Lawrence Malkin - Hitlers Geldfälscher

  • Bis heute lässt die Bank of England fast jeden Monat eine Prüfung vornehmen – ein geradezu abartiges Zeichen dafür, dass vom Totalitarismus der Nazis noch immer eine gewisse Faszination ausgeht, welche die finsteren und kindischen Fantasien von absoluter Macht und gestohlenen Reichtum nährt. Experten der Alliierten haben diesen Plan später als „die erfolgreichste Fälschungsaktion“ bezeichnet.


    Geld fälschen, um den Gegner zu schwächen, ist keine originelle Idee. Bereits die Engländer bedienten sich dieser Methode im Kampf gegen die Franzosen zur Zeit der Revolution, selbst Friedrich der Große soll vor 150 Jahren diesen Plan verfolgt haben. Diese Beispiele jedoch spielten allesamt vor der industriellen Epoche, die Ausmaße würden nicht annähernd so verheerende Folgen haben, wie in der britischen Finanzwelt der 1940er Jahre. Der Plan Hitlers bestand darin, das Vertrauen in die britische Währung zu zerstören und somit wertlos zu machen. Die Finanzwelt würde einstürzen, der Kriegsführung würden die finanziellen Mittel fehlen. Der deutsche Markt würde den Kontinent erobern. Ein großartiger Plan, ein größenwahnsinniger Plan! Und so geheim ausgeführt, dass die Details erst 60 Jahre nach Kriegsende ans Licht gekommen sind.


    Der 2. Weltkrieg war erst zwei Wochen alt, als dieser Plan besprochen wurde. Operation „Andreas“ wurde von Alfred Naujocks wegen seiner technischen Kenntnisse geleitet, einem unterstellten SD-Mann von Walter Heydrich, SS-Obergruppenführer und Himmlers Protégé. Ausführlich beschreibt Malkin die Ausführung des Fälscher-Handwerks. Das Knistern des Falschgeldes musste stimmen, das verwendete Wasser musste mit chemischen Mitteln behandelt werden, um die bläuliche Färbung unter der Quarzlampe zu erzeugen. Die ersten Blüten wurden vorgelegt und für echt befunden. Die Ignoranz gegenüber Fälschungsaktionen wurde von der Bank of England regelrecht gepflegt. Selbst nach den Zweifeln der Schweizer Bank blieb sie bei ihrer Aussage, der britische Pfund sei fälschungssicher. „Andreas“ scheiterte an der Machtsruktur des dritten Reichs, nach der Produktion von etwa 3 Mio Pfund wurde die erste Fälscherwerkstatt eingestellt.


    Unternehmen "Andreas“ lag über ein Jahr fast völlig darnieder, bis es Himmler selbst im Juli 1942 wieder belebte. Jetzt stützte er sich aber auf eine ganz außergewöhnliche Gruppe von Fachkräften, die wohl kaum Geld abzweigen oder die Befehle der Vorgesetzten infrage stellen würden.


    Himmler betraute Bernhard Krüger damit, die Produktion zu leiten. Seine Arbeitskräfte sollte er im KZ-Lager Sachsenhausen aufsuchen, die Werkstatt wurde unter strengster Geheimhaltung in Block 19 des KZ eingerichtet. Ablehnen konnte Krüger seinen Auftrag nicht und so suchte er unter den Inhaftierten Drucker, Lithografen, Künstler oder ähnlich geeignete Handwerker, die ihm von Nutzen sein konnten. Die Insassen erkannten die Flucht vor dem Tod und gaben sich als Lithografen aus, die sie nicht waren.
    Der freundliche Umgangston und die Beschaffung weiterer Arbeitsplätze gaben dem Krüger den Charakter eines Oskar Schindler, ständig bemüht den Produktionsfluss nicht abbrechen zu lassen und seine Arbeiter dadurch am Leben zu halten. Natürlich wussten diese Menschen von der Wichtigkeit dieses Unternehmens und ihr Selbsterhaltungstrieb veranlasste sie dazu, Arbeitsgänge zu manipulieren, zu verzögern. Krüger ließ unnötige Maschinen bestellen, wobei er mit der wochenlangen Lieferzeit rechnete.


    Malkin berichtet von den Zuständen Deutschlands, von den abartigen Behandlungen im KZ und zieht bei seinem Bericht immer engere Kreise um das Schicksal von Block 19. Tagebucheintragungen und Briefe, Akten und Presseberichte, Verhörprotokolle und Telegramme lässt Malkin in dieses Buch einfließen, das somit mehr als Roman als reines Sachbuch gelten könnte. Spannend und einfühlsam schildert er über Betrug, Todesangst, Rettung und um das nackte Überleben.
    Im Anhang befindet sich ein 40-seitiger Anmerkungsapparat, um jeden Absatz der Geschichte faktisch zu begründen und mit Quellenhinweisen zu vervollständigen. Karten über das KZ Sachsenhausen sind vorhanden und ebenso eine Liste der 140 Insassen von Block 19. Jede wichtige Figur erhält zudem ein Gesicht anhand der 41 beigelegten Photografien.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Gruß,
    dumbler