Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Harriet Köhler, Ostersonntag
(Kiepenheuer&Witsch)
ISBN 978-3-462-03764-7
geb. Ausgabe, Euro 17.90
Kurze Zusammenfassung von KiWi:
Dies ist eine ordentliche Familie – hier spricht man nicht miteinander. In ihrem beeindruckenden Debüt erzählt Harriet Köhler von vier Menschen, die ihre Familie am liebsten loswerden würden. Aber es bleiben die Wut, das Unverständnis, die Angst vor dem Altwerden und die Sehnsucht nach Anerkennung und Anteilnahme.
Inhalt:
Episodenhaft lernt man die Gedanken- und Gefühlswelt, ja das Leben der einzelnen Familienmitglieder kennen:
Da ist Heiner, der Vater, der stets klug und wissbegierig war, doch jetzt, als Rentner, dämmert er auf der Couch vor dem Discovery Channel vor sich hin und versucht sich wie immer aus der Verantwortung zu ziehen. Früher brachte der Professor für Insektenkunde jede Menge Arbeit mit nachhause, heute verschanzt er sich notfalls hinter der Tageszeitung, damit seine Frau die Anzeichen einer beginnenden Demenz nicht bemerkt.
Diese, Ulla, war immer die schöne und perfekte Professorengattin, richtete sie das Leben der Familie doch herrlich ein - mit Tipps aus den entsprechenden Hochglanzmagazinen. Doch heute kostet sie das alleinige Leben mit ihrem pensionierten Mann immer mehr Kraft, da sind ein paar abstruse Affären nur noch wenig Trost. Aber wenn die Kinder zu Ostern kommen, dann muss alles hundertprozentig perfekt sein - eine heile Familie.
Und dann sind da noch die zwei Kinder: Linda und Ferdinand, beide in Berlin lebend, ohne sich dort jemals zu begegnen.
Linda ist die erfolgreiche, weil sehr talentierte Kolumnistin einer großen Tageszeitung. Sie empfindet ihre Eltern als peinlich, schreibt ihre Kolumnen sogar über deren Macken. Auch ihrem kleinen Bruder geht sie lieber aus dem Weg - sie sucht schon eher einen Mann.
Ferdinand hingegen treibt nur so vor sich hin: gerade mal wieder bei einer Frau rausgeflogen und seit Jahren ohne eigene Wohnung lässt er sich durch das nächtliche Berlin treiben, bis ihm eine alte Ex-Freundin begegnet, die ihn aufliest und mit ihre Bude nimmt. Als sie ihm am nächsten Morgen alte Post überreicht, ist ein Brief von seiner Schwester Friederike dabei.
Friederike, die bei einem Autounfall vor Jahren tödlich verunglückte...
Meine Meinung:
Wow, diese junge Autorin kann schreiben! Mit einer geradezu sarkastischen Präzision schildert sie eine nach außen hin normal scheinende Familie, in deren Innerstem es durchaus brodelt, allerdings im Stillen - denn es wird ja nicht kommuniziert.
Der Ton in den episodenhafen Erzählweise ist bissig-böse, aber mit so einer unglaublich guten Trefferquote, dass man nicht nur einmal lachen muss - obwohl es eigentlich zum Heulen sein mag.
Harriet Köhler gelingen die zwischenmenschlichen Betrachtungen allesamt, detailgenau schildert sie deren verkorkste Vorstellungen und Befindlichkeiten.
Dennoch: trotz eines tollen Sprachgefühls wirken mir die Figuren zu maskenhaft. Es sind schon fast ein wenig Schubladencharaktere, die einem aus der jungen deutschsprachigen Literatur irgendwie (und so ähnlich) schon bekannt zu sein scheinen.
Aber letztlich habe ich das Buch nicht aufgrund seiner Figuren so gerne gelesen, sondern schlicht und ergreifend wegen Harriet Köhlers sprachlichem Können.
Fazit: Trotz der ein oder anderen kleinen Schwäche absolut lesenswert.
Weil es zudem ein Debüt ist: