Leo Tolstoi - Anna Karenina (Teil 5)

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  • Hallo,


    ich bin jetzt im 15. Kapitel


    Wronski und Anna machen jetzt also Europa unsicher. Okay, schön und gut aber wovon finanzieren die ihr teures Leben.
    Wronski hat, wie wir ja schon erfahren haben nicht ausreichende Geldmittel um sein eigenes Leben zu finanzieren und jetzt mit Frau und Kind und teuren Palazzo in Venedig. Ich denke auch nicht das Karenin den beiden das Leben finanziert.
    Oder leben die auf Pump und bezahlen einfach nicht wie Wronski es ja gerne macht?


    Grüße
    Flor

  • Schön, dass dir das auch aufgefallen ist :smile: Ich dachte nämlich schon, dass ich etwas überlesen hätte. Ich bin schon weiter, Anna und Wronskij leben auch später in Russland auf großem Fuß und es hört sich nicht so an, als wenn sie auf Pump leben, sondern das Wronskij über ein so großes Vermögen verfügt. Aber woher ???

  • Struppi
    Ist in der Tat sehr merkwürdig. Zumal Tolstoi ja Wronskis so genannte "große Wäsche" sehr ausführlich beschrieben hat.
    Irgendwie finde ich sowieso das Tolstoi nicht so richtig konsequent ist. Es wird alles immer so sehr ausführlich erzählt 100 % Charaterstudien von ihm erstellt nur um im nächsten Teil alles wieder zu verwerfen.
    Versteht ihr was ich meine. Z.B. Karenin mal wirkt er so unsympathisch, gefühllos. Dann holt er als Anna und Wronskis Tochter geboren wurde wieder Sympathiepunkte. Sicherlich will Tolstoi damit auf die innere Zerissenheit aufmerksam machen, denke ich zumindest, aber trotzdem immer dieses hin und her.


    Und auch in diesem Fall. Erst müssen wir uns ausführlichst durch die Erklärungen kämpfen und dann ist wieder alles vergessen. :rollen:.
    Ich hoffe sehr das noch eine Aufklärung kommt. Weil ja auch einer der Gründe, dass Wronski meinte Anna sollte bei ihrem Mann bleiben, ja die knappen Geldmittel waren.


    So, jatzt habe ich mich oft genug wiederholt. Fällt mir nicht leicht mit knappen Worten zu sagen weiß ich meine, ich muss da immer etwas ausholen. :redface:


    LG
    Flor


  • Wronski hat, wie wir ja schon erfahren haben nicht ausreichende Geldmittel um sein eigenes Leben zu finanzieren und jetzt mit Frau und Kind und teuren Palazzo in Venedig.


    Darüber bin ich auch gestolpert, bis mir einfiel, dass irgendwo in einem Nebensatz erwähnt wurde (ich habe mir die Stelle leider nicht aufgeschrieben), dass er die Erbangelegenheit mit seinem Bruder bereinigt hatte. Er hatte ja eigentlich ein großes Vermögen geerbt, die Einkünfte daraus aber seinem Bruder zur Verfügung gestellt. Das hat er dann wohl rückgängig gemacht und verfügt so über ausreichende Mittel.


    Kap. 16:
    Lewin nervt! Schon allein der Gedanke, dass seine Frau, seine Kitty, sich im selben Raum befinden könnte wie eine gefallene Frau, ließ ihn vor Abscheu und Entsetzen schütteln. Als könnte dieses Treffen abfärben, als könnte seine Frau dadurch unrein werden. (Ja, ich weiß, für die damalige Zeit war das eine ganz normale Haltung, aber trotzdem kann ich mich darüber nur aufregen!)


    Kap. 21:
    Hier habe ich mich gefragt, ob Karenin vielleicht an Verfolgungswahn leidet, da er glaubt, dass ihn alle mit Verachtung und Schadenfreude betrachten, selbst ein kleiner Verkäufer. Andererseits kann ich das schon verstehen, da er isoliert und weitgehend freundlos lebt, sich selbst verachtet und so diese Haltung leicht auf andere übertragen könnte. Und sicher wird auch eine ganze Menge hinter seinem Rücken über ihn hergezogen, so wie ich die feine russische Gesellschaft kenne.


    Kap. 22:
    Hier ging mir wirklich die Hutschnur hoch! Wie kann man dem Jungen nur erzählen, seine Mutter wäre tot :grmpf: ! (Noch dazu, wo ja klar ist, dass er die Wahrheit von irgend jemandem erfahren wird, wie es ja auch wirklich geschieht - dadurch verliert Serjoscha doch auch das Vertrauen zu seinem Vater und er steht wirklich ganz alleine da.)


    Kap. 28:
    Ich könnte mich immer wieder über die Doppelmoral der Gesellschaft aufregen! Eine Frau, die gegen die moralischen Vorschriften verstößt, wird von allen geschnitten, bei einem Mann wird darüber weggeguckt. Eigentlich nichts Neues, im Gegenteil, aber mich empört's jedes Mal wieder.


    Kap. 33:
    Es kriselt zwischen Anna und Wronski. Eine Ausweitung der Krise wäre fatal für Anna, die ja, s. o. gesellschaftlich ausgestoßen ist, und nicht einmal theoretisch die Chance auf ein von Männern unabhängiges Leben hat. Arme Anna!

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Darüber bin ich auch gestolpert, bis mir einfiel, dass irgendwo in einem Nebensatz erwähnt wurde (ich habe mir die Stelle leider nicht aufgeschrieben), dass er die Erbangelegenheit mit seinem Bruder bereinigt hatte. Er hatte ja eigentlich ein großes Vermögen geerbt, die Einkünfte daraus aber seinem Bruder zur Verfügung gestellt. Das hat er dann wohl rückgängig gemacht und verfügt so über ausreichende Mittel.


    Das habe ich wohl überlesen. Aber stand da wirklich das er die Erbangelegenheit bereinigt hat. Ich kann mich irgendwie nur daran erinnern das er sie bereinigen wollte. Aber nicht so recht wusste wie er mit seinem Bruder reden sollte, um ihm klar zu machen das er (Wronski) in Zukunft mehr Geld brauchen wird.


    Kap. 16:
    Lewin nervt! [color=teal][/quote]


    Stimmt!


    Kap. 22:
    Hier ging mir wirklich die Hutschnur hoch! Wie kann man dem Jungen nur erzählen, seine Mutter wäre tot :grmpf: ![/quote]


    Ja, der Junge tut mir auch leid.


    Grüße
    Flor

  • Hallo!


    Ich finde es ziemlich seltsam, wie Lewin über sein neues Eheleben denkt. Klar ist es logisch, dass er sich etwas anderes vorgestellt hat, aber irgendwie konnte ich vieles nicht nachvollziehen, was er Kitty unterstellt.
    Als sie ihn begleiten will, schmeißt er ihr an den Kopf, dass sie nur aus Langeweile mitfahren würde. Und wenn schon!
    Ich stelle es mir auch nicht gerade spannend vor, alleine auf einem Landgut zu leben, wenn ich nicht allzu viel von Landwirtschaft verstehe...


    Und Anna und Wronskij kehren nach Russland zurück. Ich bin gespannt, wie sich die Konflikte, die sie hinter sich gelassen haben, weiterentwickeln.


    fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Lewin ja; den Typen kann ich einfach nicht für voll nehmen. Er erscheint mir so unglaublich naiv - oder wäre weldfremd das bessere Wort? Er hat ganz feste Vorstellungen über Leben und Welt und wird immer wieder von der Wirklichkeit überrascht. Für meinen Geschmack ist er zu alt für diese Haltung. Einem jugendlichen Idealisten würde ich es noch abkaufen, aber einem Mann von Anfang-Mitte 30?
    Ich mag ihn überhaupt nicht, aber was ich ihm am meisten übelnehme, ist, dass er so offensichtlich (bilde ich mir zumindest ein) als positive Alternative zu den verderbten anderen gemeint ist.
    Aeria:
    Trottel trifft ihn genau!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Was mich bei der Figur des Ljewin so erschreckt ist das Tolstoi sich in der Figur ja wohl selbst verewigt hat. Ich denke die ganze Zeit was für ein Typ muss das denn wohl gewesen sein. Die Bezeichnung Trottel ist goldrichtig. Er bekommt von mir den Preis für die Anti-Figur des Jahres.
    Und er wird immer schlimmer :entsetzt:.


    Grüße
    Flor

  • Hallo ihr!


    Ich habe noch etwas weiter gelesen und habe mich doch sehr über eine Stelle gewundert. Anscheinend wurde Karenin ja schon fast gezwungen, Anna einen Heiratsantrag zu machen. Mich würde sehr interessieren, ob Anna es damals darauf angelegt hat oder ob ihr die Heirat auch mehr oder weniger aufgezwängt wurde.



    Kap. 22:
    Hier ging mir wirklich die Hutschnur hoch! Wie kann man dem Jungen nur erzählen, seine Mutter wäre tot :grmpf: ! (Noch dazu, wo ja klar ist, dass er die Wahrheit von irgend jemandem erfahren wird, wie es ja auch wirklich geschieht - dadurch verliert Serjoscha doch auch das Vertrauen zu seinem Vater und er steht wirklich ganz alleine da.)


    Ich glaube kaum, dass Karenin von sich aus so etwas getan hätte. Mir schien es, als ob diese Gräfin? Serjoscha spontan und im Alleingang vom angeblichen Tod Annas erzählt hat. Schade, dass man nichts darüber erfährt, was Karenin darüber denkt. Weiß er es überhaupt?
    Er scheint sowieso immer abhängiger von dieser Frau zu werden. Mir ist sie zumindest ziemlich unsympatisch.


    fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Ich glaube kaum, dass Karenin von sich aus so etwas getan hätte. Mir schien es, als ob diese Gräfin? Serjoscha spontan und im Alleingang vom angeblichen Tod Annas erzählt hat. Schade, dass man nichts darüber erfährt, was Karenin darüber denkt. Weiß er es überhaupt?


    In Kap. 27 heißt es Er glaubte nicht an den Tod und schon gar nicht daran, dass sie gestorben war, obwohl Lidia Iwanowna das gesagt und der Vater es bekräftigt hatte. Es kann schon sein, dass sie Karenin nicht im Vorhinein erzählte hatte, was sie dem Jungen sagen wollte, aber hinterher wusste er es und hieß es gut.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo ihr Lieben,


    bin nun auch endlich mit dem 5. Teil durch. Gestern abend habe ich mir noch spontan die Verfilmung mal wieder angeschaut und dieses Mal ist mir erst richtig aufgefallen, wie viel da eigentlich fehlt. Aber das kennt man ja von vielen Literaturverfilmungen. Im Film hat Anna beispielsweise eine Fehlgeburt und bringt das Mädchen gar nicht lebend zur Welt.


    Im 5. Teil wird deutlich, dass Karenin, Wronskij und Anna alle irgendwie plötzlich allein dastehen und jeder für sich kämpfen muss. Keiner ist am Ende wirklich glücklich. Karenin kann einem schon auch leid tun, aber sich mit dieser Gräfin Lydia einzulassen und die auch noch auf Serjosha loszulassen, ist auch nicht der richtige Weg. Aber er hat ja sonst auch niemanden, da er ja scheinbar seit der Heirat mit Anna kaum noch Wert auf Freundschaften gelegt hat.


    Richtig mitgenommen hat mich die Beschreibung über das Dahinsiechen und Sterben von Lewins Bruder Nikolaj.


    Unangenehm war auch zu lesen, wie Wronskij nach der Rückkehr aus Europa in der Gesellschaft hausieren und fast schon betteln geht, dass man Anna rehabilitieren solle. Und keiner tut es, nicht einmal diese Betsy, die am Anfang immer als Kupplerin bzw. Unterstützerin der Affäre fungiert hat.


    Sehr deprimierend für Anna und Wronskij und sicher auch auf Dauer recht zermürbend und nicht unbedingt gut für ihre Beziehung. Am Ende von Teil 5 heißt es ja auch, dass Wronskij seine Liebesbeteuerungen platt und schal vorkommen. Kaum vorstellbar, dass die Gesellschaft wirklich so einen starken Druck ausüben kann. Und es wundert auch nicht, wenn Anna an der Einsicht, dass Liebe eben doch nicht stärker sein kann als Pflicht und Konventionen, kaputt geht. Ich denke die beiden sollten dort schnellstens wieder weg...

    Literatur ist die Kunst, Außergewöhnliches an gewöhnlichen Menschen zu entdecken und darüber mit gewöhnlichen Worten Außergewöhnliches zu sagen<br /><br />Boris Leonidowitsch Pasternak

  • Hallo liebe Leserundler,


    die Runde ist schon länger vorbei, da ich den Roman z.Zt immer noch lese und mich gerade in Buch V befinde, möchte ich einiges sagen.


    Nun, mich macht es etwas betroffen, wenn jemand Lewin als Trottel bezeichnet. Sicher kann man es so kritisieren, wie verträumt Lewin in Bezug der Ehe da denkt. Aber es ist ja so. Tolstoi betrachtet in diesem Roman die Ehe von verschiedensten Seiten und somit auch Probleme, die sich daraus ergeben. Das habt ihr sicher gemerkt, als ihr die früheren Kapitel gelesen habt. So ein Typ wie Lewin gehört dan eben auch in dem Roman hinein, auch wenn ihn jemand dann als Trottel bezeichnen möchte. :spinnen:


    Lewin gehört für mich zu den sympathischsten Figuren des Romans. Lewin der Zweifler im Glauben (sie Abendmahl Kap 1). Ich glaube auch, jemand der gläubig ist, hat immer auch seiner Zweifel. Der Geistliche sagt aber:

    Zitat

    Das Zweifeln ist der Schwachheit der Menschen eigen..


    Natürlich ist der Zweifel den Menschen eigen, aber ich bezweifle, dass das Schwachheit ist. Tolstoi ist hier durchaus Kirchenkritisch (und Lewin auch).


    Sein Denken in Bezug auf die Wirtschaft und seine Ziele zur Verbesserung der Landwirtschaft sind überhaupt nicht dumm. Man kann die Passage dazu in Kap 15 nachlesen. Er denkt dort ziemlich fortschrittlich.


    Liebe Grüße
    mombour

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  • Hallo liebe Leserundler,


    So ein Typ wie Lewin gehört dann eben auch in dem Roman hinein, auch wenn ihn jemand als Trottel bezeichnen möchte. :spinnen:


    Er ist aber kein Trottel. Darauf will ich hinaus. Ehestreitereien, Eifersüchteleien und Meinungsverschiedenheiten kommen in jeder Ehe vor, auch bei Kitty und Lewin. Das wesentliche ist, sie versöhnen sich immer wieder. Im Grunde genommen sind gerade sie diejenigen, die glücklich sind. Was aber mit Wronskij und Anna K. ? Im siebenten Buch da geht es bei denen den Bach 'runter.


    mombour

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