Lesenacht zum Tag der verbrannten Bücher ~ 12.05.2007

Es gibt 47 Antworten in diesem Thema, welches 11.844 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • :winken:


    Am 10. Mai 1933 begannen die Nazis, Bücher unliebsamer AutorInnen zu verbrennen.
    Zum Gedenken an diese Tat haben wir beschlossen, in dieser Lesenacht Bücher zu lesen, die die Nazis missbilligt haben und über sie berichten.


    Hier findet ihr eine Liste der SchriftstellerInnen, deren Bücher die Nazis verbrannt haben.
    Damit wir nicht so in Zeitdruck geraten haben wir beschlossen, hier auch nach dem 12. Mai weiterzuschreiben, bis wir unsere Bücher durch haben.


    Es wäre schön, wenn ihr erstmal kurz euer Buch vorstellt, mit kurzem Inhalt und Amazon-Verlinkung.
    Erzählt doch auch, wie ihr euch heute wach haltet, ob ihr euch was zu knabbern bereit stellt oder Tee aufsetzt (was? welchen?).
    Interessant ist auch immer, warum ihr gerade dieses Buch ausgewählt habt - vielleicht hat es sogar eine kleine Geschichte?


    Viel Spaß beim Lesen und Diskutieren! :smile:

  • Hallo,


    eigentlich wollte ich "Bruder und Schwester" von Leonhard Frank lesen. Darin geht es um ein Geschwisterpaar, die wegen Scheidung ihrer Eltern auseinandergerissen werden, sich als Erwachsene wieder begegnen und sich ineinander verlieben, aber nicht wissen, dass sie Geschwister sind.


    Ich habe mich doch nicht für das Buch entschieden, weil ich die ersten 70 Seiten gelesen habe und es eher drittklassig finde. Ein Grund: Sie reden zumm ersten Mal miteinander und schon sagt der Bruder, sie sollen in London heiraten, dort gebe es weniger Formalitäten. Da bin ich doch etwas zusammengezuckt. Nach dem ersten Kuss wird über die Frau gesagt, sie kannte bisher nur den Kuss von ihrer Mutter. Naja, da hat's mir schon gereicht. Ich möchte schließlich heute Nacht ein schönes Buch lesen.


    So kramte ich vorhin eines meiner Lieblingsbücher hervor:


    Anna Seghers: Der Ausflug der toten Mädchen und andere Erzählungen


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    "Der Ausflug der toten Mädchen", die erste Erzählung, enstand im mexikanischen Exil.


    Obwohl ich das Buch schon einmal gelesen habe, lese ich es mit Freuden noch einmal. :klatschen:


    Liebe Grüße
    mombour

  • So, ich habe mich entschieden und werde mit Stefan Zweig: Schachnovelle beginnen. Gelesen habe ich es noch nie, ich kenne nur die Verfilmung mit Curd Jürgens. Daher bin ich, obwohl ich wahrscheinlich weiß, um was es ungefähr geht, doch einigermaßen gespannt :smile:
    Und damit ich nicht sofort darüber einschlafe (was dann wohl weniger an dem Buch als an meiner Frühjahrsmüdigkeit liegen dürfte :zwinker:), setze ich mir jetzt erst noch einen schönen Rotbuschtee auf, Sanddorn-Sahne paßt bestimmt gut zu den Resten der Osterschokolade ...


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Auch ich habe mich nach langer Qual der Wahl für ein Buch von Anna Seghers entschieden, ihr wohl bekanntestes, nämlich Das siebte Kreuz. Vor vielen, vielen Jahren habe ich es schon einmal gelesen, damals hatte ich es aus dem Regal meines älteren Bruders geholt. (Da der 1978 von zu Hause ausgezogen ist, muss meine Lektüre wirklich schon lange her sein, ca. 30 Jahre :ohnmacht: . Kann ich wirklich schon so alt sein? :zwinker: ) Vor einigen Jahren habe ich es mir dann selbst gekauft, und werde es jetzt endlich, endlich noch einmal lesen.


    Kurzbeschreibung (laut Amazon):
    Im Zentrum des 1937 spielenden Romans steht die Flucht von sieben Häftlingen aus einem deutschen Konzentrationslager. Sechs der Häftlinge werden im Lauf der sieben Tage umspannenden Handlung zu Tode gejagt oder gefangen. Im Lager stellt der KZ-Kommandant die Opfer an eigens errichteten >>Kreuzen<< zur Schau. Nur die Hauptfigur Georg Heisler, der siebte Flüchtling, kann den Verfolgern entkommen. Die Flucht ins Ausland gelingt dank der Hilfe von Freunden, Familienmitgliedern und Zufallsbekanntschaften, deren Lebensumstände und Beweggründe - wie die der Häscher und Mitläufer des Regimes - in zahlreichen mit der Rahmenhandlung verwobenen Episoden mitgeteilt werden. Widerstand und Zivilcourage führen dazu, dass das siebte, für Heisler bestimmte Kreuz am Ende leer bleibt und zu einem Symbol der Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit wird.

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    Ich habe heute nachmittag schon mit dem Lesen begonnen und bin schon voll gefesselt. Stilistisch gefällt es mir gut, wobei mir mal wieder auffiel, wie sehr sich das "literarische Deutsch" seit damals verändert hat. Ziemlich viele Sätze könnte ich mir in einem modernen Roman so nicht vorstellen, etwas, das mir übrigens auch bei Joseph Roth und Stefan Zweig aufgefallen war. Das ist jetzt aber nicht negativ gemeint, ganz und gar nicht.



    Stefan Zweig: Schachnovelle(...) die Verfilmung mit Curd Jürgens


    Was? Curd Jürgens hat in einer Zweig-Verfilmung mitgespielt? Die Schachnovelle muss ich auch dringend mal wieder lesen. Auch sie habe ich von 25-30 Jahren voller Faszination verschlungen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Zwar wurde Flucht in den Norden von Klaus Mann erst in dessen Exil geschrieben aber da seine bis dahin erschienen Werke ebenfalls verbrannt wurden bin ich sicher diesem Roman wäre es ebenso ergangen, zu Mal Klaus Mann bekannter Maßen ein Gegner des Regimes war.
    Da Klaus Mann einer meiner Lieblingsschriftsteller ist lag es für mich Nahe ein Buch von ihm zu lesen. (Nebenbei lese ich hier ein Buch das auf meiner SUBWettenliste liegt :zwinker: )


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    Inhalt:
    Das Buch erzählt vom Schicksal einer jungen Deutschen, die mit den Kommunisten sympathisiert: Johanna flieht vor dem Terrort des Nazi-Regimes nach Finnland und verliebt sich dort in den Gutsbesitzer Ragnar. Doch das Liebesglück im hohen Norden währt nur kurze Zeit- dann erreichen Johanna Nachrichten von ihren nach Paris geflüchteten Genossen. Sie wird gebraucht im Wiederstandskampf, und sie entscheidet sich schweren Herzens, dem Ruf ihrer politischen Freunde zu folgen und Ragnar zu verlassen.

  • Juchuuu! Endlich bin ich wieder mal bei einer Lesenacht dabei! :klatschen: Nachdem mein Zimmer bis vor kurzem insgesamt 2 Monate (statt der ursprünglich geplanten 2 Wochen :rollen:) untervermietet war und mein Internetzugang zu später Stunde daher wegfiel, freue ich mich riesig, endlich mal wieder eine Nacht mit euch gemeinsam zu verlesen.


    Wie schon erwähnt, habe ich mich entschieden, Pünktchen und Anton von Erich Kästner zu lesen.


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    Klappentext
    »Streichhölzer, kaufen Sie Streichhölzer, meine Herrschaften!« ruft Pünktchen, alias Luise Pogge, wenn sie allabendlich neben einer merkwürdigen alten Frau auf der Weidendammer Brücke mitten in Berlin steht. Natürlich ohne das Wissen ihrer Eltern, Herrn und Frau Direktor Pogge, die sie ja ganz sicher in der Obhut von Fräulein Andacht glauben. Aber ist Fräulein Andacht wirklich so harmlos, wie sie tut? Als die Situation dann brenzlig wird, ist zum Glück Pünktchens Freund Anton zur Stelle, und sie selbst ist ja schließlich auch nicht auf den Kopf gefallen!


    Erich Kästner war übrigens bei der Verbrennung seiner eigenen Bücher auf dem Berliner Opernplatz zugegen und fand neben anderen Autoren im zweiten Feuerspruch Erwähnung, in dem ihnen “Dekadenz und moralischer Verfall” vorgeworfen und zu “Zucht und Sitte in Familie und Staat” aufgerufen wurde. :sauer:

  • So, das liest sich ja flott weg, ich bin schon durch das erste Drittel. Viel ist bislang nicht passiert, denn zunächst macht Zweig uns mit dem Lebenslauf des Schachmeisters Czentovic bekannt, der eine ausgesprochen einseitige Begabung ausschließlich fürs Schachspiel aufweist, damit aber eine Menge Geld verdient. Nun befindet er sich auf einem Dampfer, der ihn von New York nach Buenos Aires bringen soll, und ein reicher Schotte, ein gewisser McConnor, hat dank seiner Bereitschaft Czentovic sein gefordertes Honorar zu bezahlen, diesen zu einer Partie Czentovic gegen sich und seine Mitreisenden bewegen können. Jetzt läuft gerade die Revanchepartie, in der die Gegner einen Vorteil für sich zu erkennen meinen, aber gerade hat sich eine flüsternde Stimme eingemischt und von dem Zug abgeraten, der den Bauern zur Dame machen würde.



    Was? Curd Jürgens hat in einer Zweig-Verfilmung mitgespielt? Die Schachnovelle muss ich auch dringend mal wieder lesen. Auch sie habe ich von 25-30 Jahren voller Faszination verschlungen.


    Ja, das ist ein Schwarzweiß-Film von 1960, die Darstellerliste liest sich wie das damalige Who's-Who des deutschen Films: Curd Jürgens, Mario Adorf, Hansjörg Felmy, Hans Söhnker, Dietmar Schönherr ... Ich habe ihn auch in ziemlicher guter Erinnerung. Curd Jürgens spielt übrigens den Dr. B, der ja jetzt gerade in meinem Buch auftaucht. Ich bin nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, Mario Adorf war Czentovic.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich habe nun begonnen und bin gleich mit Johanna, der Hauptfigur bekannt geworden. Der Roman ist ja der erste den Klaus Mann im Exil schrieb, und so ist es nicht weiter verwunderlich das dieser dann auch davon handelt. Im Nachwort habe ich gerade nachgelesen das Klaus Mann hier auch eigene Erfahrungen aus einer früheren Reise nach Finnland eingearbeitet hat.

  • Hallo zusammen,


    ich komme auch an Bord! Für heute abend habe ich mir eine kleine Textsammlung von Kurt Tucholsky vorgenommen, auch einer jener Autoren, deren Bücher am 10.05.1933 von den Nazis verbrannt wurden. So sieht es aus:


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    Kurt Tucholsky - Gruß nach vorn herausgegeben von Erich Kästner


    Damit schlage ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, denn der Herausgeber Erich Kästner gehörte, wie *Sternenstauner* schon erwähnte, ebenfalls zu den betroffenen Autoren. Dass er selbst die Verbrennung seiner Bücher miterleben musste, finde ich besonders bitter.



    Klappentext:
    Sehr oft sei er ihm nicht begegnet, schreibt Kästner in seinem Nachwort zu dieser außergewöhnlichen Sammlung, wahrgenommen und begleitet hat er ihn dafür um so intensiver. Ihn, den "kleinen dicken Berliner, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wollte", den schärfsten Kritiker des Nationalsozialismus, den großen Satiriker der Weimarer Republik, der 1929 ins Exil ging und sich sechs Jahre später aus Verzweiflung den Tod gab. 1946 hat Erich Kästner seine Lieblingstexte aus Tucholskys eigenen Sammlungen "Ein Pyrenäenbuch", "Mit 5 PS", "Das Lächeln der Mona Lisa" und "Lerne lachen ohne zu weinen" ausgewählt und bei Rowohlt herausgegeben. Hier wird dieser Band seit vielen Jahren erstmals wieder zugänglich.


    Das Buch ist im September 2006 im Anaconda-Verlag erschienen.


    Was gibt es zum kulinarischen Part des Abends zu sagen? Na, ich werde mir wohl einen leckeren Tee machen (ich habe einen neuen Weißen Tee mit Orangengeschmack), und später gibt es ein paar frische Erdbeeren, auf die freue ich mich schon den ganzen Tag.


    Toll, dass ihr so zahlreich mitmacht! Ich wünsche uns allen eine interessante und spannende Lesenacht.


    Viele liebe Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Klaus Mann lässt Jens auftreten, eine Figur die nicht versteht weshalb Johanna fliehen musste, eine Figur die wohl auch den damaligen politischen Wind im Ausland repräsentiert, der ja der Politik des Regimes gar nicht so abgeneigt war wie es viele Länder heutzutage gerne hätten. Jens gehört einer rechten politischen Bewegung in Finnland an. Johanna hat sich aber bisher noch nicht auf eine Politische Diskussion eingelassen, ich denke sie möchte erstmal richtig ankommen und dann überlegen was sie jetzt eigentlich genau machen möchte. Sie ist übrigens illegal ausgewandert, ihre Freunde sind in Paris.


    Klaus Mann hat diesen Roman übrigens Wolfgang Helmert gewidmet, einem Freund der im Exil starb. Zuerst hatte er ihn aber eigentlich Hans Aminoff widmen wollen, in den er sich wärend seiner Finnlandreise verliebt hatte. Dieser gab ihn jedoch auf und heiratete. Vermutlich um sein ansehen zu erhalten da er einer bekannten Familie in Finnland angehörte. Klaus Mann brach es das Herz und vermutlich widemete er das Buch auch nicht dem ehemaligen Geliebten um ihn nicht zu kompromitieren.

  • Das siebte Kreuz.
    Zwei der sieben entflohenen Häftlinge sind schon wieder gefangen worden, allerdings nicht Georg, aus dessen Perspektive von der Flucht erzählt wird. Überraschenderweise für mich - in meiner Erinnerung wurde das ganze Buch aus Georgs Sicht geschrieben - wird auch viel von Franz, einem früheren Freund Georgs, erzählt, der in der Nähe wohnend, von der Flucht er Sieben erfahren hat, und nun rätselt, ob Georg sich auch unter ihnen befindet. Durch Franz erfahren wir viel über die Lebenssituation der Arbeiter im Deutschland der 30er Jahre. Er hat nach langen Jahren der Arbeitslosigkeit endlich wieder einen Job bei den Farbwerken Höchst bekommen.
    Überrascht hat mich auch der Handlungsort, die Rhein-Main-Gegend. Ich hatte Anna Seghers immer für eine Berlinerin gehalten, aber Wikipedia belehrt mich, dass sie in Mainz geboren und aufgewachsen und erst später nach Berlin gezogen war.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Dr. B. hat dem Ich-Erzähler, einem Landsmann, seine Geschichte erzählt und sich dann bereit erklärt, am nächsten Tag eine Partie gegen den Schachmeister zu spielen. Er hat seine Schachkenntnisse aus der Gestapo-Haft, wo es ihm nach mehreren Wochen Isolationshaft gelang, ein Schachrepetitorium in seine als Hotelzimmer getarnte Zelle zu schmuggeln. Nachdem er die Musterpartien des Buches aber alle auswendig konnte, hat er angefangen, imaginär gegen sich selbst zu spielen, was ihm ein derart starkes Nervenleiden einbrachte, daß man ihn aus der Haft entließ und sogar ausreisen ließ. Beim Spiel gegen Czentovic steigert sich Dr. B. aber wieder in seine innerlichen Partien hinein, was letztlich zu einem Abbruch in der zweiten führt. Dr. B. verläßt das Spielzimmer ...


    Der Vorteil so eines kurzen Textes ist es ja, daß man ihn an einem Abend wirklich gelesen bekommt :breitgrins:



    Klappentext:
    Sehr oft sei er ihm nicht begegnet, schreibt Kästner in seinem Nachwort zu dieser außergewöhnlichen Sammlung, wahrgenommen und begleitet hat er ihn dafür um so intensiver. Ihn, den "kleinen dicken Berliner, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wollte", den schärfsten Kritiker des Nationalsozialismus, den großen Satiriker der Weimarer Republik, der 1929 ins Exil ging und sich sechs Jahre später aus Verzweiflung den Tod gab. 1946 hat Erich Kästner seine Lieblingstexte aus Tucholskys eigenen Sammlungen "Ein Pyrenäenbuch", "Mit 5 PS", "Das Lächeln der Mona Lisa" und "Lerne lachen ohne zu weinen" ausgewählt und bei Rowohlt herausgegeben. Hier wird dieser Band seit vielen Jahren erstmals wieder zugänglich.


    Daß Tucholsky Selbstmord begangen habe, wird heute durchaus in Frage gestellt. Es ist bekannt, daß Tucholsky ohne Medikamente nicht mehr einschlafen konnte. An die Einnahme von entsprechenden Mitteln gewöhnt, mußte er wahrscheinlich die Dosis immer weiter erhöhen, und damit den Abstand zwischen der schlafbringenden und tödlichen Menge gefährlich verringern. In Verbindung mit Alkohol wird dies besonders kritisch. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß er – schon benebelt von der üblichen Menge und Alkohol – ungewollt eine weitere, dann tödliche Dosis einnahm.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Hallo,


    die Erzählung "Der Ausflug der toten Mädchen" ist im mexikanischen Exil entstanden So befindet sich die Erzählerin der Geschichte auch in Mexiko und erlebt in einer Vision nocheinmal einen Schulausflug. Alle Mädchen sind aber schon tot. Umgekommen in den Weltkriegen. Anna Seghers erzählt von den Schicksalen ihrer Mitschülerinnen. Die eine begeht aus Scham Selbstmord, weil ihr Ehemann gezwungen wird, eine Hakenkreuzflagge aus dem Fenster zu hängen, damit er seinen Job behält, eine andere, die Leni wird ihren Freund nie mehr wiedersehen, weil ihn eine Bombe zerfetzt, sie wird einen Nazi heiraten. Aus Kindern werden Verräter, Nazis...eine Generation, die durch Weltkriege kaputt gemacht worden ist. Anna Seghers findet klare Worte, die Eindruck hinterlassen. Eine überzeugende Kurzfassung über die Schrecknis der Weltkriege im 20. Jahrhunderts.


    Bemerkenswert ist der Beginn dieser Vision. Darin sieht sie das Wippen einer Schaukel. Erinnerte mich ein wenig an Hypnose, als ob sie durch das Pendeln in den visionären Zustand geriet. Sicher beabsichtigt.


    Saltanah: "Das siebte Kreuz " habe ich auch mal gelesen. Die dritte Geschichte in meinem Erzählungsband "Das Ende" handelt nochmal vom sadistischen Aufseher Zillich aus "Das siebte Kreuz", der nach dem Krieg unter seiner Schuld zu leiden hat. Diese Geschichte lese ich aber erst am Schluss.


    HoldenCaulfield: "Flucht in den Norden" hat mir gefallen. In den späteren Romanen wird Klaus Mann ja immer besser. Auch "Symphonie Pathétique" fand ich ausgezeichnet.


    Liebe Grüße
    m0mbour

  • Ich kann schon ein wenig über Kurt Tucholskys "Gruß nach vorn" berichten; es gefällt mir sehr gut und mit wachsender Begeisterung lese ich Tucholskys Texte.


    Gleich am Anfang richtet der Autor das Wort an den Leser; und zwar an den Leser der Zukunft - "Lieber Leser 1985 - !" - was hätte er wohl gesagt, wenn er gewusst hätte, dass man auch im nächsten Jahrtausend noch von ihm spricht?


    Tucholsky begrüßt seinen Leser einigermaßen befangen und versucht den Kontakt aufzunehmen, was ihm schwierig erscheint.

    Zitat

    Es ist so, wie wenn ich heute mit einem Mann aus dem Dreißigjährigen Krieg reden sollte. "Ja? geht's gut? Bei der Belagerung Magdeburgs hat es wohl sehr gezogen...?" und was man so sagt.


    Zum Schluss meint er (wieder an den künftigen Leser "nach vorn" gerichtet):

    Zitat

    Aber das rufe ich dir noch nach: Besser seid ihr auch nicht als wir und die vorigen. Aber keine Spur, aber gar keine -


    Nach einer kurzen Erklärung, was es mit seinen vier Pseudonymen auf sich hat (er schrieb auch als Ignaz Wrobel, Peter Panter, Theobald Tiger und Kaspar Hauser) geht es los mit einem Abschnitt, der "Tatwamasi" heisst und aus mehreren kurzen Texten besteht.


    Einen will ich kurz vorstellen, er heisst "Affenkäfig". Es geht gleich richtig sarkastisch los, nämlich so:

    Zitat

    In Berlins Zoologischem Garten is eine Affenhorde aus Abessinien eingesperrt, und vor ihr blamiert sich das Publikum täglich von neun bis sechs Uhr.

    Genial, oder? :zwinker:


    In diesem Stil geht es weiter, Tucholsky betrachtet in seiner sarkastischen und spitzen Art die Deutschen zur damaligen Zeit der Weimarer Republik, und wie er es sich schon gedacht hat, ist vieles davon heute noch sehr aktuell. Es geht ums Arbeitsleben, ums Beamtentum und ums Menschliche. Das alles ist verpackt in eine sehr humorvolle und doch deutliche Sprache, so dass mir nun klar ist, warum dieser Schriftsteller den Nazis ein Dorn im Auge war.


    Übrigens finde ich eure Bücherauswahl auch sehr interessant und vor allem breit gefächert. Ich denke, manches davon wird noch heute nacht auf meiner Wunschliste landen. Was ich noch erwähnen wollte, sind die wirklich schönen Cover von Saltanahs und mombours Büchern.


    Und weiter gehts... :lesen:


    noch schnell eingeflickt: :zwinker:
    @Aldawen: das mit den Zweifeln an Tucholskys Selbstmord habe ich in dem wikipedia-Beitrag auch gelesen. Der Anaconda-Verlag hat sich wohl diesbezüglich vor der Veröffentlichung nicht schlau gemacht, denn man hätte diesen Satz im Klappentext ja auch weglassen können. Die Wahrheit wird man wohl nie erfahren....

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ich trau mich ja kaum, das zu sagen, aber mit LeseNACHT wird's heute bei mir nichts mehr, ich fall jetzt schon fast vom Stuhl. Und da ich morgen auch noch zeitig zum Geocachen verabredet bin, verabschiede ich mich schon mal. Vielleicht schaffe ich noch ein, zwei Gedichte von Erich Kästner, dann lege ich hier im Thread morgen noch mal nach. Bis dahin sage ich: gaehn


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Übrigens finde ich eure Bücherauswahl auch sehr interessant und vor allem breit gefächert. Ich denke, manches davon wird noch heute nacht auf meiner Wunschliste landen. Was ich noch erwähnen wollte, sind die wirklich schönen Cover von Saltanahs und mombours Büchern.


    Das Cover von meinem Buch: August Macke: Mädchen unter Bäumen, 1914
    Cover vom siebten Kreuz: Franz Marc: "Das arme Land Tirol", 1913


    mombour

  • Eigentlich dachte ich, ich wäre heute zu trübsinnig für das Thema der Lesenacht - doch nun stoße auch noch zu euch: bisher unberührt steht diese wunderschöne Ausgabe von Erzählungen von Stefan Zweig des Fischer Verlages

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    in meinem Regal - das muss geändert werden!


    Da ich die "Schachnovelle" und "Brennendes Geheimnis" schon kenne, werde ich mir eine der anderen "Meistererzählungen" aussuchen, nämlich "Die Frau und die Landschaft". Und einen schönen Tee setze ich mir jetzt auch auf, jawoll! Wäre doch gelacht.


    :winken:

    :schmetterling: <br /><br />Wer zu lange in sich geht, kommt auf der anderen Seite wieder heraus.

  • Johanna lernt nun nach und Nach Karins Familie kennen, mit derren Bruder Jens sie aber wohl eher weniger anfangen kann. Mir ist er recht unsympathisch. Da ist mir Ragnar schon lieber. Irgendwie wirkt alles etwas melancholisch, Johanna scheint mir traurig auch wenn sie es nicht sagt merkt man es doch in ihrer Art. Karins Familie ist ja eher Landadel und gerade die Mutter scheint sich ja immernoch darauf etwas einzubilden. Ragnar kann damit nur wenig anfangen. Irgendwie hat man das Gefühl von einem Zeitstillstand, die Zeit steht für Johanne still. Die Freunde in Paris sind in weiter Ferne gerückt. Und bald wird der Lärm sie wieder einholen und sie wird zu ihnen gehen. Man merkt schon das Johanna sehr idealistisch ist. Die hofft und glaubt auch das sich in Deutschland bald alles zu ihren Gunsten verändern wird wenn sie dafür kämpft.

  • Hallihallo :winken:


    mein Schatz und ich sind grade vom Chinesen zurück (all you can eat) und bei dem Bauchumfang den ich mir angefuttert habe tut ein Buch ganz gut


    Ich hab nun eine doch riesige Auswahl, da ich einen ganzen Schuber voll mit Tucholsky habe .. seine Werke von 1907 bis 1932 eine Sonderausgabe von Rororo


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    das ist die Originalauflage, ich habe die von 1994


    Ich werde mich einfach mal durch die Inhaltsverzeichnisse durchwühlen und nach einigen längeren Texten suchen, da mir heute nicht der Sinn nach Gedichten ist .. ich melde mich dann wenn ich was gefunden habe :klatschen:

    Bücherwurm - naher Verwandter der Lindwürmer<br /><br />Wenn es sein muss, trete ich auch Zwerge! - Hildegunst von Mythenmetz<br /><br />:buecherstapel: