Toni Morrison - Menschenkind

Es gibt 24 Antworten in diesem Thema, welches 16.340 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Hallo!


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    Inhalt:


    1855 flieht die Sklavin Sethe, die von ihrem Mann verlassen wurde, von der Plantage >>Sweet Home<< in Kentucky nach Ohio. Sie versucht ihre vier Kinder zu töten, um diese vor dem Schicksal der Sklaverei zu bewahren. Ihre zweijährige Tochter stirbt, die anderen drei überleben. Auf dem Grabstein der Verstorbenen lässt Sethe die Inschrift >>Menschenkind<< anbringen. 18 Jahre später lebt Sethe allein mit ihrer zweiten Tochter Denver. Die Vergangenheit ist präsent geblieben: Die zwei Söhne sind fortgelaufen, in der schwarzen Gemeinde wird Sethe als Kindsmörderin gemieden, die tote Tochter spukt durch das Haus.



    Teilnehmer:


    tina
    Thanquola
    Doris?



    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo,


    ich habe vorgestern mit dem Buch angefangen und gleich die ersten 80 Seiten geschafft. Ich finde es ausgesprochen spannend bisher. Ich lese übrigens die Filmausgabe, welche laut Amazon aber genauso viele Seiten wie die rote Ausgabe hat. Spoiler sollten also kein Problem sein.


    Die Orientierung fand ich am Anfang schwierig, weil man gleich in die Geschichte hineingeworfen wird und gar nicht so viele Hintergrundinformationen erhält. Vieles finde ich noch verwirrend, obwohl sich langsam einiges klärt. Mit dem Geist wusste ich am Anfang gar nichts anzufangen und war mir gar nicht sicher, ob nicht vielleicht eine natürliche Ursache dahintersteckt. Ich habe auch eine ganze Weile gebraucht um Denvers Alter herauszufinden.
    Mich würde jetzt zum Beispiel noch interessieren, unter welchen Umständen Sethe und Denver leben, in welcher Wohngegend (rein schwarz?), ob sie Anfeindungen durch Weiße ausgesetzt sind, wie groß ihr Haus überhaupt ist bzw. wie es dazu gekommen ist, dass sie dort wohnen. Wobei die letzte Frage im Laufe des Buches sicher noch beantwortet wird, je mehr wir über Sethes Vergangenheit erfahren. (Wie spricht man den Namen eigentlich aus? Sieethiie? )


    Die Szene ganz am Anfang, in der Sethe sich vom Steinmetz missbrauchen lässt, um einen Grabstein für ihr Kind zu bekommen, fand ich ganz schlimm. Und, dass sie sich noch Vorwürfe macht, nicht weitere 10 Minuten für ihr Kind geopfert zu haben.

    Zitat

    "Zehn Minuten für zwölf Buchstaben. Hätte sie mit noch einmal zehn ein "Innigst geliebtes" dazubekommen?"


    Allerdings wird auch von Kindsblut, das ihre Finger überzieht, gesprochen. Hat Sethe das Kind eventuell sogar selbst umgebracht?


    Auch das Leben auf "Sweet Home" liegt für mich noch ziemlich im Dunkeln. Es wird nur angedeutet, was für schreckliche Dinge sich dort ereignet haben, was ich aber als angenehm empfinde. Trotzdem würde ich gerne noch mehr über das Leben auf der Farm erfahren, damit ich weiß, wie ich mir das vorstellen soll. Mich hat zum Beispiel sehr erstaunt, dass Halle seine Mutter freikaufen konnte. Von so etwas habe ich noch nie gehört. Wobei ich mich auch frage, was das letztendlich für eine Freiheit war. Genauso verwundert es mich, dass die Sklaven auf "Sweet Home" scheinbar ein freies Wochenende hatten. Ich hätte eher ein Schuften ohne Ende erwartet, aber das ist wohl auch abhängig von den Besitzern gewesen.


    Zwei Beschreibungen sind mir richtig unter die Haut gegangen. Einmal die Beschreibung des "Baums" auf Sethes Rücken, mit dem blutroten Stamm, Ästen, Zweigen und "weißen Kirschblüten". Und das andere war die Beschreibung von Paul, der nachts in einer Kiste in die Erde versenkt wurde und die Tagesarbeit kaum abwarten konnte, um dem Zittern zu entkommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Thanquola ()

  • Hallo,


    auch ich habe am Sonntag das erste Kapitel gelesen und ich bin mir noch nicht ganz sicher, was ich davon halten soll.
    Dieses Kapitel hat eine sehr be- und erdrückende Stimmung. Der Schreibstil ist sehr intensiv, was wohl dazu führt, daß die eben genannten Stimmungen sehr stark projeziert werden.
    Ich denke einiges, was mir jetzt ganz am Anfang sehr abstrakt, fremd und auch teilweise nicht ganz verständlich erscheint, wird sich noch verdeutlichen.
    Ich habe es schon so verstanden, daß in dem Haus von Sethe der Geist des toten Kindes lebt. Allerdings bin ich mir nicht sicher ob es ein guter, ein zerstörender oder ein rächender Geist ist. Das ganze hatte für mich einen gewissen touch von Vodoo.
    Ich bin mir ebenfalls nicht sicher, wie das Kind umkam und ich hatte acuh den Eindruck, daß Sethe etwas damit zu tun haben könnte.
    Habe ich es richtig verstanden, daß sie auch jetzt noch ihren Körper anderen zur Verfügung stellt?
    Ich empfand das bis dahin beschriebene Leben der Sklaven nicht als besonders großzügig, aber in Wirklichkeit war es wohl noch viel schlimmer. Ich fand es sehr abstoßend, daß Sethe als junges Mädchen, ja eigentlich noch als Kind, wie selbstverständlich dazu diente die sexuellen Bedürfnisse der Männer zu befriedigen. Abstoßend fand ich die Beschreibung, wie sie statt dessen ihren Trieb befriedigten. :entsetzt: :kotz:


    Momentan habe ich sehr wenig Zeit zum lesen, bzw. merke ich, daß meine Gedanken immer wieder abschweifen, da ich mich momentan nicht richtig konzentrieren kann, weil mir zu viele Dinge durch den Kopf gehen, die zur Zeit sehr mein Leben beeinflussen. Wenn ich mich nicht allzu oft melde oder nur sehr langsam lese, dann liegt das nicht an mangelndem Interesse.


    Viele Grüße Tina


    Die Narben auf Sethes Rücken, die wohl von Peitschenschlägen stammen, mit einem Baum zu vergleichen ließen sie sehr plastisch erscheinen.

  • Hallo ihr Lieben,


    welch ein Glück, dass fairy den Thread später eröffnete und Thanquola das falsche Buch hatte - so bin ich nicht zu weit hinten dran. Seit vorgestern bin ich aus dem Krankenhaus zurück und habe unsere kleine Lavinia mitgebracht, die am Sonntag Morgen geboren wurde. Leider war es im Krankenhaus gar so ruhig wie gewünscht, so dass ich viel weniger gelesen habe als beabsichtigt. Aber jetzt kann ich richtig mit einsteigen in die LR.


    Ich bin bis zum 8. Kapitel im 1. Teil gekommen. Der Einstieg war für mich auch etwas beschwerlich. Man landet sofort mitten in der Handlung und wird mit einer Vielzahl von Personen konfrontiert, was verwirrend ist. Dass auf viele Geschehnisse Bezug genommen wird, deren Anfänge wahrscheinlich erst im weiteren Verlauf des Buches aufgedeckt werden, hat mich anfänglich etwas genervt. Andererseits macht diese Erzähltechnik aber auch neugierig und bringt mich dazu, sehr konzentriert zu lesen, weil ich Angst habe, etwas Wesentliches zu verpassen :zwinker:.


    Sehr berührt hat mich die Szene, als Sethe mit Paul D. und Denver zu dem Jahrmarkt ging und die Schatten der drei sich scheinbar an den Händen hielten. Das verdeutlicht, wie sehr sie sich eine intakte Beziehung und Familie gewünscht haben muss.


    @ Thanquola
    Das Thema Freikaufen kenne ich auch aus anderen Büchern. Es war ein zweischneidiges Schwert, denn die ehemaligen Sklaven waren dann zwar frei, aber dadurch auf sich selbst gestellt und hatten keine großen Perspektiven.


    @ Tina
    Mich hat auch gestört zu lesen, wie die Sklaven ihre Triebe befriedigten. Genau betrachtet machen sie sich damit ihre weiblichen Leidensgenossen ebenfalls zu ihren Sklavinnen :sauer:. Was mich aber noch mehr gestört hat war, dass Morrison gleich mehrfach darauf hingewiesen hat, so als würde sie dem Leser nicht zutrauen, dieses Detail beim ersten Lesen richtig zu verstehen.


    Liebe Grüße
    Doris

  • Hallo,


    Doris
    Herzlichen Glückwunsch zu Eurer Lavinia. Was für ein schöner Name. Hat er eine bestimmte Bedeutung?


    Ich habe jetzt vom 1. Teil bis zum 5. Kapitel gelesen.


    Das Buch fesselt mich, der Schreibstil ist sehr eindrucksvoll und es werden sehr gut offene wie auch versteckte Stimmungen herübergebracht, wie z.B. die schon erwähnten Schatten, die sich an den Händen halten.
    Furchtbar fand ich, daß die Frauen sich bemühten ihre Kinder nicht zu lieben um nicht den seelischen Schmerz zu erleiden, wenn sie verkauft werden. Ich denke nur, daß das nicht funktioniert. Nichts könnte mich davon abbringen meine Tochter zu lieben, auch wenn ich es wollte würde ich es nie schaffen. Wenn man mir heute meine Miri wegnehmen würde, würde ihc vor die Hunde gehen. Das ist ein Gedanke, dessen reale Auswirkungen ich mir nicht einmal annähernd vorstellen könnte. Das ist einfach nur grausam und absolut abartig.
    Als Sethe und Paul miteinander geschlafen haben, fand ich das sehr lieblos und enttäuschend. Ich glaube Sethe hat es sich auch anders vorgestellt, aber vielleicht müssen die beiden erst noch lernen sich in Ruhe und Vertrauen zu lieben.
    Menschenkind ist eine mysteriöse Person. Ich habe mir schon überlegt, ob sie nicht Sehtes Tochter sein könnte, die vielleicht doch nicht gestroben ist. Treffend fand ich die Beschreibung der neuen Hände und Füße.
    Ich bin schon sehr gespannt darauf, ihre Geschichte zu erfahren, denn die ist bestimmt aussergewöhnlich.


    Tina

  • Hallo,


    ich habe jetzt das 6. und 7. Kapitel gelesen.


    Die Willkür mit der man Sklaven behandelt hat und unbeschreiblich. Verkauft, misshandelt und ermordet, wie es dem Herren beliebte. Dieses Buch ist teilweise so erschütternd, daß ich immer wieder eine Pause machen muß. Erschütternd vor allem deshalb, weil viele Dinge keine Erfindung sind, sondern wirklich so geschehen sind. Paul hat es treffend geschildert. Er war weniger eine Mensch als der Hahn. Er war ein nichts.


    Ich glaube Paul hat angst vor Menschenkind. einmal weil sie ihm unheimlich ist und ich glaube auch, dass er befürchtet, Menschenkind könne ihn aus dem Kreis der neuen kleinen Familie herausdrängen. Ich denke er ist eifersüchtig auf Menschenkind, oder er begehrt sie, da er so von ihrem Glanz beeindruckt ist.
    Woher weiß sie von den Ohrringen?


    Ich habe noch zwei Fragen:


    Ich verstehe immer noch nicht so ganz, was Sethe meinte, als sie erzählte, man habe ihr ihre Milch genommen oder gestohlen. Dann würde ich gerne wissen, was ein Maul- oder Mundeisen ist? Es hört sich für mich nach einem Folterinstrument an, aber ich habe bis jetzt nirgends etwas gefunden, wo es erklärt wird.


    Tina

  • Hallo tina,


    Danke für Deine Glückwünsche. Der Name ist lateinischen Ursprungs, aber über die Bedeutung habe ich noch nichts herausgefunden. Ich hoffe, wir werden noch fündig.


    Du zerbrichst Dir den Kopf über die selben Fragen wie ich. Bezüglich der gestohlenen Milch kann ich mir vorstellen, dass man Sethe gezwungen hat, die Amme für andere Kinder zu werden. Über ein Mundeisen konnte ich nichts finden. Ich vermute ebenfalls, dass es ein Instrument war, mit dem Sklaven gefügig gemacht werden sollten.


    LG
    Doris

  • Doris: Von mir auch noch ganz herzliche Glückwünsche zur Geburt eurer Tochter! :knuddel: Lavinia ist wirklich ein sehr schöner und ungewöhnlicher Name!



    Ich verstehe immer noch nicht so ganz, was Sethe meinte, als sie erzählte, man habe ihr ihre Milch genommen oder gestohlen. Dann würde ich gerne wissen, was ein Maul- oder Mundeisen ist? Es hört sich für mich nach einem Folterinstrument an, aber ich habe bis jetzt nirgends etwas gefunden, wo es erklärt wird.


    Das mit dem Mauleisen habe ich mich auch gefragt, aber leider auch nichts Näheres gefunden. Vielleicht sieht es so ähnlich aus wie dieses Ding hier.
    Zufällig habe ich dabei auch dieses Bild eines Sklaven gefunden. So weit zum "Baum". Entsetzlich. :entsetzt:
    Das mit der Milch konnte ich mir auch nicht richtig erklären, ich hatte zunächst vermutet, dass sie durch die Söhne vergewaltigt wurde und danach wegen dem Schock keine Milch mehr hatte. :spinnen: Doris' Erklärung klingt einleuchtend, da bin ich überhaupt nicht drauf gekommen! Ich hab auch grad schon zu meinem Freund gesagt, zum Glück gibt es diese Leserunden. :breitgrins:


    Ich bin übrigens mittlerweile bis Seite 192 gekommen, bin also ziemlich genau in der Mitte des Buches. Mit Menschenkind kann ich überhaupt nichts anfangen. Bisher ist sie mir recht unsympathisch und teilweise sogar unheimlich. Ich finde ihr Verhalten ziemlich selbstsüchtig, so wie sie versucht Paul aus dem Haus zu ekeln. Andererseits kennen wir aber ihre ganze Geschichte noch nicht. (Auf die ich sehr gespannt bin!) Mir täte es nur leid für Paul und Sethe, wenn sie nun durch Menschenkind auseinandergebracht würden, gerade jetzt, wo sie die Möglichkeit haben, vielleicht doch noch ein bisschen Glück zu erleben. Das Bild mit den Händen fand ich auch sehr schön, es gibt Hoffnung für die Zukunft.


    Warum hat Menschenkind eigentlich die ganze Zeit so großen Durst? Ist das wegen der Muttermilch, die ihr gestohlen wurde? Und was hat es mit dem "Ding" an Menschenkinds Hals auf sich? Ist das die Wunde, wo ihr als Kind der Hals durchtrennt wurde?

    Einmal editiert, zuletzt von Thanquola ()

  • Hallo ihr :winken: ,


    leider habe ich keine Zeit dieses Buch mitzulesen. Ich habe es vor Jahren, als es neu herauskam, schon einmal gelesen und hätte schon Lust auf einen (englischen) Re-Read. Bei dem "Mauleisen" frage ich mich, ob es sich nicht um etwas wie ein Scold's bridle handeln könnte. Wenn ich gegen Ende nächster Woche endlich mal wieder richtig Zeit habe (im Moment pendle ich nur zwischen Arbeit und Bett :sauer: ) werde ich in der Bib nach einer englischen Ausgabe des Buches gucken und nachgucken, wie das Mauleisen im Original heißt.
    Was haltet ihr eigentlich von der deutschen Übersetzung des Titels "Menschenkind"? Auf englisch heißt ja, wenn ich mich recht entsinne, "Beloved", was schon etwas anders ist. Allerdings ist es schwer, dafür eine passende deutsche Entsprechung zu finden.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    ich bin heute bis Kapitel 10 im 1. Teil gekommen. Das Buch verlangt mir einiges an Konzentration ab, so schnell dahinlesen wie mein Zweitbuch kann ich es nicht. Ständig werden Situationen beschrieben, über die ich mir wirklich den Kopf zerbrechen muss, um auf eine halbwegs plausible Erklärung zu kommen.


    Bei Menschenkind habe ich den Verdacht, dass es sich um Sethes Tochter handelt, von der sie glaubt, sie im Alter von knapp zwei Jahren beerdigt zu haben. Anders kann ich mir nicht erklären, warum Menschenkind so viel von Sethe weiß und sich so in ihr Leben drängt. Auch von Denver scheint eine gewisse Verbundenheit mit Menschenkind zu bestehen. Was soll man von Paul D. halten? Meint er es wirklich ernst mit Sethe oder will er bloß den Reiz auskosten, die Frau doch noch zu bekommen, die vor vielen Jahren einen anderen Mann vorgezogen hat?


    Den "Baum" finde ich schrecklich. Und das ist nur eine Variante dieser martialischen Strafen, mit denen die Sklaven leben mussten :entsetzt:


    @ Saltanah
    Ich glaube, ob man den deutschen Titel mit dem englischen gleichsetzen kann, stellt sich erst heraus, wenn man weiß, wer Menschenkind wirklich ist. Wörtlich übersetzt - geliebt - hört sich als Titel für mich nicht so schön an. Menschenkind ist da viel verheißungsvoller.


    @ Thanquola
    Danke für Deine Glückwünsche!


    LG
    Doris

  • Ich bin inzwischen bis Kap. 15/1. Teil vorgedrungen. Momentan liest sich das Buch flüssiger; zuletzt wurde Baby Suggs' Geschichte erzählt, in der so gut wie nichts zwischen den Zeilen zu lesen war, verglichen mit der bisherigen Erzählung. Paul D. wird mir inzwischen immer sympathischer. Während ich ihn anfangs eher als Eindringling in die Familie ansah, erscheint er mir jetzt doch glaubwürdig, auch wenn er sich kurzzeitig von Menschenkind verführen ließ. Bei ihr frage ich mich wiederum, welche Absichten sie verfolgt, da sie eher autark innerhalb der Familie lebt und der Typ ist, der sich lieben lässt, ohne selbst viel zu geben. Sie kommt mir sehr berechnend vor. Was steckt wohl dahinter?


    LG
    Doris

  • Ich bin's schon wieder...


    Habe mich gestern bis zum Ende des 1. Teils durchgekämpft. Hier wird endlich Licht in das Mysterium um das Schicksal des kleinen Mädchens gebracht und auch aufgedeckt, dass Sethe versucht hat, "wegen des Schullehrers" auch die anderen Kinder umzubringen. Obwohl ich verstehen kann, dass sie ihre Kinder vor dem Schullehrer schützen möchte - warum eigentlich? das muss ich überlesen haben - frage ich mich, ob das die einzige Lösung gewesen ist. Ein weiteres großes Fragezeichen steht hinter der Existenz von Menschenkind. Ich war immer der Meinung, dass das kleine Mädchen irgendwie überlebt hat und als Menschenkind wieder zurück gekommen ist. Diese Lösung scheidet nun aus - wer also ist Menschenkind?


    Ich bin etwas bestürzt darüber, dass ich die Vorkommnisse im Buch fast immer falsch interpretiere. Die meiste Zeit mache ich mir Gedanken über Dinge, die im Buch nur angedeutet werden, worunter der Lesefluss etwas leidet. Was mir gut gefällt, ist, wie Morrison die Charaktere langsam wachsen lässt und Stück für Stück von ihrer Vergangenheit preis gibt.


    LG
    Doris

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Hallo,


    ich lese auch noch, komme aber nur sehr langsam weiter, weil ich momentan nicht so sehr die Zeit und die Muse habe, für dieses doch sehr deprimierende Buch.


    Ich habe jetzt bis zu Teil 1 Kapitel 10 gelesen und es gefällt mir ebenfalls, daß immer mehr von dem Schicksal der Charaktere berichtet wird. Alle hatten eine ganz fuchtbare Zeit durchgemacht, die menschenunwürdiger nicht sein könnte. Paul D's Geschichte, als Sklave in der Arbeitskolone fand ich sehr schlimm.
    Menschenkind ist nach wie vor sehr undurchsichtig und ich bin mir nicht sicher, was ich von ihr halten soll. Sethe hatte ein wahnsinniges Glück gehabt auf Amy Denver zu stoßen.


    Ich bin ach wie vor gespannt zu erfahren, wer Menschenkind ist und woher sie kommt.


    Tina

  • Hallo,


    ich habe jetzt den ersten Teil des Buches beendet.
    Sethe hat tatsächlich versucht ihre Kinder zu töten, weil sie dachte, dass das humaner sei, als sie in Sklaverei leben zu lassen. Das ist ziemlich heftig, aber es erinnerte mich sofort an Massada. Zur Zeit der jüdischen Kriege in Palästina um ca. 70 nach Christus, lagen die Römer im Krieg mit den Juden und rotteten systematisch eine jüdische Siedlung nach der anderen aus. Nur auf der Festung Massada in der Negev-Wüste gab es noch eine Siedlung von Juden, die es schafften der römischen Belagerung zwei Jahre stand zu halten. Als die Römer dann letztendlich eine Rampe bauten und die Festung Massada einnahmen, gab es keinen Überlebenden mehr ausser zwei Frauen und fünf Kindern, denn die Mensch zogen den Selbstmord der Sklaverei vor. Der Anführer dieser letzten jüdischen Widerstandgruppe sagte: "Laßt uns lieber sterben, als von unseren Feinden zu Sklaven gemacht zu werden, laßt uns von dieser Welt in Freiheit scheiden!''
    Ich könnte mir nicht vorstellen mein Kind zu töten, egal was auch kommt, aber ich glaube ich kann mir auch nicht annähernd vorstellen, was es bedeutet, versklavt zu werden.
    Wie man sieht, hat Sethe keine Ruhe vor den Toten.
    Ich wage immer noch zu glauben, daß Menschenkind, Sethes Kind ist. Vielleicht hat es ja doch überlebt und hat es ihr nicht gesagt, der sie ist wirklich ein Geist.
    Ich kann verstehen, dass Paul D mit dieser Vergangenheit nicht klar kommt. wie würde man denn selbst reagieren, wenn man erfährt, dass man mit einer Frau unter einem Dach lebt, die ihr eigenes Kind ermordet hat und dazu noch auf so brutale Weise.


    Tina

  • Tina, Du sprichst mir aus der Seele, wenn Du das Buch als deprimierend beschreibst. Für mich ist es das in zweierlei Hinsicht, einmal wegen des Inhalts und dann wegen meiner Probleme, es richtig zu deuten.


    Ich bin heute bis zum Ende des 2. Teils gekommen. Im 2. und 3. Kapitel erzählen Sethe und Denver aus ihrer jeweiligen Sicht von ihrer Beziehung zu Menschenkind. Bei Sethe habe ich manchmal den Eindruck, dass sie sich langsam von der Realität verabschiedet und in ihrer eigenen Welt abschottet. Denver ist ebenfalls total eingenommen von Menschenkind, denkt aber wenigstens noch rational. Im 4. und 5. Kapitel kommt Menschenkind zu Wort und was sie erzählt, durchschaue ich wieder nur teilweise. Bei den "Männern ohne Haut" könnte es sich um Weiße handeln, und "etwas Heißes" könnte die Säge sein, mit der Sethe ihr auf den Leib gerückt ist. Aber der Rest? Ich hoffe, ihr bringt mir einige Denkanstöße, denn ich habe den Eindruck, dass es sich hier um zwei ganz wesentliche Kapitel handelt. Ich will sie mir nochmal durchlesen, wenn ich mit dem Buch fertig bin, möglicherweise verstehe ich sie dann eher.


    Eine Aussage, die immer wieder vorkommt, ist die Erkenntnis, dass man nicht zu sehr lieben soll. Ob da persönliche Erfahrungen von Toni Morrison eine Rolle spielen?


    LG
    Doris

  • Hallo,


    ich hab gerade im 2.Teil das 5.Kapitel beendet. Es ist etwas verwirrend, da fast in einer Art Versform geschrieben und ich habe das Gefühl, daß die erzählenden Personen von Zeile zu Zeile wechseln. Trotzdem hat mich gerade dieser etwas verworrenen Teil sehr bewegt, denn ich glaube, so kann es auch in der Seele von Menschen aussehen, die unsagbares Leid erfahren haben und einfach nicht wissen wie sie damit umgehen sollen, weil man eigentlich gar nicht damit umgehen kann. Auch war für mich dieser Abschnitte eine Hommage an die Liebe zwischen einer Mutter und ihrer Tochter, bzw. einem Kind. Auch meine Tochter wird immer mein Kind sein, auch wenn sie ein absolut eigenständiger Mensch ist. Sie ist aus meinen Zellen gewachsen, sie ist ein Teil von mir, psychisch, wie auch physisch und auch wenn sie fünfzig ist, wird sie immer mein Kind bleiben.


    Teil 2 Kapitel6


    Paul D tut mir leid, wie er alleine in der Kirche sitzt und sich mit Schnaps wärmt.


    Ich werde jetzt das Buch noch zu Ende lesen, denn es sind nur noch 70 Seiten. Bis vielleicht nachher,


    Tina

  • Ich habe das Buch heute fertiggelesen.


    Teilweise bin ich fast froh, dass ich durch bin. Als Mutter kann ich Deine Gedanken gut nachvollziehen, Tina. Ich hätte allerdings versucht, einen anderen Weg zu finden als den, meine Kinder zu töten. Sethe lebte doch in einem Staat, in dem es keine Sklaverei mehr gab, da hätte sie wenigstens ihre beiden Kleinen vor einer Kirchentüre ablegen können. Für mich war Sethe geistig krank, um es vorsichtig auszudrücken.


    Im letzten Teil wird beschrieben, wie Sethe - wohl aus Schuldgefühlen - ihr gesamtes Hab und Gut opfert, um Menschenkind zufrieden zu stellen. Die (Macht-) Verhältnisse einer Mutter-Tochter-Beziehung werden hier komplett umgekehrt, und Denver bleibt dabei völlig auf der Strecke, was für mich auzch wieder ein Indiz dafür ist, dass Sethe den Bezug zur Realität gänzlich verloren hat.


    Das Buch ist sehr anspruchsvoll und man muss fast aufpassen, dass man sich nicht zu sehr von dieser deprimierenden Geschichte in den Bann ziehen lässt. Gestern hätte ich noch geschrieben, dass es sich ja nur um Fiktion handelt, aber eine Recherche bei Wikipedia hat mich eines besseren belehrt (siehe hier).


    LG
    Doris

  • Ich bin übrigens auch noch da! :winken:


    Ich war bis heute - nein, genaugenommen, bis gestern - immer noch offline und habe derweil mit dem Buch pausiert, um in der Zwischenzeit nicht alles zu vergessen. An der Uni mochte ich auch nicht so gerne dazu schreiben, weil ich lieber allein mit meinen Gedanken bin. Eigentlich ein bisschen schade, da mir das Buch bisher sehr gut gefallen hat, aber ich hoffe, dass ich wieder problemlos reinkomme. Gestern habe ich schonmal ein bisschen drin geblättert.


    Ich habe den ersten Teil geschafft. Ich fand es auch sehr heftig, dass Sethe bereit war, ihre eigenen Kinder zu töten, um sie vor dem Schicksal der Sklaverei zu bewahren. Da ich noch keine Kinder habe, kann ich wahrscheinlich gar nicht ermessen, was das für eine Mutter bedeuten muss. War das nun richtig von ihr? Ich glaube nicht, dass man diese Frage beantworten kann. Ich denke, in ihrer Situation hat sie das gemacht, was sie für das Beste hielt.


    Das ist zwar sehr naiv gedacht, aber mich hat ja auch gewundert, dass die Polizei im Norden so etwas überhaupt zulässt, immerhin war dort die Sklaverei ja verboten. In Wirklichkeit hatten sie aber wohl recht wenig Interesse an der Umsetzung dieser Gesetze. Das Schwarze benachteiligt werden, sieht man ja auch heute noch. Oder gab es direkt ein Gesetz, quasi für die "Rückführung von rechtmäßigem Eigentum"?


    Eure letzten Beiträge habe ich nur überflogen, aber Doris Link ist mir ins Auge gefallen und gleich inspiziert worden. Mir lief es schon wieder kalt über den Rücken, als ich das gelesen habe. Bis gerade eben dachte ich auch, es sei eine Geschichte, die "passiert sein könnte". Das Wissen, dass es diese Frau tatsächlich gab, macht es irgendwie unmittelbarer.
    Margaret ist ja noch nichtmal wegen Mordes, sondern wegen "Zerstörung von Eigentum" angeklagt worden. Aber das Allerbeste ist, dass die Sklavenhalter, damit noch ihre Haltung untermauerten:

    Zitat

    Schwarze müssten vor ihrer eigenen unmenschlichen Natur bewahrt werden, die sie nicht einmal vor Mord am eigenen Kind zurückschrecken lasse

    Das gibt's ja wohl nicht!


    Tina: Interessant, dass du gerade Massada einwirfst, am Wochenende kam darüber sogar etwas im Fernsehen. Eine neue Reihe über die Geschichte der Juden, ich glaube, den Termin schreib ich gleich nochmal in den "Exodus"-Thread.

  • Hallo,


    ich das Buch vor drei Tagen beendet und muß es erst noch etwas ruhen lassen, bevor ich etwas dazu schreibe. Vor allem war mir der Schluß sehr verwirrend, da bin ich gespannt, wie Eure Meinung dazu ist.


    Tina