Er drehte sein Weinglas. Er nahm all seinen Mut zusammen. Er brauchte zwei einleitende Sätze. Mehr nicht. Zwei Sätze, um ihre Einstellung auszuloten, um in dieser Spanne Zeit die richtigen Worte für das Eigentliche zu finden. Der erste Satz sollte luftig sein, eine Causerie über alte Kaffeehäuser auf der ganzen weiten Welt, die, einmal als Dekor einer ersten Begegnung gewählt, oft ein Leben lang besucht und dann immer wehmütigere Zeugen unverbrüchlicher Treue würden, ob sie nun Quadri hießen, Les deux Magots, Gran Cafe Boulevard oder Der vergoldete Türke.[…]
Mit direkten, knappen Sätzen konstruiert Tomas Lieske zwei turbulente Lebensgeschichten und verflechtet diese zu einer leidenschaftlichen Romanze, die von Scham, Betrug und Geheimnissen beherrscht wird.
Zum einen gibt es da Taco Albronda, der in den trügerischen Poldern Südhollands aufwächst und nach dem Autounfall seiner Eltern und dem mysteriösen Verschwinden seiner beiden Schwestern Hanna und Pieke unter neuer Identität das Land verlässt und seinen Bruder Fedde allein im stattlichen Albronda-Anwesen zurücklässt. Er verdient seinen Lebensunterhalt durch das Fälschen von Ausweisen und offiziellen Dokumenten.
Zum anderen erscheint die junge Pili Eguren auf der Bildfläche, die ihre Eltern durch die Hinrichtung während dem spanischen Bürgerkrieg verlor und in ein Waisenhaus gebracht wird. Nach Jahren unerbittlicher Züchtigung findet sie schließlich Unterschlupf bei Verwandten.
Während einer Zugreise im Jahre 1944 treffen die beiden Protagonisten aufeinander. Zögernd keimt eine Begierde voller Sinnlichkeit und Erotik auf. Als die gefälschte Identität Tacos zu bröckeln droht, fliehen beide in Tacos Elternhaus, zu seinem mittlerweile verkommenen und isolierten Bruder Fedde. Dort scheint die Vergangenheit Taco wieder einzuholen. Geheimnisse werden gelüftet und das Chaos wird unvermeidlich.
Nach und nach werden Bruchstücke aus fernen Tagen ausgegraben und wie ein Mosaik zusammengesetzt. Lieske erzählt gegen den Zeitstrom, Erinnerungsfetzen und die stetige Änderung der Perspektive füllen die Lücken aus. Eine wirkungsvolle Methode, dem Leser eine Szene von mehreren Standpunkten aus zu beleuchten. Mit großartigem, literarischem Geschick verbindet er, ohne sich in überflüssigen Details zu verlieren, die vielschichtigen Charaktere dreier Figuren - im Durchzug politischer Entwicklungen stehend.
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Gruß,
dumbler