Beiträge von Ralf28

    Hallo


    Ich habe die Biografie schon als Jugendlicher gelesen und fand das Buch sehr gut lesbar. Fest hat fast die gesamte Literatur zu Hitler verarbeitet, und das Buch ist sein Opus Magnum geworden.


    Er hat keinerlei Sympathien für Hitler: Man lese als Beweis dafür den Exkurs über Hitler als Privatmann, wo Fest in gänzlich unappetitliche Leere greift. Aber Hitler hatte neben vielen negativen Eigenschaften auch politische Genialität, und wenn man das ganze Buch liest, erstaunt man immer wieder über die turmhohe Überlegenheit dieses Mannes gegenüber seiner Umwelt, sei es innerhalb der Partei selbst, sei es gegenüber den Weimarern Politikern, sei es gegenüber den europäischen Staatsmännern.


    Was diskutabel ist, sind seine Zwischenbetrachtungen, die ansatzweise, so finde ich, manches in ein falsches Licht stellen. Fest unternimmt halt den Versuch, eine rationale Erklärung für dieses Phänomen zu finden, aber schafft dies genauso wenig wie seine Vorgänger und Nachfolger. Meister Adolf bringt man nicht auf Begriffe, weder auf linke noch auf rechte. Er war ein Phänomen Sui Generis, wie es eines noch nie in der okzidentalen Geschichte gegeben hat und auch hoffentlich nie mehr geben wird.


    Mit freundlichen Grüssen


    Ralf

    Hallo


    Würde gerne auch mitmachen. Die Buddenbrooks gehören zu meinen Lieblingsbüchern, ich habe sie mindestens 3x ganz gelesen und ansonsten immer wieder reingeschaut. Ab Sommer wäre mir sehr recht, da ich vorher noch die Effi Briest durcharbeiten will.


    Mit freundlichen Grüssen


    Ralf

    Hallo


    Also ich finde ihn seehr sentimental.


    Ich weiss, dass der Tod von Nell die Leute damals zu Tränen gerührt hat, dass in New York Tausende an dem Pier warteten, um die Fortsetzung des Romans zu erfahren, den der Dampfer mitbrachte. Aber diese Kontraste zwischen dem engelhaften Mädchen und dem ungeheuer Bösen sind schon sehr gross. Ähnlich wie bei Oliver Twist gibt es bei der Hauptfigur keine Entwicklung, keine Differenzierung. Man hat den Eindruck, sie sind schon als Engel geboren worden, reine Projektionen dichterischer Phantasie.


    Beeindruckend an dem Roman finde ich die Beschreibung der Fabriklandschaften, durch die Nell und der alte Mann hindurchwandern. Da dringt zum ersten Mal die Industrie in die ländliche Idylle ein, und Dickens beschreibt sie mit fast apokalyptischem Entsetzen.


    MFG


    Ralf

    Hallo


    Ich habe auch meinen Tucho einmal komplett und diagonal mehrmals gelesen. Es ist schon faszinierend, wie ein Mann unter 4 verschiedenen Pseudonymen dermassen brillante Satiren schreiben konnte. Er ist für mich neben Heine der grösste Satiriker in deutscher Sprache. Auch seine Gedichte haben ja in Kästner einen kongenialen Nahfolger gefunden.


    Aber seine politischen Urteile....


    Was mir nach einer mehrmaligen Lektüre auffiel: Er hat in keinster Weise in Weimarer Republik unterstützt, sondern nur Häme und Spott über sie und ihre Repräsentanten ausgeschüttet. Sein Urteil über Lenin mag ja noch erklärbar sein, aber sein Auge war auf der linken Seite fast blind. Das schlimmste Fehlurteil hat er in seiner Charakterisierung des "Stresemann-Typus" ausgesprochen. So sehr er die Nazis verachtet hat, so sehr war er politisch auf der Seite der damaligen Linken, und was er über die SPD sagt.....


    Ihm fehlte die Liebe, die bei Heine noch in seinen schärfsten Satiren durchschimmert. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich sie nicht mehr lesen mag.


    MFG


    Ralf

    Hallo


    Ich bin als Neuling hier im Forum eben auf diesen Strang gestossen. Siddharta war für mich als Jugendlicher eine faszinierende Lektüre, vor allem weil ich mich schon damals für Buddhismus und Meditation interessierte.


    Als ich dann an der Universität mit echten Buddhisten und echten Zen-Mönchen in Berührung kam, wurde für mich die Weisheiten Hesses etwas ranzig.


    Der Lebensweg und die Selbstfindung Siddhartas sind im Prinzip aus westlicher Sicht beschrieben, ohne die eigentlichen Lehren des Buddhismus genauer einzubeziehen. So lehrt der Buddhismus, dass es kein eigentliches "Ich" im westlichen Sinne gibt, dieses vielmehr eine Selbsttäuschung ist, die es aufzuheben gilt. Erst wenn diese Täuschung durchschaut ist, kann der Mensch ins Nirvana eingehen. Der Weg dahin ist sehr schwierig, sehr lange und sehr asketisch. Ich meditiere selbst seit knapp 30 Jahren und habe auch einige hervorragende Lehrer gehabt, habe auch eigene Erfahrungen gemacht, bin aber noch meilenweit von dem eigentlichen Ziel entfernt. Ähnliches gilt für den Taoismus. Auch Ideale gehören in das Reich der Vorstellungen und sind zu überwinden.


    All das vermisse ich in diesem Buch.


    Nach dem ersten Weltkrieg hatten esoterische Lehren Hochkonjunktur, Okkultismus, Taoismus, Buddhismus, alles wurde in einen Topf geworfen und kräftig herumgerührt. Das lag auch daran, dass damals kaum jemand die Quellen kannte, die meistens ja noch gar nicht editiert waren.


    Es war ja auch viel einfacher, auf die Suche nach dem Selbst zu gehen, als mühsam Altchinesich oder Sanskrit zu lernen, um die Originaltexte zu lesen oder jeden Tag eine bestimmte Zeit zu meditieren.


    Nun ich hoffe, ich war nicht allzu polemisch. Aber Hesse ist wirklich etwas für die Jugend.


    MFG


    Ralf

    Oh Gott Sandhofer, woraus schliesst du das, dass es sich um eine Depression handelt?


    Es handelt sich eher um das, was man umgangssprachlich "Schizophrenie" nennt, also dass zwei verschiedene Personen in
    einer Person existieren. Gerade das weisst doch auf das "Mit sich selbst Schachspielen hin", eine geradezu klassische schizophrene Situation.


    Und der Weltmeister wird als äussert dumpfe Person beschrieben, die ausser Schachspielen sonst nichts kann und ausserdem völlig ungebildet ist. Ich vermute, Zweig wollte die hochgebildete und kultivierte Hauptperson dieser dumpfen Schachmaschine gegenüberstellen. Und das ist ja auch der psychologische Effekt: Jeder Leser identifiziert sich sofort mit dem Helden der Novelle, gerade weil er im Kontrast zu diesem Schachweltmeister steht.


    Zweig war immer ein Fan der grossen heiligen Russlands mit seinen Dichtern und Mystikern. Die politische Anspielung auf die Stalinära scheint mir doch ein wenig weit hergeholt, zumal Zweig dediziert keinen Hang zu politischem Symbolismus hatte.


    MFG


    Ralf

    Hallo


    Ich habe die Schachnovelle schon als Teenie vor dreissig Jahren gelesen und fand sie faszinierend. Damals war ich ein absoluter Zweig-Fan, was ich heute nicht mehr bin.


    Mir geht es da etwas wie mit Hesse. Der begeisterte mich damals auch, heute lässt er mich völlig kalt. Diese etwas aus heutiger Sicht überdrehten Novellen sind nur aus der Prüderie und Bigotterie dieser Zeit zu erklären, ähnlich wie manches bei Schnitzler. Man übersieht oft, dass die Welt von damals ein Dekorum hatte, wie es heute undenkbar erscheint.


    Was mich an dem Buch am meisten faszinierte, war die Beschreibung der Schachpartien. Früher habe ich auch einmal in einem Studentenclub Schach gespielt und war auch recht gut darin. Jeder Schachspieler träumt davon, eine fast verlorene Partie so zu retten, wie es in der Novelle beschrieben wird.


    Dass niemand gegen sich selbst Schach spielen kann, ist natürlich selbstverständlich. Zweig benutzt diese Wendung, um psychologisch die Ausweglosigkeit des Protagonisten zu beschreiben, und das gelingt ihm, so finde ich, sehr gut.


    MFG


    Ralf

    Hallo


    Würde gerne an einer Leserunde teilnehmen, egal wann.


    Habe das Buch schon dreimal gelesen und bin immer noch fasziniert. Gerne würde ich mich mit anderen darüber austauschen.


    Ralf

    Hallo


    Ich bin neu hier in diesem Forum und grüsse alle recht herzlich.


    Zu Dickens:


    Man kann im Prinzip zwei Phasen unterscheiden:


    Die Frühphase, die stark von Sentimentalität geprägt ist, und die Spätphase, in der Dickens zunehmend realistischer, aber auch zynischer wird.


    Grenzpunkt dürfte der Roman "Dombey und Sohn" sein.


    Je nach persönlichem Habitus ist dann eine dieser Phasen lesenswerter oder nicht.


    Als ich mit 18 zum erstenmal Dickens las, das waren die "Pickwickier", konnte ich mit den späteren Romanen nichts anfangen. "Der Raritätenladen" war damals für mich der Höhepunkt der sentimentalen Romane.


    Heute Ende 40 verstehe ich die Spätphase besser, vor allem den Zynismus der späten Romane. Da ist absoluter Höhepunkt: "Our Mutual Friend", der letzte vollendete Roman.


    Irgendjemand, ich weiss nicht wer, hat einmal gesagt, in "Little Dorritt" stecke mehr Gesellschaftskritik als in den ganzen Schriften von Marx, und da ist etwas dran.


    Ich denke, je nach Alter und Geschmack ist die Früh-oder Spätphase interessanter. Lesenswert sind alle Romane.


    MVG


    Ralf