Matthew Pearl: Der Dante-Club

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.192 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Hallo zusammen,


    ein Lesefrüchtchen der letzten Woche:


    Sowohl Krimi - als auch historisch, ich kann mich nicht entscheiden: Also hier meine Ausführungen dazu.


    Matthew Pearl: Der Dante-Club Historischer Kriminalroman


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt: Im Boston des Jahres 1865 geht ein Serienmörder um. Scheinbar unbescholtene Honoratioren der Stadt werden auf bestialische Weise getötet.
    Die Polizei tappt im Dunkeln. Nur eine Schriftstellergruppe um den berühmten Henry Wadsworth Longfellow, der gerade die "Göttliche Komödie" Dantes ins amerikanische Englisch übersetzt, erkennt den brisanten Hintergrund: Der Täter mordet nach den von Dante beschriebenen Höllenqualen! Gemeinsam mit dem ersten farbigen Polizisten Bostons begeben sich die Dichter auf Verbrecherjagd.


    Einschätzung: Wer sich für amerikanische Geschichte und Literatur interessiert, außerdem seinen Dante kennt, ist hier gut bedient. Liebevoll werden die berühmten Dichter Longfellow, Oliver Wendell Holmes, James Russell Lowell und der wichtige Verleger J.T. Fields mit ihren Verdiensten und Macken dargestellt.
    Daneben erfährt man Interessantes aus den puritanischen Zeiten der Harvard- Universität, deren Vertreter Angst haben, dass eine Übersetzung des katholischen Italieners Dante die Moral der Leserschaft und den Ruf der Harvarder Professoren schädigen könnte.
    Allerdings ist der Roman nichts für Leute, die atemlose Spannung suchen. Es geht gemütlich und etwas langatmig zu, die Eitelkeiten der Dichter nehmen einen mindestens so großen Raum ein wie die Verbrechensrecherche.
    Fazit: Kein unvergessliches Highlight, aber ein vergnügliches Werkchen für Literatur- und Krimiliebhaber.


    HG
    finsbury

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Und wie viele Ratten würdest du vergeben?

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo fairy und HoldenCaulfield,



    Und wie viele Ratten würdest du vergeben?




    ist es Pflicht, Ratten zu vergeben?
    Ich mache das nicht so gern, weil ich erstens schon beruflich immer Noten geben muss :sauer: und weil zweitens Literatur - zumindest zum großen Teil - wirklich Geschmackssache ist. Ich denke, mein Urteil kann man der Besprechung entnehmen. Mir hat die Lektüre Spaß gemacht, aber man muss sich auch für das Thema interessieren!


    HG
    finsbury

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • finsbury
    Nö ist keine Pflicht denke ich- war nur so ein interesse meinerseits- mir hast du jedenfalls trotzdem Lust auf das Buch gemacht. Sollte ich mal irgendwann in ferner Zukunft dazu kommen es tatsächlich zu lesen schreib ich hier meine Meinung natürlich auch hinein.

  • Mir persönlich war der Dante-Club zu langatmig und langweilig. Zwei der Figuren Lowell und Longfellow konnte ich praktisch das ganze Buch hindurch nicht auseinander halten und auch ansonsten fand ich die Helden, vier ältere Männer aus dem literarischen Gesellschaftskreis Bostons, nicht sonderlich interessant. Die meiste Zeit passiert fast nichts und die Diskussionen der Übersetzer von Dante waren nicht dazu geeignet mir ihre Begeisterung für diesen Dichter nahe zu bringen. Als Gesellschaftsstudie vom Neuengland direkt nach dem Sezessionskrieg wäre das Buch noch ganz akzeptabel, Krimierwartungen werden eher enttäuscht.


    Ein Lob gehört allerdings der Ausstattung, mein Hardcover ist solide gearbeitet und beiliegende Lesezeichen mit Kurzbiographien der vier Hauptpersonen ist eine klasse Idee.


    3ratten

  • Boston 1865. Fünf bekannte Intellektuelle, darunter Oliver Wendell Holmes, Henry Wadsworth Longfellow und James Russell Lowell, haben sich zum geheimen "Dante-Club" zusammengeschlossen, um die "Göttliche Komödie" des italienischen Dichters endlich ins Englische zu übertragen und so der breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da das Werk zur der Zeit in Amerika sehr kontrovers diskutiert wird, verrichtet der Club seine Arbeit im stillen.


    Eines Tages wird ein Richter tot aufgefunden, seine Leiche wimmelt von Insekten. Glaubt man zunächst noch an einen Tod durch einen Schlag auf den Kopf, stellt sich bald heraus, dass nicht dieser, sondern die Insekten selbst die Todesursache waren. Wenige Tage später gibt es erneut einen Toten, einen auf andere, aber nicht minder kuriose Weise ums Leben gekommenen Priester.


    Die Herren vom Dante-Club horchen auf: hat nicht Dante in seinem "Inferno" über eben solche Todesarten geschrieben? Ist jemand etwa dem Club auf die Spur gekommen und benutzt Dantes Höllenbilder als Vorlage für grausige Morde? Eine entsetzliche Vorstellung und Anlass, eigene Nachforschungen anzustellen, da die Polizei offenbar nicht wirklich vorankommt.


    Mit das Schönste an diesem historischen Kriminalschmöker ist die Atmosphäre Bostons im 19. Jahrhundert, eine vornehme Stadt mit engen Verbindungen zur Universität von Harvard, die zahlreiche kluge Köpfe hervorgebracht hat. Ein Hauch von Düsternis liegt über dem Geschehen, der für angenehme Schauder sorgt. Holmes, Longfellow und Russell werden richtiggehend lebendig mit ihren Eigenheiten und ihrer persönlichen Geschichte. Auch Nebenfiguren wie Nicholas Rey, einer der ersten schwarzen Polizisten in den USA, haben scharfe Konturen und bleiben somit im Gedächtnis.


    Die Nachwehen des Bürgerkrieges sind noch deutlich spürbar, ein kleiner Exkurs führt uns mitten ins Grauen und die Menschenverachtung auf den Schlachtfeldern.


    Die Ermittlungsarbeit der gelehrten Herren liest sich wunderbar, nebenher ergehen sie sich in hochgeistigen Gesprächen und scharfsinnigen Scherzen, aber nie so hochtrabend, dass es nervig würde.


    Matthew Pearl ist übrigens Dante-Experte, lässt das immer wieder in die Handlung einfließen und weckt Interesse an Person und Werk des berühmten Dichters.


    Der Schluss hat mich nicht 100% überzeugt, doch die 500 Seiten bis dorthin haben mir großen Lesespaß bereitet.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Meine Meinung:


    Ein Kriminalfall der eng verbunden ist mit Dante's Göttlicher Komödie. Da ist auch die Beschreibung der Morde nicht ganz ohne. Mich hat gerade diese Verbindung sehr fasziniert. Der Dante Club hat seine ganz eigenen Gründe den Mord aufzuklären, irgendwie wurde ich mit keiner dieser Figuren wirklich warm, zu mal es manchmal recht schwer war die Figuren auseinander zu halten. Doch der Fall selbst und auch die Aufklärung der Morde machen dieses Buch zu dem was es ist: ein spannender Kriminalroman!
    Er beschreibt auch einen Teil amerikanischer Geschichte, den Amerikanischen Krieg zwischen den Nord und Südstaaten und seine Folgen auf die Soldaten. Die Situation der damaligen Buchverlage und warum war es eine kleine Revolution Dante in Amerika zu übersetzen sowie zu veröffentlichen? Gerade diese Mischung ist dem Autor sehr gut und auch logisch gelungen. Durch den Polizisten Rey wird auch noch die Frage der Rassentrennung angesprochen, wie war es damals für einen nun freien Schwarzen in einer weißen Gesellschaft leben zu müssen, die ihn von vorneherein ablehnt?


    Leider ist das Ende ein wenig überzeichnet und wie schon erwähnt ist es schwierig die Hauptfiguren auseinander zu halten. Das trübt das Lesevergnügen ein wenig. Für die insgesamt jedoch recht starke Handlung und weil mir so auch Dant's Göttliche Komödie näher gebracht wurde:


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus: