Jan Kjærstad, Rand

Es gibt 24 Antworten in diesem Thema, welches 9.165 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von katzenbob.

  • Ich habe mich gefragt, ob es überhaupt Morde gegeben hat. Der Erzähler hatte eine Begegnung mit einem Mann, vielleicht hat er sich alles, was danach kam nur ausgedacht, oder auch diese erste Begegnung ist eingebildet. Dann ist die Frage, was ist tatsächlich real: gibt es seine Freundin dann auch nicht? Vielleicht geht er einfach nur durch Oslo und phantasiert sich ein Leben, das es gar nicht gibt - mit Job und Freundin. Mich haben die S.e.x.uellen Aktivitäten der Freundin stutzig gemacht - das liest sich für mich wie Männerphantasien: sie tut für ihn dies und das, so wie er es aufregend findet. Die Freundin ist immer die aggressivere, sie gibt, er empfängt. Sie animiert ihn, experimenteller zu sein und mehr aus sich raus zu gehen etc. Aber er gibt nie etwas. Die Phantasien werden immer wilder und "gewagter", wie ja auch die Morde immer brutaler und "gewagter" werden.


    Wieso ist Zakariasen seine letzte Hoffnung? Ich habe absolut keine Ahnung. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, wie da die Sache mit den Baustellen hinein passt.

    Einmal editiert, zuletzt von qantaqa ()

  • Ja, es ist auch möglich, dass alles von A-Z nur seiner Phantasie entsprungen ist. Gerade bei seiner Frau habe ich mich das auch gefragt. Allerdings möchte ich gerne einen Auslöser für seine Phantasien haben, den reale Morde mit entsprechender Medienbewachung bieten würden - zumindestens den ersten Todesfall sehe ich als "real" an. Aber beweisen kann ich das nicht.


    Die Bauerei könnte man natürlich als Parallele zu seiner Schriftstellerei sehen. Er errichtet ein "Phantasiegebäude", stellt aber mit fortschreitender Arbeit fest, dass ein fertiges Werk weniger befriedigend ist als die Arbeit daran, weswegen er eine neue Richtung einschlägt und die Morde letztendlich ungelöst bleiben lässt.


    Jetzt bräuchten wir auch noch ein paar Ideen zu seiner "Erleuchtung" ganz am Ende und den geschwärzten Stellen in seinem "Tagebuch". Da steht mein Kopf mal wieder still.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Stimmt, da waren ja noch diese geschwärzten Stellen. Als ich das Buch gelesen habe, war mir etwas dazu eingefallen, aber leider erinnere ich mich nicht mehr daran. Ich muss die Stellen noch mal lesen, vielleicht fällt es mir wieder ein.


    Meinst Du, dass er sich auch das Gebäude, das er immer beobachtet hat, eingebildet hat? Dann könnte man ja auch die fiktiven Morde als fortschreitende Arbeit ansehen, die irgendwann langweilig wird, weil er die Mordmethoden perfektioniert?

  • Nein, die Baustelle, die er beobachtet, gab es damals wirklich. Die Vaterland-Gebäude entstanden tatsächlich Ende der 80er Jahre. Irgendwo nannte Kjærstad auch die Namen der Gebäude, und sie stimmen mit dem überein, was ich im Netz gefunden habe. Überhaupt glaube ich beinahe, dass das einzig Reale in der ganzen Geschichte Oslo ist. Ich glaube, dass die Beschreibungen der Stadt so stimmen.


    So auf die Schnelle finde ich folgende Links:
    Ankerbrua (Die Brücke, auf der Eva Weiner ermordet wurde. Auch einige der Statuen wurden im Buch erwähnt.)


    Bygdøy (Nach einem Besuch dort traf er Magnus Davidsen. Er nahm die erwähnte, nur im Sommer verkehrende Fähre.)


    Akershus Festung (Mord an Magnus Davidsen in den Grünanlagen der Festung)

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Sehr guter Roman, aber auf jeden Fall auch sehr rätselhaft und geheimnisvoll... ist vielleicht das ganze Buch selbst als ein komplett fiktives Tagebuch zu sehen, das sich der Protagonist des Buches in einer Art Gedankenexperiment am Schreibtisch zusammenphantasiert?


    In jedem Fall ein Buch ohne Netz, aber mit doppeltem Boden, sehr zu empfehlen... Hat denn inzwischen schon mal jemand einen Vorschlag, was die erste Seite mit der komischen Schrift zu bedeuten hat? Im deutschsprachigen Internet konnte ich dazu bisher kein Analyseangebot finden...