Ball, David - China Run/Nacht über dem Yangtse

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  • Kurzbeschreibung www.amazon.de
    Lange hat Allison Turk sich ein Kind gewünscht. Als sie schließlich im fernen China ihr Adoptivbaby Wen Li in Empfang nehmen darf, ist ihr Glück vollkommen. Mit einer Gruppe frisch gebackener Eltern rüstet sie zum Aufbruch in die Heimat - da schlägt eine Nachricht wie eine Bombe ein: Aufgrund einer Anordnung der Behörden müssen alle Kinder binnen einer Stunde zurückgegeben werden. In Panik verlässt Allison mit ihrem Töchterchen das Hotel und befindet sich zusammen mit zwei anderen Paaren in der schwierigsten Situation ihres Lebens. Auf einmal sind sie Kidnapper und befinden sich auf einer nervenzerreißenden Flucht - nicht der Schnellste wird überleben, sondern der Stillste, Klügste und Listigste ...


    Über den Autor
    David Ball ist Globetrotter mit ausgeprägtem Hang zum Mittelmeerraum. Er war Taxifahrer in New York City, ist mit einem Kleinbus durch die Anden gefahren und hat eine Straße in Westafrika gebaut. Heute lebt er mit Frau und zwei Kindern in einem selbstgebauten Haus in den Rocky Mountains. Mit seinem historischen Tuareg-Roman Ikufar - Sohn der Wüste feierte er einen sensationellen Erfolg.


    Meine Meinung:
    „China Run“ ist die Taschenbuch-Ausgabe von „Nacht über dem Yangtse“.


    In diesem Roman begegnete ich Korruption, Mord, Folter Menschen- und Organhandel, alles geschah aber auf die subtile chinesische Art. Mafiöse Strukturen waren deutlich erkennbar. Die organisierte Kriminalität blühte hinter der Kulisse des modernen sich öffnenden China. Ein bedeutendes Thema in diesem Buch war die in China geforderte Ein-Kind-Ehe. Mädchen waren nicht erwünscht, sie tragen den Familiennamen nicht weiter und verlassen als Erwachsene das Haus. Da musste frühzeitig Abhilfe geschaffen werden, entweder durch Abtreibung, bereits geborene Kinder wurden ausgesetzt oder in den Fluss geworfen oder bestenfalls in einem Waisenhaus abgegeben. Solche unerwünschten Kinder sollten amerikanischen Paaren zur Adoption übergeben werden. Auch Claire, Ruth und Allison hielten ihre Babys schon in den Armen, als das Schicksal, besser gesagt die chinesischen Behörden eine andere Entscheidung trafen, die eine rasante Flucht der Adoptiveltern zur Folge hatte.


    Diesem Roman gegenüber entwickelte ich etwas gemischte Gefühle. Auf der einen Seite las ich einen spannenden, mitreißenden und emotionalen Roman. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen und wollte wissen, wie es weitergeht. Die Gefühlsebene wurde stark angesprochen, weil man mit den Frauen mitfieberte und mit ihnen und den Babys litt. David Ball baute in seinen Roman sehr schöne Landschaftsbeschreibungen ein. Darüber hinaus ließ er mich eine Kultur erleben, die mir recht fremd war, er schilderte die Besonderheiten der chinesischen Mentalität und des ganzen chinesischen Systems nachvollziehbar und glaubhaft.
    Auf der anderen Seite störten mich diese typischen Thrillerelemente etwas. Besonders die letzte Verfolgungsjagd war mir persönlich zu dick aufgetragen. Außerdem war während der geschilderten langen Flucht der Mütter immer ein frisches Fläschchen oder eine saubere Windel für die Kleinen parat, egal welche Eile gerade geboten war. Bis auf diese Kritikpunkte wirkte „China Run“ recht authentisch. Die Vorstellung, dass solch ein Menschenhandel stattfinden könnte, liegt nicht außerhalb meiner Phantasie. Aber dieser Roman wurde aus rein amerikanischer Sichtweise geschrieben und da sind die Rollen von gut und böse recht klar verteilt.


    Insgesamt gesehen hat mir das Buch gefallen, das Ende kam gemäß meinen Erwartungen. Aber es hat mich berührt, mitgerissen und gefesselt. David Ball ist ein guter Erzähler, ihm hätte ich noch ein paar Stunden folgen können.


    Was mich jedoch immer wieder ärgert ist, dass Verlage Taschenbüchern einen anderen Titel geben als den entsprechenden Hardcover-Ausgaben. Das ist eine Sache, die ich wohl nie begreifen werde.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Liebe Grüße<br />Karthause :schmetterling:<br /><br />Die Kunst zu lesen, in ein Buch hineinzufallen, darin zu versinken, kaum noch auftauchen zu können, ist ein Stück Lebenskunst. <br />Elke Heidenreich

  • Allison Turk und mehrere andere Amerikaner sind in China, um kleine Mädchen zu adoptieren. Nach vier Tagen sollen sie angeblich wegen eines Missverständnisses die Kinder plötzlich gegen andere austauschen, wogegen sich zunächst alle Mitglieder der amerikanischen Gruppe wehren. Allison mit ihrem neunjährigen Sohn Tyler, eine Frau und eines der Ehepaare beschließen spontan, mit ihren Babys zu flüchten. Nur mit etwas Bargeld und leichtem Gepäck schaffen sie es mit der Hilfe ihrer chinesischen Dolmetscherin, sich vorerst auf einem Kutter in Sicherheit zu bringen. Bei einer nächtlichen Polizeiaktion wird das Schiff gerammt und sinkt. Die vier Frauen können sich mit den Kindern retten, doch der chinesische Polizei- und Behördenapparat läuft weiter auf Hochtouren, um die Ausländerinnen zu erwischen. Dabei ist jedes Mittel recht, um Zeugen zum Reden zu bringen. Unter dem Einfluss von Regenzeit, Krankheit und mangelnden Orts- und Sprachkenntnissen wird die fliehende Gruppe immer kleiner, bis schließlich nur noch Allison mit Tyler und dem Baby auf freiem Fuß ist. Bei den Fahndungsarbeiten zeichnet sich unterdessen ab, dass es einen erschreckenden Grund gibt, warum die Kinder zurückgegeben werden sollten.


    Die Geschichte einer Flucht ist es nur auf den ersten Blick, eigentlich steckt noch viel mehr dahinter. Die Auswirkungen der Ein-Kind-Politik sind in vielerlei Hinsicht spürbar, was sich kriminelle Organisationen auf unterschiedliche Weise zunutze machen. Illegale Adoptionen sind da noch ein vergleichsweise harmloses Beispiel. Die Bevölkerung hat auch mit der ständigen Kontrolle durch Regierung und Polizei zu kämpfen, und selbst unbescholtene Bürger bleiben nicht verschont, wenn es darum geht, Informationen zu bekommen. Entsprechend ist auch das Bild, das von den Menschen vermittelt wird: Die einfachen Leute sind freundlich und hilfsbereit, obwohl sie mit Sanktionen rechnen müssen, während die staatlichen Vertreter als skrupellose Beamte erscheinen, denen jedes Mittel recht ist, um staatsfeindliche Subjekte auszumerzen.


    Erzählerisch ist das Buch gut angelegt. Die Spannung setzt gleich zu Beginn ein und bleibt fast durchgehend erhalten. Der zeitliche Ablauf hat mich mitunter ins Grübeln gebracht, aber darüber kann man hinwegsehen, weil es inhaltlich nicht wirklich von Belang ist. Die meisten Figuren sind glaubhaft dargestellt, wenn auch manchmal zu knapp. Über die chinesischen Beamten kann ich mangels persönlicher Vergleichsmöglichkeiten wenig sagen; ihre Rolle als die Bösen spielten sie aber fast immer überzeugend. In den ruhigen Passagen des Buches kamen die Landschaftsbeschreibungen gut zum Ausdruck, da fiel es nicht schwer, sich die Szenerien bildlich vorzustellen.


    David Ball ist übrigens selbst Vater einer chinesischen Adoptivtochter und hat möglicherweise mehr Ahnung von den chinesischen Gepflogenheiten, als man sich wünschen würde.


    4ratten