Beiträge von xenophanes


    [In Homers Zeiten (und ich mein' jetzt nicht den Simpson!) kenne ich mich nicht aus. Ein paar Jahrunderte später - zur Zeit von Sokrates, Platon, Alkibiades etc. - war es ja für einen männlichen Athener recht kompliziert, mal musste er schwul sein, mal nicht. Und das in einem einzigen Leben.


    Dabei war das archaische Griechenland doch im Vergleich zum klassischen vergleichsweise schlicht :smile:



    CK

    Hallo!



    Ich nehme den Ausdruck Arbeit in Zusammenhang mit Literatur zurück, da es hier falsch verstanden wird. Arbeit hat anscheinend immer einen Beigeschmack von Plage, Last, negativer Anstrengung. In diesem Sinne habe ich es nicht gemeint.


    Ich finde "Arbeit" gar nicht so schlecht. Man muss schon dafür arbeiten, Klassiker lesen zu können. Eine gute Analogie ist das Erlernen einer Fremdsprache: Man muss zu Beginn doch ziemlich viel Mühe auf sich nehmen, um etwas verstehen oder gar sprechen zu können, Vokabel pauken etc. Bis man eine Fremdsprache fließend beherrscht, dauert es (viele) Jahre.


    Sich eine wirkliche Klassiker- / Weltliteraturkompetenz anzueignen entspricht meines Erachtens dem Zeit und Energieaufwand, sich mehrerer Fremdsprachen anzueignen:


    Wer mit Klassikern aus dem 18. und 19. Jahrhundert gut umgehen kann, der liest noch lange nicht "kompetent" antike Klassiker.


    Ich würde vier Kompetenzblöcke unterscheiden, von denen jeder IMO dem Erlernen einer Fremdsprache entspricht:


    Antike, Mittelalter, Neuzeit, Moderne


    Bitte diese Analogie nicht allzuwörtlich zu nehmen. Wer diesen Aufwand nicht treiben will, soll es lassen, aber sich dann beim Urteilen auch entsprechend zurückhalten. Ich unterhalte mich ja auch nicht auf mit jemanden auf Englisch, der gerade mal drei Sätze hervorbringt.


    CK


    Ich formuliere jetzt absichtlich etwas überspitzt und nehme Anwesende natürlich ausdrücklich aus: Wenn jemand meint, aus dieser einen Tatsache meines gegenwärtigen Leseprogramms auf meinen intellektuellen Horizont schließen zu müssen, dann finde ich das eher ein Armutszeugnis für den Beurteiler, dem in diesem Fall dann wohl die von ihm in der Literatur geschätzte Mehrschichtigkeit fehlt.


    Kein Widerspruch von mir. Qualität ist immer wichtiger als Quantität. Und mit dem intellektuellen Horizont ist es ja wie mit dem Rad fahren: Einmal erarbeitet, wird man ihn nur schwer wieder los, externe Faktoren wie Gehirnschläge mal ausgenommen :zwinker:


    CK

    Hallo!



    Ich habe wiederholt festgestellt, dass meine Lesemotivation für den Rest des Jahres bedeutend höher ist, wenn ich einmal im Jahr für 2-4 Wochen konsequent "Urlaub vom Lesen" mache.


    Das ergibt sich bei mir zwangsläufig durch meine Reisen und hat einen ähnlichen Effekt. Nach den drei Wochen in China kam ich jedenfalls mit großer Leselust wieder zurück.


    CK


    Ja, genau. Ein "leichter" Klassiker wäre dann ein Buch, in dem die oberste Schicht leicht erfassbar wäre. Oder auch ein Buch, in dem es nicht allzu viele komplexe Schichten gibt.


    Ja. Ein "schwerer" Klassiker wäre dann der Ulysses, wo die Komplexität schon an der Oberfläche beginnt. Lässt man sich davon nicht abschrecken, kann die Lektüre sehr unterhaltsam sein.


    CK

    Hallo!



    Trotzdem hört sich "leichte Klassiker" an wie leichte E-Musik nach einem Widerspruch in sich an, auch wenn es diese gibt :breitgrins:


    Für viele gute (nicht für alle!) Bücher trifft es zu, dass sie an unterschiedliche Lesergruppen unterschiedlich herantreten. Nehmen wir den "Namen der Rose". Das Buch lässt sich einerseits ganz gut als Krimi lesen, macht aber auch jeden Mediävisten eine große Freude, der die Fülle an Anspielungen auf Kunst / Geistesgeschichte des Mittelalters versteht. Shakespeare wäre auch ein sehr gutes Beispiel. Er hat ja durchaus für das Volk geschrieben und trotzdem auf viel "Bildungsgut" zurückgegriffen (antike Mythologie etc.).



    Das ist natürlich dumm, kommt aber leider allzu häufig, auch in anderen Bereichen, vor.


    Ich wäre der Letzte, der abstreitet, dass Dummheit grenzenlos ist :breitgrins:


    CK


    Dein erster Satz greift mir etwas zu kurz. Man könnte ihn auf den "intellektuellen Horizont" aus dem vorigen Posting beziehen. Das stimmt aber nicht in dieser Allgemeinheit, sondern nur hinsichtlich des Literaturhorizonts. Ich bin sicher, du hast es auch so gemeint.


    Sagen wir es so: Ich habe bisher nur wenige Intellektuelle getroffen (und da beziehe ich explizit Naturwissenschaftler aus meinen Bekanntenkreis ein), auf die das nicht zutrifft, die also nicht zumindest ein grundlegendes Literaturverständnis / -wertschätzung hatten. Sehe allerdings natürlich naturwissenschaftliche Bildung als gleichwertig zur literarischen an.


    Ich denke eine solide Belesenheit ist für einen gebildeten Menschen unverzichtbar. Literatur ist ja auch in vieler Hinsicht einmalig, was die Fähigkeit angeht, die Vergangenheit der Gegenwart auf hohem Niveau zur Verfügung zu stellen.


    CK

    Hallo!



    Ich selbst lese hauptsächlich Klassiker und merke, dass ich den intellektuellen Horizont einer Person schnell nach seiner Lektüre beurteile. Wenn ich darüber nachdenke, ist das natürlich Schwachsinn, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass diese Kategorisierung auch bei anderen stattfindet, nach dem Motto: "Wie kann man Kafka schlecht finden, aber Brown in den höchsten Tönen loben; wahrscheinlich hat er/sie Kafka einfach nicht verstanden."


    So ist es doch. Wenn ich einen (sagen wir) Goethe- oder Musilleser treffe, ergeben sich erfahrungsgemäß schnell intelligentere und fruchtbarere Gespräche als mit jemanden der nur Arztromane von Bastei-Lübbe liest oder sich nur für Fußball interessiert.


    Es hat jeder das Recht zu lesen was er will, genauso wie ich das Recht habe, mir ein eigenes Urteil über den Bildungsgrad und das intellektuelle Niveau von anderen Personen zu bilden (und dieses bei Bedarf auch auszusprechen) :breitgrins:


    (Kürzlich im Foyer des Burgtheaters meinte ein junger Mann herablassend, dass er ja Shakespeare eigentlich nicht mag. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass er so gut wie gar nichts von ihm gelesen hatte).


    Die Ablehnung von "Klassikern" findet doch de facto meist aus einer pubertären Protesthaltung (kombiniert mit Unkenntnis) heraus statt. Anwesende sind selbstverständlich ausgenommen :zwinker:


    Ich bin der erste, der Klassiker kritisiert und alle (!) haben schlechtes Zeug zu Papier gebracht. Aber ich erwarte von allen Kritikern ein grundlegendes Verständnis auf dem die Kritik basiert.


    CK