Julio Cortázar - Rayuela

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 4.242 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von yanni.

  • Hallo!


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    Paris der 50-er Jahre. Viele Emigranten aus Lateinamerika befinden sich in der Stadt. Einer davon ist Horacio Oliviera, ein junger Intellektueller und Bohèmien aus Buenos Aires. Er und seine Geliebte Maga, die aus Uruguay stammt, gehören dem „Klub der Schlange“ an, einem Kreis Intellektueller, die nächtelang über Literatur, Kunst, Jazz und das Leben diskutieren. Oliviera ist ein Zyniker, der sich mit sich selbst und der Welt um ihn herum sehr schwer tut. Im Gegensatz zu ihm ist Maga ein lebendiges, weltoffenes, fast naives aber sehr wissbegieriges Mädchen.


    „Anders als ich braucht sie das Wissen nicht, sie kann in der Unordnung leben, ohne daß irgendein Ordnungsbewußtsein sie zurückhielte. Diese Unordnung, die ihre geheimnisvolle Ordnung ist, diese Bohème des Leibes und der Seele, die ihr die wahren Türen sperrangelweit öffnet. Ihr Leben ist Unordnung nur für mich, der ich unter Vorurteilen begraben bin, die ich zugleich verachte und anerkenne. Ich, verdammt dazu, von der Maga unabänderlich freigesprochen zu werden, die über mich richtet, ohne es zu wissen. Ach, laß mich eintreten, laß mich eines Tages so sehen, wie deine Augen sehen.“ (S. 117)


    Cortázar beschreibt das Pärchen so intensiv, dass ich oft das Gefühl bekam, gemeinsam mit ihnen durch das Quartier Latin zu schlendern, auf dieser oder jener Brücke zu verweilen und die Seine zu beobachten. Aber obwohl sie sich sehr gut zu ergänzen scheinen, verlieren sie einander.


    „- Ich hab geglaubt, ich könnte dich schützen. Sag nichts. Ich hab schnell gemerkt, daß du mich nicht brauchst. Wir haben uns geliebt wie zwei Musiker, die sich zusammentun, um Sonaten zu spielen.
    - Hübsch, was du da sagst.
    - So war es. Das Klavier ging seiner Wege und die Geige ging ihren Weg, und daraus entstand die Sonate, aber du siehst ja, im Grunde haben wir uns nicht gefunden. Ich hab es sofort gemerkt, Horacio, aber die Sonaten waren so schön.
    - Ja, Liebes.“ (S. 110/111)


    Eines Tages wirft Maga Oliviera aus der gemeinsamen Wohnung. Sie verschwindet und er wird nach einem unrühmlichen Zwischenfall des Landes verwiesen. Damit endet der erste Teil des Buches.


    Der zweite Teil spielt in Argentinien. Oliviera kehrt zurück nach Buenos Aires und wird von seinem alten Freund Traveler und seiner Frau Talita empfangen. Die Zwei arbeiten im Zirkus und verschaffen auch Oliviera dort eine Arbeit. Nach und nach beginnt sich Oliviera immer seltsamer zu benehmen: er glaubt, in fremden Frauen und vor allem in Talita Maga zu erkennen. Trotzdem verbringen die Drei sehr viel Zeit miteinander, obwohl Traveler und Talita teilweise verstört und verwirrt sind wegen Olivieras Benehmen. Eines Tages verkauft der Zirkusinhaber seinen Zirkus und kauft eine Irrenanstalt, wohin ihm die ganze Belegschaft folgt. Aber Oliviera versperrt sich oft im Zimmer, starrt auf das Himmel-und-Hölle-Spiel (auf spanisch "rayuela") im Hof der Anstalt und verliert sich immer mehr in seinen Wahnvorstellungen.



    Das Buch besteht aus drei Teilen: der erste Teil spielt in Paris, der zweite in Buenos Aires und der dritte Teil sind „Kapitel die man getrost bei Seite lassen kann“. Man kann das Buch nun auf zwei verschiedene Arten lesen. Entweder man liest es konventionell wie jedes andere Buch auch, aber damit endet es mit dem Kapitel 56 (von 155). Oder man folgt dem Fahrplan des Autors, springt immer wieder vor und zurück. Die gewöhnliche Lesereihenfolge wird dabei mit den Kapiteln aus dem dritten Teil durchsetzt. Dieser dritte Teil besteht aus Zitaten, Zeitungsartikeln, Monologen und Notizen. Manche von ihnen sind vertiefende Kapitel zur Haupthandlung, andere scheinen fast gar keinen Bezug zur Handlung zu haben. So habe ich mich oft dabei erwischt, die besagten Kapitel eher zu überblättern als zu lesen. Sonst hat mir Cortázars Sprache sehr gut gefallen, v.a. der erste Teil mit Maga, wo sich Oliviera auf einer fast labyrinthischen Suche nach der Liebe und einer Ergänzung seines Selbst befindet. Der zweite Teil war bereits ein bisschen schwächer und den Dritten habe ich teilweise wirklich nur überflogen.


    Laut der Frankfurter Rundschau wird derjenige, der sich Cortázar zum Komplizen macht, in Rayuela eine Schatzinsel finden. Teile dieses Schatzes habe ich gefunden, fand mich aber auch immer wieder schwer überwindenbaren Hindernissen gegenüber.


    3ratten


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

    Einmal editiert, zuletzt von nikki ()

  • Das klingt ja hochinteressant.
    Danke für diese aussagekräftige Rezension, nikki! :blume:

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  • Hallo!


    Gern geschehen! :winken:



    @klassikfreund, ich bin schon gespannt auf Deine Meinung zum Buch.


    Bluebell, ja das Buch hat sehr viele interessante Ansätze. Ich glaube, man könnte da noch viele verschiedene Schätze ausgraben. :smile:



    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Heute geht es los mit einem Buch, auf das ich mich schon seit längerer Zeit regelrecht gefreut habe:


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    Rayuela, von Julio Cortázar.


    Zu Cortázar kam ich auf dem Umweg über António Lobo Antunes; Cortázar gehörte zu seiner Lektüre während des Einsatzes im angolanischen Kolonialkrieg, in "Leben auf Papier beschrieben" erzählt er davon. Einige kleinere Erzählungen hatten mich beeindruckt, und jetzt also dieser dicke und chaotische Roman. Eine "Rayuela" nennt man im spanischen Sprachraum das Spiel, das wir als "Himmel und Hölle" kennen. Und so kann man auch das Buch lesen: etweder man liest es in der normalen, aufsteigenden Kapitelreihenfolge - und dann noch etwa 60 angehängte Kapitel, die mit dem Lauf der Geschichte nicht direkt etwas zu tun haben - oder man hüpft kreuz und quer durch den Text mit allen Annexen; dazu steht am Ende jeden Kapitels, wo es jeweils weitergehen soll.


    Erste Leseprobe: das Buch ist so übermütig wie die Sixties, in denen es entstand. Ich denke, ich werde hier später eine Rezi darüber hinterlassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Gronauer ()

  • @Gronauer
    Die Beschreibung deines Buches liest sich interessant. Kreuz und quer durch den Text zu hüpfen wäre für einige Leser sicher das reinste Abschreckungsmittel. :smile: Aber diese Handhabung passt ja hervorragend zum Titel.


    Ich bin jedenfalls gespannt auf deine abschließende Meinung dazu.