Aufbau:
523 Seiten mit 44 nicht zu lang und nicht zu kurz geratene Kapiteln, die jeweils die verschiedenen Ermittler und die jeweiligen Opfer begleiten und aus der Sicht des allwissenden Erzählers geschildert werden.
Meine Meinung:
Der sechste Fall für den skurilen Psychologen und Profiler Tony Hill und das Team um Detective Chief Inspector Carol Jordan. Eine meiner liebsten Reihen, deshalb freute ich mich auch sehr auf das Buch. Aber irgendwie wollte ich erst nicht so richtig in die Geschichte reinfinden. Das Gefühl, den letzten Band nochmal hervorzuholen und zumindest das Ende zu lesen, damit ich weiß, was es mit der Erbschaft von Tonys Vater, den er nie kennengelernt hat, seiner sehr unsympathischen Mutter und Carols Einmischung in diese Angelegenheit auf sich hat, war ziemlich groß.
Genauso verwirrt hatten mich die Namen der Ermittler im Fall der ermordeten Jennifer, sodass ich gleich nochmal dachte, ich müsste "Schleichendes Gift" zur Hand nehmen. Bis mir dann klar wurde, dass zumindest sie noch nicht aufgetaucht sind bisher.
Das alles hat sich sehr schleppend angelassen. Tony wird in besagtem Fall hinzugezogen, aber er, bzw. seine Herangehensweise an das Profil, hatte nichts mit seiner sonstigen Art und Weise in den Kopf eines Mörders zu schlüpfen zu tun. Könnte auch daran liegen, dass seine privaten Angelegenheiten (die Erbschaft) ihn in der Stadt, in der diese Ermittlung stattfindet, zu sehr in Beschlag genommen haben.
Nach ca. 200 Seiten wurde das Ganze dann doch interessant und es kam Bewegung in die drei Handlungsstränge, von denen zwei direkt miteinander verknüpft sind, der dritte einen Altfall darstellt. Die Ermittlungen, Gespräche mit Zeugen und Vernehmungen, Tonys Profiling, da hat Val McDermid ihrer Geschichte Leben, Spannung und das gewisse Etwas, das zu dieser Reihe gehört, gegeben.
Es ist nicht hochdramatisch, die Spannung lässt einem auch nicht unbedingt das Herz schneller schlagen, aber es wird zu einem wirklichen guten, englischen Kriminalroman. Als sehr angenehm empfand ich auch, dass McDermid es nicht nötig hat, blutige Details, dramatische Gefahrensituationen für die Helden oder einen Showdown im Stil vieler amerikanischer Thriller zu benutzen.
Sie bedient sich am Ende mancher Kapitel kleiner, wirklich kleiner, Cliffhanger, und das Ende lässt sie, was die private und berufliche Situation ihrer beider Protagonisten angeht, auch offen, aber die Geschichte in sich ist abgeschlossen und stimmig. Auch wenn insgesamt der Zufall etwas zu präsent war.
Inhaltlich reicht das, was man durch den Klappentext erfährt, es gibt eine stetige Entwicklung und alles baut aufeinander auf, sodass ich nicht so viel dazu sagen kann und möchte, ohne etwas zu "verraten".
Ihren wichtigen Charakteren im Buch verleiht sie Kontur, man entwickelt Sympathien und Antipathien und man ist sich durch unaufdringliche Landschafts- und Personenbeschreibungen, dem obligatorischen Tee und den Essensgewohnheiten immer bewusst, dass man sich in England befindet.
Für die überschwängliche Begeisterung reicht es bei mir nicht, da mir Tony's gewohnte Art, sein Profil zu entwickeln und den Leser daran intensiv teilzuhaben, zu wenig war.
von mir.