Marele Day - Die Bräute des Himmels

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 4.057 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von yanni.

  • Ich habe das Buch im englischen Original unter dem Titel "Lambs of God" gelesen.

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    In einem nahezu verlassenen und langsam verfallenden Nonnenkloster auf einer kleinen Insel direkt vor der britischen Küste leben nur noch drei Nonnen. Ihre "Kolleginnen" sind nach und nach verstorben und leben in der Vorstellungswelt der Überlebenden in Form der Schafe, die sie sich halten, weiter. Die drei Nonnen führen das Klosterleben in einer sehr eigenwilligen Form weiter. Schon lange nicht mehr von Vertretern der Kirche besucht (und überprüft), haben sie teilweise eigene Rituale entwickelt, in denen sich katholische Religion und vorchristliche Mythen vermischen.
    Sie leben in einer nahezu paradiesisch friedlichen Welt, in die eines Tages die Schlange in Form des bischöflichen Sekretärs eindringt. Dieser verkörpert die "moderne" Kirche, die sich nach vielen Skandalen und allgemeiner Kirchenmüdigkeit in der Krise befindet und nach neuen finanziellen Quellen sucht. Der Sekretär, zwar an und für sich ein gläubiger Mensch, ist der Meinung, dass auch die Kirche sich verändern müsse, und glaubt nicht nur an Gottes Allmacht, sondern auch an die des Geldes. Er besucht das seiner Meinung nach verlassene Kloster, um zu untersuchen, ob sich das Gelände als exklusives Freizeitresort für die ganz Reichen eignen würde.
    Die Existenz der drei Nonnen (und ihrer Schafe) überrascht ihn zwar unangenehm, aber schnell findet er Abhilfe: die Nonnen sollen in ein Altenheim gebracht und die Schafe geschlachtet werden. Unvorsichtigerweise verrät er seine Pläne und die Nonnen, die ihr bisheriges Leben natürlich unverändert weiter leben wollen, holen zum Gegenanschlag aus: sie nehmen den Priester gefangen!


    Bis hierhin (und noch ein kleines Stück weiter) zeigt sich das Buch im Gewande eines angenehm zu lesenden, leicht humoristischen Unterhaltungsroman. Nicht direkt schlecht, aber etwas seicht. Zum Glück ändert sich das in der Fortsetzung. Mit der näheren Vorstellung der Vergangenheit der Nonnen gewinnen diese an Tiefe und auch die Figur des Priesters nimmt genauere Konturen an. Der Konflikt zwischen den beiden Lagern (und Welten) lässt beide Parteien teils unangenehme Entdeckungen über sich selbst machen und erweitert ihr Bild von sich und der Welt zumindest vorübergehend.
    Die Lösung des Konfliktes werde ich hier nicht verraten, nur soviel: Marele Day ist es gelungen, zu leichte Auswege zu vermeiden und mich bis zuletzt im Unklaren über den Fortgang der Geschichte zu lassen. Anfangs befürchtete ich, sie würde ihr Thema nicht ernst genug nehmen und die ethischen Fragen, die sich aus dem Verhalten der Nonnen ergeben, zu oberflächlich (oder auch gar nicht) zu behandeln, aber diese Befürchtung erwies sich also als falsch.
    Sprachlich lässt sich das Buch gut lesen. Auch hier hatte ich allerdings den Eindruck, dass es sich im Verlauf der Geschichte steigerte. Fielen mir anfänglich ein paar nicht ganz gelungene Formulierungen auf, so war das gegen Ende nicht mehr der Fall.
    Glücklicherweise hatte ich vor dem Kauf nicht die Kurzbeschreibung von Amazon gelesen:

    Zitat

    Voller Spitzen und Lebenslust gehen die Nonnen sehr weiblich zum Gegenangriff über. Komisch und erotisch, spannend und philosophisch.


    Diese Formulierungen wirken auf mich eher abschreckend, lassen mich einen seichten "Frauenroman" im schlimmsten Sinne des Wortes vermuten, sind aber nicht (oder nur zum Teil) zutreffend. Erotisch gesehen ist das Buch eine komplette Fehlanzeige – Day sei Dank! Auch diese Komponente hatte ich befürchtet, wurde aber auch hier angenehm überrascht.


    Alles in allem also ein lesenswerter Roman mit mehr Substanz als er vermuten lässt.
    4ratten

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Dieses Buch habe ich 1999 gelesen, als ich mit meiner Tochter schwanger war. Ich habe es nicht mehr geschafft es vor der Entbindung zu Ende zu lesen, so dass ich das im Krankenhaus später getan habe. Ich muß sagen ,dass ich da doch eher mit etwas anderem beschäftigt war, denn ich kann mich definitiv nicht mehr an den Schluß erinnern. Aber ich weiß wohl noch, dass ich diesen Roman angenehm heiter, etwas skuril und flüssig zu lesen fand.

  • Marele Day - Die Bräute des Himmels


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links



    Die Bräute des Himmels sind drei Nonnen, die in einem alten verfallenden Kloster zusammen mit ihren Schafen leben. Mit einem normalen Klosterleben hat ihres kaum etwas gemein.


    Iphigenia und Margarita sind älter als ihre Mitschwester Carla, die von sich behauptet nichts anderes als das Kloster zu kennen. Kann das stimmen? Nun, benehmen tut sie sich jedenfalls so. Sie kennt nicht einmal den Umgang mit Gabeln wie sich herausstellt, als sie überraschend Besuch von einem Priester erhalten, der seinerseits über die Existenz der Nonnen recht erstaunt ist.


    Die drei kümmern sich um ihre Schafe und verarbeiten deren Wolle ebenso wie ihr eigenes Haar. Es wird gesponnen, gefärbt und verstrickt. Während ihrer Strickerei ist immer eine der drei an der Reihe eine Geschichte zu erzählen, die sie auch gerne nach ihrer Vorstellung ummodeln. So wird aus Dornröschen Heiderose und auch die Handlung realistischer. Sehr zum Mißfallen von Pater Ignatius, der von den Schwestern stets mit Vater John angeredet wird. Nicht dass sie jemals einen Priester dieses Namens kannten, aber ihren jeweiligen Schafbock nennen sie so. Die Schafe haben übrigens die Namen ehemaliger Mitschwestern.


    Da in der Inhaltsangabe steht, dass sich das Kloster auf einer kleinen Insel befindet, erstaunt es mich doch, dass Vater Ignatius mit dem Auto angereist ist, dass er irgendwo abgestellt hat. Von einem Boot war keine Rede gewesen. Seltsam. Aber vielleicht klärt sich das bald auf. Und auch was ihn in dieses Kloster geführt hat.

  • Die Sache mit dem Auto hat sich geklärt. Die Insel ist bei Ebbe zu Fuß zu erreichen und so konnte Ignatius mit seinem Auto die Insel erreichen, aber blieb recht bald stecken. So ohne Auto irrte er doch zwei Tage herum bis er das Kloster fand. Trotz Karte - was ich ihm von Herzen gönnte. :err:


    Vater Ignatius und die drei Nonnen können verschiedener nicht sein. Würde man die drei Frauen nur nach ihrem ersten Eindruck beurteilen, würde der ziemlich schlecht ausfallen. Sie waschen sich und ihre Kleidung so gut wie nie, sie essen mit den Händen, eigentlich leben sie fast wie ihre Schafe, könnte man sagen. Dagegen steht Vater Ignatius ein Vertreter der modernen Zivilisation, ausgestattet mit Auto und Mobiltelefon, mit Sehnsüchten nach weichen Betten und heißen Duschen. Klar, ich würde mich dabei voll auf seine Seite schlagen.
    Aber Ignatius ist mit einem genauen Plan auf der Insel erschienen und so war ich recht schnell bereit die Seiten zu wechseln. Nicht nur das er gotteslästerliche Worte im Munde führt, was die Nonnen sehr abstößt, er ist hinterhältig und gefühllos. Viel mehr Geschäftsmann als ein Mann Gottes.


    Die Nonnen sollen weg, die Schafe ebenso, denn diese Immobilie ist was wert. Wie viele Menschen hier eine neue Heimat finden könnten! Aber auch die Reichen brauchen Ruhe und die haben bekanntlich mehr Geld. Bei der Umsetzung dieses Planes ist er skrupellos. Weg mit den Relikten einer vergangenen Zeit, her mit der Zukunft. Das sehen die drei wackeren Nonnen jedoch ganz anders und beginnen sich zu wehren.


    Lambs of God, so der englische Originaltitel, passt wunderbar. Sie, die Schafe halten, sind wahre Schafe Gottes. Ihr praktizierter Glaube, der von der Kirche mit Entsetzen wahrgenommen werden würde, ist viel näher an der eigentlichen religiösen Botschaft als die des Priesters. Das Leittier Iphigenia versucht nun ihre kleine Herde vor dem bösen Wolf zu schützen.


    Nun, soweit ist der Roman recht gut zu lesen, obwohl mich die kargen Aussprüche der Nonnen, die oft nur in Satzfetzen kommunizieren, teils schon nerven. Aber es deutet sich auch mehr an. Carlas Erinnerungen an ihre Kindheit, werfen die Frage auf, woher sie kam. Ebenso Iphigenias Rückblicke auf die Zeit, als das Kloster noch gut gesetzt war, lassen auf mehr hoffen, als nur den ungleichen Kampf um ihre heimatliches Kloster.


    Wie kam es dazu, dass man diese Klostergemeinschaft so ganz vergaß. Sicher die Äbtissin ist schon lange tot, aber im Gegensatz zu den Bewohnerinnen ist das Kloster als Sachwert ja noch in den Büchern geführt.

  • Die drei Nonnen lassen sich nicht an der Nase herumführen und so dauerte es nicht lange bis sie die Initiative ergreifen. Dafür sind sie sogar bereit eine ihrer strengsten Regeln zu brechen. Vater Ignatius wird derweil "ruhig gestellt". Der Gute hat doch wahrlich versucht sich den dreien zu widersetzen.


    Aber, die Strafe folgt oft auf den Fuß, so denkt jedenfalls Margarita, denn Iphigenia muss den Regelbruch büßen. Wird ihr Leben sich wieder in die geregelten Bahnen zurückführen lassen, oder kommt es doch zu weitreichenderen Veränderungen. Iphigenia hat zeitweise sogar einen ihrere Sinne verloren und auch anderes, auf das immer Verlass war, will einfach nicht mehr so recht.


    Amüsant war die Szene, als Ignatius sah, was Clara im Bach gewaschen hatte. Allerdings glaube ich, er irrt sich da etwas mit der Herkunft.


    Zwischendurch geben sich die beiden älteren Nonnen immer wieder Rückblicken in ihre Leben vor dem Kloster hin, so dass man erfährt aus welchen Verhältnissen sie stammen. Die Erinnerungen an ihre Mitschwestern sind viel kürzer.
    Bei Clara bin ich mir inzwischen sicher, dass sie keine geweihte Nonne ist, sondern einfach seit ihres Auffindens unter ihnen gelebt hat.

  • Vater Ignatius musste seinen Aufenthalt im Kloster unfreiwillig verlängern, zudem in nicht eben komfortablen Verhältnissen muss man sagen. Umsorgt wurde er von den drei Nonnen, rund um die Uhr. Doch auch Iphigenia, Margarita und Clara haben eine psychisch wie physisch beschwerliche Zeit hinter sich bringen müssen, bis sich durch überraschende Neuigkeiten eine Lösung anbahnte, mit der alle leben konnten.


    Bis es allerdings so weit war, durchlebte man mit allen in Rückblicken prägende Teile ihres Lebens. So ergab sich oft eine erklärende Sicht auf das jeweilige Verhalten der Personen.


    Marele Day hat in ihrem Roman ein Kloster, abgekapselt von der Welt, mit seinen letzten Bewohnern über Jahre sich selbst überlassen zu einer eigenständigen Gesellschaft werden lassen. Die drei Frauen praktizierten ihren Glauben nach alten Ritualen, die sich mit Märchen und mythologischen Geschichten vermischten. Ein Leben, dass sich nach der Natur richtete. Einfach, ursprünglich, aber eben auch verwildert.
    Dem gegenüber stellte sie Vater Ignatius, der ein Vertreter der "zivilisierten" Kirche ist, und bei dem der Glaube mit weltlichen Wünschen verwoben ist.
    Die Lösung des Problems, das mit Ignatius seinen Einzug ins Kloster hielt, schweift dann auch wie die Geschichten, die sich die Nonnen bei der Arbeit erzählen, etwas ins märchenhafte ab.


    Schwester Iphigenia und ihr Geruchsinn hat mir eben so gut gefallen, wie die Schafe nach ihren ehemaligen Mitschwestern zu benennen. :smile:


    4ratten

  • Das hört sich richtig schön schräg an und wandert nun, da Du es abschließend gut bewertet hast, auf meinen Wunschzettel.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen