Philip Roth - Der menschliche Makel

Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 7.987 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tina.

  • Ja, das richtige Tempo ist hier wirklich treffend! Ich lese diesen Roman momentan unglaublich gerne, einfach weil Roth es schafft für jedes Thema das er anschneidet genau den richtigen Ton zu treffen. Dabei schafft er auch den Übergang immer wieder sehr schön.
    Der Rasissmus, der wie ich es mir ja zu Beginn dachte, eine große Rolle spielt wird hier eindringlich, aber trotzdem so geschildert das man trotzdem weiter lesen kann. Man wird nicht abgestoßen, ohne das Roth irgendetwas beschönigt.


    Für mich bietet der Roman also wirklich sehr viel mehr als nur die Thematik eines alten Mannes der sich in eine viel jüngere Frau verliebt. Ich habe den Eindruck das Roth hier Themen versammelt die einerseits sehr amerikanisch sind und auch die deren Doppelmoral anprangert, andererseits aber im Grunde auch auf die Gesellschaft im allgemeinen übertragbar sind.

  • Es gibt Romane die berühren einen auf eine Weise das man es kaum beschreiben kann. Vielleicht weil sie in so vielfältiger Weise auf einen wirken das man sich auch selbst fragt: warum eigentlich?
    Roths Roman beschreibt nicht einfach nur einen alten Mann der scheinbar einen unverzeihlichen Fehler gemacht hat. Er beschreibt viel mehr einen Ausschnitt der amerikanischen Gesellschaft schlechthin, verdichtet verschiedenste Klischees - über alte Männer und junge Frauen (und deren Sexualleben) genauso wie über Rassismus, latenten und offenen Antisemitismus, Feminismus, Vietnam... Irgendwie scheint der Roman erfunden und dann wieder so wahr wie es nur geht. Literarische Wirklichkeit wie aus dem Lehrbuch abgeschrieben.
    Sperrig, das ist wohl die recht treffende Bezeichnung für "Der menschliche Makel". Roth beschreibt hier das Menschlichste das es gibt und zeigt mir als Leser zugleich auf das ich trotzdem nicht alles daran gut finden muss. Im Gegenteil, ich muss ja nicht einmal Coleman selbst mögen. Letztendlich entlarvt Roth uns alle mit unseren Masken und zeigt uns was hinter allem stecken kann... für mich ist das vielleicht sogar die Essenz des Romans, das man durch die eigene Konstruktion des Lebens erst die Interpretation der Anderen heraufbeschwört und das sie sich in allem spiegelt was zwischenmenschliches Verhalten erst ausmacht.


    Ich habe das Gefühl Roth hat alles gesagt was er zu sagen hatte und wer weiß ob ich jemals wieder einen Roman von ihm lesen werde, ich habe das Gefühl es könnte nur noch ein müder Versuch dabei herauskommen, diesen Roman hier zu übertreffen.


    5ratten

  • Lies "Jedermann", der ist ein bißchen anders, mehr eine Novelle, und dieses Buch halte ich für sein stärkstes.


    Gruß, Thomas

  • HoldenCaulfield: Was für eine schöne Rezensionen. Ich bin schon des öfteren an "Der menschliche Makel" vorbei gelaufen. Durch deine Rezensionen werde ich beim nächsten mal sicherlich nicht vorbeilaufen ohne es auch mitzunehmen. :smile:


    lg, Blaan

  • Philip Roth liegt mir nicht, ich habe mit ihm ähnliche Probleme, wie sie von manchen hier schon beschrieben worden sind. Aber trotz meines persönlichen Unbehagens muss ich zugeben, dass "Der menschliche Makel" ein bedeutender Roman ist. Es ist grandios und immer wieder überraschand, wie Roth die Vergangenheit Colemans Schritt für Schritt aufschlüsselt und den Blick auf ein vielfältiges Panorama, eine reiche Entwicklungsgeschichte dort freigibt, wo zunächst alles ganz einfach zu sein schien. Die Milieuschilderungen und Figuren sind hervorragend gelungen, sehr lebendig, durchaus glaubwürdig. Die einzige Figur, die mich wirklich nicht überzeugt hat, ist Delphine Roux. Oh, und am Ende stellt sich natürlich heraus, dass sie in Wirklichkeit scharf auf den Alten ist, weshalb bin ich nur nicht selbst darauf gekommen.


    Ich mag weder Coleman Silk, noch beabsichtige ich, in näherer Zukunft mehr von Philip Roth zu lesen, es würde mir jedoch schwer fallen, an diesem Roman beträchtliche literarische Mängel zu bennenen. Was mich stört, ist wohl vielmehr der menschliche Makel selbst und diesen hat der Autor im vorliegenden Roman meisterhaft beleuchtet.
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)

  • Dieses Buch ist das letzte Buch der "Amerikanischen Trilogie" Vielleicht ist es für viele aus diesem Grund schwer mit diesem Buch warm zu werden. Ich habe das Buch auch in meinem Regal, bin aber am überlegen, ob ich nicht zuerst die anderen beiden "Amerikanisches Idyll" und "Mein Mann der Kommunist" lesen sollte.


    @Holden: Hattest du zuvor die anderen beiden Bücher gelesen?