscheint mir dann doch einfach zu unmännlich, gerade in einem Alter wo Coolness alles ist.


    Wer aber definiert, was gerade angesagt und somit "cool" ist? Doch wohl die Umgebung, die andern. Und in einem Internat, das mehr oder weniger hermetisch abgeschlossen ist, kann ich mir schon eine Subkultur vorstellen, in der Gedichte machen und lesen "cool" ist. Bedenken wir: Die 60er Jahre, das war, bevor Internet und MTV eine weltweit und allgemein gülitge 08/15-"Coolness" propagieren konnten. :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wer aber definiert, was gerade angesagt und somit "cool" ist? Doch wohl die Umgebung, die andern. Und in einem Internat, das mehr oder weniger hermetisch abgeschlossen ist, kann ich mir schon eine Subkultur vorstellen, in der Gedichte machen und lesen "cool" ist. Bedenken wir: Die 60er Jahre, das war, bevor Internet und MTV eine weltweit und allgemein gülitge 08/15-"Coolness" propagieren konnten. :zwinker:


    Stimmt schon, vor dem gesellschaftlichen Hintergrund könnte es durchaus realistisch sein. Nur vorstellen kann ich mir das beim besten Willen nicht :zwinker:


  • Ich fand Ayn Rands Auftreten in dem Buch ganz toll und musste doch sehr lachen, wie sie mit den Jungen umging :breitgrins: Alles in allem ein sehr netter und unterhaltender Roman, der durchaus etwas Melancholisches und nachdenklich machendes hat.


    Genau deswegen habe ich mir das Büch überhaupt erst gekauft. Jetzt, beim Lesen eurer Eindrücke, kriege ich aber erst so richtig Lust, mir das Buch zu schnappen (wenn ich nur wüsste, ob es in meinem lokalen SUB ist oder zuhause in meiner Bilbiothek/Kinderzimmer bei Oma :breitgrins:)

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Hallihallo!


    Ich habe mir "Old School" gestern spontan für eine Zugfahrt geschnappt und gleich noch am selben Tag ausgelesen.


    Meine Meinung:
    Das ist eine Schule, ganz nach meinem Herzen. So wie an anderen Schulen die Athleten, die Sportler verehrt werden, so wie sie sich in Wettkämpfe hineinsteigern, so wie ihre Leistungen auf dem Sportplatz ihnen Anerkennung von Gleichaltrigen bringen, so funktioniert es auf der Schule in diesem Buch mit den Jungs, die ihre freie Zeit der Literatur widmen.


    Traditionell lädt die Eliteschule immer wieder berühmte Autoren und Poeten - wie etwa ganz am Anfang der Geschichte Robert Frost - ein, um etwas aus ihrem Werk zu lesen und mit einem der Schüler, nur einem, eine Privataudienz zu halten. Um diese Ehre kämpfen die Jungen ziemlich hart und zwar mit Papier und Schreibmaschine, denn nur eine der Geschichten oder eines der Gedichte, das sie verfassen, wird vom Autor ausgewählt und bestimmt den Gewinner des Wettbewerbes.


    Als Leseratte wurde ich schnell in den Bann dieses Buches gezogen und die winzig bedruckten Seiten flogen nur so dahin. Die Art, wie Tobias Wolff über Bücher schreibt, darüber wie sie einen gefangen nehmen können, ist so packend und für Büchernarren wie uns so faszinierend, weil man sich selbst darin wiedererkennt.


    Die Gastauftritte der Autoren waren erheiternd, ebenso die kurzen Zusammenfassungen der Geschichten, die von den Bewerbern eingereicht wurden und die von Alien-Kühen bis hin zu kitschigen Gedichten reichen. Das Schöne ist, dass Wolff diese Geschichten in der Geschichte zwar auseinander nimmt - wie im Unterricht - aber nur bis zu dem Punkt, bei dem man sich noch darüber amüsieren kann, aber noch nicht das Gefühl hat, es wurde ein schönes Werk der Literatur zerfleischt. :breitgrins: Was vielleicht eher bei uns im Deutschunterricht Tradition ist.


    Mein Highlight war eindeutig Ayn Rand. Nicht so sehr ihr Besuch, sondern viel mehr die Beschreibung davon, wie der Protagonist, erst leicht angeekelt, The Fountainhead zu lesen beginnt, nicht mehr aufhören kann und das Buch schließlich innerhalb weniger Wochen mehrmals verschlingt. Wie er in diesen Bann gezogen wird und wie ihn schließlich die Realität trifft und er all die kleinen Mankos entdeckt, nicht unbedingt in diesem Roman, sondern vielmehr in Ayn Rand als Person. Zu sehen, dass sie nicht so ist wie ihre Charaktere, dass sie eine ziemlich radikale Frau ist, wirkt wie eine Ohrfeige. Aber es hilft ihm auch, erwachsen zu werden. Zumindest ein bisschen.


    Das Ende der Geschichte fand ich spannend und ein bisschen überraschend. Vor allem die Leichtigkeit, mit der viele - teils schlimme - Dinge passieren und hingenommen werden. Dass danach noch eine Art zweites Ende daran gehängt wurde, hat mich ehrlichgesagt eher genervt, vor allem weil die Person, um die es darin ging, mich nicht im geringsten interessierte. Aber diese letzten 10 Seiten seien dem Autor nachgesehen, denn "Alte Schule" ist ein toller kleiner Roman für zwischendurch, der einen den alten Parkettboden und den Duft von Wissensdurst riechen lässt.


    4ratten


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Wendy
    Ich kann mich deiner Rezension nur anschließen.


    Es war eine wirklich schöne Lektüre, die bei mir dazu geführt hat, dass ich Lust habe mal was von Hemingway zu lesen.