Beiträge von sillesoeren

    Ich bin auch grade mit diesem Buch fertig geworden, vergebe 3ratten und habe Folgendes dazu zu sagen:


    Die Japanologin Michaela Vieser mochte das obligatorische Praktikumsjahr in Japan nicht in einem Studentenwohnheim verbringen. Vielmehr erzählte sie so vielen Menschen von ihrem Wunsch, dieses Jahr in einem Kloster zu verbringen, dass ihr dieser Herzenswunsch tatsächlich auch ermöglicht wurde. Dies war ihr auch beim Schreiben des Manuskripts so wichtig, dass sie gleich zweimal kurz hintereinander erzählt, wie es ihr gelang, ein Jahr in diesem Kloster zu verbringen, nämlich im Vorwort und direkt im Anschluss im ersten Kapitel. Schade, dass dies beim Lektorat nicht aufgefallen ist, so wirkt es etwas unprofessionell.


    Die Autorin erzählt in anschaulicher und flotter Sprache von ihren Erlebnissen in einem japanischen Kloster, in denen die Mönche mit ihren Frauen und Familien leben. Ihren ersten Tag verbringt sie mit Gesprächen über Michael Schumacher, Kehren und Spülen. Ihre anfängliche Enttäuschung über so viel Weltlichkeit weicht schnell einem tiefen sinnlichen Erleben der Klostergemeinschaft. Sie wird in die Teezeremonie und in die Kaligrafie eingeführt, lernt Kendo und erfährt eine nie gekannte Spiritualität und Zufriedenheit. Dabei driftet sie nie ins Esoterische oder Kitschige ab, ihr Schreibstil bleibt immer bodenständig und humorvoll. Sie spart kein Missverständnis und kein Missgeschick aus und erleichtert dem Leser auf diese Weise einen tiefgehenden Einblick in die japanische Lebensweise und in die durch den Buddhismus geprägte Kultur. Wer kann sich nicht deutlich den spitzen Schrei vorstellen, als sie auf der typisch japanischen High Tech Toilette den falschen Knopf drückt und von einer Wasserdüse nass gespritzt wird!


    Die Kapitel sind jeweils einer Person gewidmet, die Michaela während des Aufenthalts kennen lernte. Sie schreibt in aller Offenheit über ihr Verhältnis zu den Menschen. Und sie schreibt darüber, wie sich ihre Meinung änderte, je näher sie jemanden kennen lernte, zum Beispiel den Mönch, der jeden Tag mit ihr die Zeitung las und ihr anfangs so brummig und übellaunig erschien und von dessen Themenwahl sie abgeschreckt war. Nachdem sie dann hinter sein Geheimnis gekommen war, änderte sie ihre Einstellung zu ihm. Sicher: dazu muss man nicht unbedingt in ein japanisches Kloster gehen. Doch ist es für mich beim Lesen ein Anreiz, manch eine Meinung zu einem Menschen noch einmal zu überdenken.


    Mein Fazit: eine nette Reisebeschreibung, bei der ich eine sympathische Frau kennen gelernt habe, die mir einiges über Japan und den Buddhismus erklären konnte.



    Das führt zu Missverständnissen. So fragt sie z. B. nach der Toilette und wird zum Tempel geschickt.


    genau solche Szenen gefielen mir besonders gut, das macht diese Beschreibung so realistisch und ansprechend.

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    Kapstadt. Eine amerikanische Familie wird von zwei Gangstern überfallen. Dem Familienvater Jack Burn gelingt es, die Angreifer zu töten. Seine hochschwangere Frau und sein vierjähriger Sohn tragen schwer an den Geschehnissen, zumal ein anderes Gewaltverbrechen dazu führte, das die Burns überhaupt überstürzt aus den USA nach Südafrika flüchteten. Ein vorbestrafter Baustellenwärter wird Zeuge des Überfalls. Ein kleiner Junge findet die Leichen und stiehlt der einen die fast neuen Schuhe. Ein korrupter Polizist nimmt Burn ins Visier und entdeckt sein dunkles Geheimnis. Damit nehmen die schrecklichen Geschehnisse ihren Lauf. Dunkel ist die gesamte Handlung. In jeder einzelnen Szene fließt dunkelrotes Blut, agieren schwarze Seelen, wird gemordet, geschändet, vergewaltigt, betrogen, veruntreut, erpresst,…


    Roger Smith versteht es, Kapstadt so zu zeigen, wie es in keinem Reiseführer steht. Er hat den Mut, die Finger in jede Kapstadter Wunde zu legen, egal ob es Folgen der Apartheid sind, oder die Haftbedingungen, ob Armut angesprochen wird oder Korruption. In schonungsloser Weise und mit angemessen plumper Sprache zeichnet Smith ein so realitätsnahes wie erschreckendes Bild von Kapstadt und seinen Bewohnern. Ich kann die vielen Toten nicht zählen und könnte schreien, wenn ich lese, dass Babys auf den Müll geworfen werden, Kinder ihre Eltern töten, Jugendliche als Mutprobe töten, Frauen die Vergewaltigung durch den Ehemann normal finden, irgendwie alle unter Drogen stehen… Dass dies allen nicht so sehr am Arsch vorbei geht, wie es augenscheinlich den Eindruck macht, wird für mich besonders deutlich, wenn immer wieder höchst detailliert auf die Hämorriden des fetten Polizisten eingegangen wird.


    Schon vor der Lektüre dieses Buches war mir klar, dass ich um Südafrika, zumindest aber um Kapstadt, bei meiner zukünftigen Reiseplanung einen weiten Bogen machen werde. So sehr ich das südliche Afrika kenne und liebe, so sehr hat mir dieser Roman wieder in Erinnerung gerufen, was ich vorher schon über die Kriminalitätsraten dieser Stadt erfahren habe. Namibia, Botsuana, Simbabwe habe ich ja als sehenswert kennen gelernt, also muss es ja auch nicht unbedingt Südafrika sein…


    Ich vergebe 5ratten

    Yoshi: gehts den beim Lesen verbogenen Knochen wieder besser? Kann ich nachvollziehen, ich hätte das Buch auch nciht aus der Hand gelegt, selbst wenn ich es nur in elektronischer Form gehabt hätte.


    Nun mein Senf zu diesem Buch:


    Um eine Rezension zu "Alle sieben Wellen" zu schreiben, muss man wohl zumindest kurz auf "Gut gegen Nordwind" eingehen. Das Ende dieses einfach nur hinreißenden Buches war perfekt. Anders hätte es nicht kommen dürfen, alles andere wäre vollkommen unrealistisch gewesen. Was also kann eine Fortsetzung bringen? Eigentlich kann sie doch nur den Zauber zerstören.


    Es ist Daniel Glattauer aber gelungen, genau dies nicht zu machen. "Alle sieben Wellen" steht "Gut gegen Nordwind" in nichts nach. Als Leserin kann ich jede der Nachrichten, die Emmi und Leo austauschen, so, so, so gut verstehen und leide mit beiden so, so, so sehr. Die schon im ersten Band heftige Berg- und Talfahrt wurde noch gesteigert, sowohl im Tempo als auch in den Extremen der Gefühle.


    Jede Entwicklung ist nur zu gut nachvollziehbar und realitätsnah. Bei Lesen hatte ich nie den Eindruck, Fiktion zu lesen, alles wäre gut denkbar. Schade nur, dass mir ein Mann wie Leo Leike noch nie begegnet ist? Oder bin ich nicht genug Emmi, um einen solchen Traummann zu erkennen und mit so, so, so niedlichen eMails an mich zu binden?


    Es war ein hinreißender Lesegenuss, der Hoffung darauf gibt, dass irgendwo da draußen die große Liebe nur darauf wartet, dass zwei Menschen sich wagen, Gefühle zuzulassen.


    Offen bleibt für mich nur eine Frage: Hat Leo einen Bruder, der gerne eine fehlgeleitete eMail von mir haben möchte? Für einen Mann wie diesen wäre ich nur zu gerne bereit, solche Höhen und Tiefen zu durchleben und erst nach 2 1/2 Jahren Klarheit zu haben.


    Beide Bücher werde ich ab sofort jedem empfehlen, der frisch verliebt, unglücklich verliebt, auf der Suche, von Liebeskummer geschüttelt ist oder in einer langjährigen Beziehung lebt. Sie sind so, so, so schön, dass ich sie ALLEN Menschen in meiner Umgebung empfehlen werde.


    Ich vergebe volle 5ratten

    Ich bin 'mal wieder begeistert, wie kontrovers hier diskutiert wird. Ich bin auf der Seite der Begeisterten zu finden. Zugegeben: einiges ist unrealistisch. Aber gerade in der Gruppe passiert es schnell, dass man anders handelt, als es das Gewissen vorschreibt. Traurig aber wahr! Hier meine Rezi, ich vergebe 5ratten


    Diesem Buch nähert man sich besser mit großer Vorsicht und in einem Zustand vollkommener Angstlosigkeit. Schon die rote Banderole ließ alle Alarmglocken in mir schrillen. Der Autor steigt in die Handlung ein mit einem brutalen Mord an einer Frau und einem 9jährigen Jungen vor einer Fototapete, dem etwas Fürchterliches angetan worden war und davon auch noch ein Foto gemacht wurde. Wer war es? Was war es? War die Ermordete aktive Täterin oder Mitläuferin? Was hat diese Agentur damit zu tun, die sich für andere entschuldigt, wenn das schlechte Gewissen drückt, man selbst aber nicht den Mut hat, um Entschuldigung zu bitten? Diese Story zog mich vollkommen in ihren Bann, ich schleppte das Buch überall mit hin, selbst Rotphasen an Ampeln und Hunderunden wurden genutzt, um weiter zu verfolgen, wie sich alles zuspitzte.


    Der Autor fesselte mich zudem mit seinem Schreibstil. Kapitelüberschriften wie „davor“, „du“ und „danach“ waren verwirrend und anregend zugleich. Gespräche wurden zwar in wörtlicher Rede, aber ohne Anführungszeichen wiedergegeben. Beides bringt den Leser dazu, das Buch hoch konzentriert zu lesen, will er nicht den Faden verlieren oder einen Gesprächsbeitrag der falschen Person zuordnen. Besonders die direkte Anrede mit "du" zog mich sofort tief in das Geschehen, ich konnte die handelnden Personen förmlich vor mir sehen, das Erbrochene riechen und die Hammerschläge hören. Diese Anrede machte mich neugierig: Wer wird mit dem „du“ angesprochen? Ist es der Leser? Oder der Täter? Oder wird der Leser während der Romanhandlung zum Täter?


    Dieses Buch kann als Kriterium dafür genommen werden, ob jemand wirklich Thriller mag. Ist es zu hart, sollte man bei der Angabe des Lieblings-Genres wohl besser „Krimi“ als „Thriller“ angeben.


    Mein Fazit: im Jahr 2009 ist dies bislang der beste Thriller, den ich gelesen habe. Er liefert alles, was einen guten Thriller ausmacht: gelungene Ausgangssituation, nachvollziehbarer Plot, lebensnahe Protagonisten, packende Handlung, nervöses Flattern im Bauch, Einschlafstörungen, überdeutliche Erinnerungen an einzelne Szenen auch Wochen nach der Lektüre. Brillant!

    Ich habe mir das Buch ertauscht und war anfangs eher skeptisch. Nun vergebe ich aber immerhin 3ratten


    In Amboss, der größten Stadt im Dampfland, geschieht ein grausamer Mord. Ein berühmter Komponist wird mit einer Silberflöte im Rücken aufgefunden. Das ist schon der dritte Mord, bei dem der Tathergang und die Tatwaffe als sehr ungewöhnlich eingestuft werden können.


    Kommissar Garep Schmied und sein Gehilfe Bugeg Gerber bemühen sich um die Aufklärung des Falles. Dabei kommen alle denkbaren Mordmotive von politischer Motivation über Mord aus Leidenschaft bis hin zu Rache in Betracht. Entsprechend müssen sie in alle Richtungen ermitteln: bei den Zwergen, bei den Halblingen und bei den Menschen.


    Bei diesem Roman gefällt mir der ungewöhnliche Denkansatz. Das Fantasylesen hatte ich vor über 20 Jahren aufgegeben, weil es mir zu fad wurde, immer wieder den gleichen Ablauf zu lesen: Die Protagonisten machen sich auf eine lange Reise durch alle möglichen Gefahren und überleben diese unversehrt, obwohl sie vollkommen unerfahren und tapsig sind. Und auch hier finde ich das wieder, was ich damals nicht mochte: sehr mühsam erfunden wirkende Namen, altbacken wirkende Satzkonstruktionen und viele Klischees.


    Dieser Roman baut nun eher nach meinem Geschmack auf: Ein Krimi mit Zwergenkommissar und -detektiv zu konzipieren, macht zwar für sich noch keinen guten Roman, gefällt mir aber gut und ist leichter zu ertragen als ermittelnde Schafe (Glenkill), Katzen (Felidae) und ähnliche Tiere.


    Wer nun aber einen Zwergenkrimi erwartet, steckt auch in der falschen Schublade. Das Buch reicht weit über die Genregrenzen von Krimi und Fantasy heraus. Sozialkritik und genaue Beobachtung des Weltgeschehens prägen dieses Buch. Wenn ich schon auf Seite 20 lese, dass für jede Stunde Arbeit einheitlich eine Münze bezahlt wird, egal welche Arbeit es ist, ist dies eine sympathische Spitze gegen das aktuelle Entlohnungssystem für Arbeit. Der Gesellschaft der Jetztzeit wird ein ziemlich blank geputzter Spiegel vorgehalten. Brutal, schonungslos und ehrlich – einfach klasse!


    Weiter interessant ist bei der Konstruktion des Romans, dass die Zwerge den Ton angeben und Menschen die dienende, untergeordnete Rolle zugeteilt bekommen. Erinnert ein wenig an „Planet der Affen“, gefällt mir gut.


    Die Zwergenwelt von Dampfland ist perfekt durchgestylt, der Autor überlässt nichts dem Zufall. Dadurch geht vielleicht etwas Leichtfüßigkeit und Emotionen verloren, die sonst in Krimis und Fantasy zu finden ist. Mitunter werden auch unnötig Klischees gepflegt. Warum muss z.B. der Ermittler in einem Krimi immer ein persönliches Alkoholproblem haben?


    Wegen der guten Kombination aus Krimi, Gesellschaftskritik und Situationskomik ist dieser angenehm zu lesende Roman auch eine Empfehlung für Menschen, die sonst nicht so viel von Fantasy halten.

    Aus der Buchbeschreibung will man schließen, dass es sich um einen Roman über die Folgen des Amoklaufs an der Columbine Highschool handelt. Das allein wäre schon eine tolle schriftstellerische Leistung gewesen. Doch dieser Roman bietet sehr viel mehr.


    Der Ich-Erzähler Caelum ist Lehrer an der Columbine Highschool, seine Ehefrau Schulkrankenschwester. Caelum ist ein Mann aus dem Leben voller Kanten und Ecken. Er ist zum dritten Mal verheiratet und insgesamt eine widersprüchliche Persönlichkeit mit einem nicht eben geordneten Leben. Nach einem Seitensprung seiner Frau muss er in eine Anti-Aggressions-Therapie, weil er mit einer Rohrzange auf seinen Nebenbuhler losging. Seine Frau Mo wird von einer ziemlich auffälligen Schülerin „Mom“ genannt und erfährt aus seiner Sicht zu viel Aufmerksamkeit von dieser. In seiner alten Heimat liegt seine geliebte Tante Lolly im Sterben, die ihn nach dem Tode seiner Mutter aufgezogen hatte. Kaum ist er an ihrem Sterbebett angekommen, erfährt er von dem Amoklauf an seiner Schule. In größter Sorge um seine Frau überlässt er anderen Lollys Beerdigung.


    Lange kann der Leser nicht darüber erleichtert sein, dass Mo unverletzt ist. Meine Befürchtung, dass sie schwer traumatisiert ist, bewahrheitet sich schon bald. Jeder Knall triggert sie. Kein Arzt oder Psychotherapeut kann ihr helfen. Mo und Caelum erleben einen Tiefschlag nach dem anderen.


    Aus meiner Erfahrung mit traumatisierten Opfern von belastenden Ereignissen ist dieses Buch sehr gut recherchiert. Ich werde es Kollegen weiter empfehlen, die am Beginn ihrer Ausbildung in „psychischer Erster Hilfe“, „Basisnotfallnachsorge“, „Notfallseelsorge“ o.ä. stehen.


    Meine Befürchtung, es könnte ein religiös belehrendes oder gar bekehrendes Buch sein, hat sich zum Glück nicht bestätigt. Der Autor versteht es, mich über mehr als 700 Seiten zu fesseln. Dabei ist es egal, ob es um die Aufarbeitung seiner Kindheit geht oder um den Amoklauf oder die Haftbedingungen in US-amerikanischen Frauengefängnissen. Ich bin beeindruckt und vergebe 5ratten

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    In "Mehr als Du denkst" versucht Alois Prinz, anhand von zehn Kurzbiografien seine These zu beweisen, dass es im Leben neben der biologischen Geburt noch eine geistige Geburt geben muss, um ein vollwertiger Mensch zu sein. Dass diese zweite Geburt aus Sicht des Autors allein in der Hinwendung zu Gott liegen kann, war mir klar, als ich das Vorwort gelesen hatte.


    In simpel formulierten Erzählungen beschreibt Alois Prinz die Wendepunkte im Leben von Jesus von Nazareth, Aurelius Augustinus, Franz von Assisi, Teresa von Avila, Martin Luther, Blaise Pascal, Edith Stein, Elisabeth von Thüringen, Simone Weil und Dorothee Sölle. Er legt dabei stets den Schwerpunkt in die Kindheit und Jugend des jeweiligen Menschen. Das ist ok für ein Kinder- und Jugendbuch, damit sich der Leser auch mit den beschriebenen Figuren identifizieren kann. Oft bricht er für meinen Geschmack zu knapp nach dem Erleuchtungsmoment ab und lässt den Leser allein mit der Frage, was weiter aus der beschriebenen Person geworden ist. Die einfache Sprache störte mich nicht, weil mir ja schon aus der Leseprobe klar war, dass es nicht für Erwachsene geschrieben ist. Wohl aber hatte ich oft das unbestimmte Gefühl, man präsentiere mir nur die halbe Wahrheit und nicht in Konzept und Theorie des Autors passende Teilaspekte würden mir verschwiegen. Mitunter war dieser Zweifel so stark, dass ich meine Brockhaus-Enzyklopädie und Wikipedia hinzu zog.


    Das Buch hinterlässt mich unsicher. Unsicher, ob die These des Autors wirklich ein ganzes Buch tragen kann. Unsicher, ob man jugendlichen Lesern wirklich unterschwellig sagen darf, sie seien noch keine vollwertigen Menschen, solange sie noch keine solch lebensbestimmende Erleuchtung hatten wie die beschriebenen Personen. Unsicher, ob ich dieses Buch weiter empfehlen kann. Unsicher, was ich nun mit diesem Buch mache. Ich werde es wohl einem Erwachsenen schenken, obwohl in diesem Frühjahr zweimal Kommunion einmal Firmung und dreimal Konfirmation in meiner Umgebung anstehen. Denn ich bin auch unsicher, ob der Autor dieses Buch nicht aus bloßem Kalkül geschrieben hat, mit genau diesen kirchlichen Initiationsfesten sein Geld zu machen, wenn gutmeinende Großeltern, Tanten und Paten auf der Suche nach einem geeigneten Geschenk die Buchhandlungen durchstreifen.


    maximal 2ratten, lieber aber nur 1ratten


    EDIT: Amazonlink eingefügt und die "1 Ratte" in einen Smiley verwandelt. LG, Saltanah

    Dem Tode nah ist der 17-jährige Derek, als er sich im Nachbarhaus versteckt und den Mord an seinem Freund Adam und dessen Eltern miterlebt und selbst nur knapp entkommt. Nach dem Prolog aus Sicht des Jungen schwenkt die Erzählperspektive auf seinen Vater Jim, der als Nachbar natürlich ein Interesse daran hat, zu erfahren, warum seine Nachbarn getötet wurden und dabei immer mehr feststellt, dass die Vergangenheit und das Schicksal seiner Familie viel enger viel enger mit dem dreifachen Mord verknüpft ist, als er sich in seinen wildesten Alpträumen hätte ausmalen können. Der Plot ist so spannend aufgebaut, dass ich kaum von diesem Buch lassen konnte. Die Charaktere sind plastisch und lebensnah beschrieben, auch wenn mir Jim geradezu langweilig gut rüberkommt, während mir bei anderen gefällt, dass ihre guten und bösen Seiten aufgezeigt werden. Der Autor legt theoretisch weiterführende Spuren aus, die trotzdem am Ende zu einem vollkommen unerwarteten Ausgang führen. Dabei gefällt meiner schwarzen Seele ganz gut, was am Ende mit dem Professor und dem Bürgermeister geschieht ;o)


    Insbesondere die Ironien und Seitenhiebe machten den Roman zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Ich werde mir nun auch "Ohne ein Wort" von Linwood Barclay kaufen, seine Schreibe gefällt mir.


    Ein kleiner Kritikpunkt für mich liegt in der Übersetzung:
    (1) Wie habe ich mir denn einen Schreibtisch vorzustellen, der (S. 110) "mit Computerzeitschriftem, Skateboards und Girls zugemüllt ist"?
    (2) Ich habe mich gefragt, ob alle deutschen Leser wissen, was "French Toast" (ab S. 95) ist.
    Wäre es hier nicht von Seiten des Übersetzers angebracht, es entweder auch zu übersetzen (=Armer Ritter) oder zumindest kurz zu erklären, was es ist?

    Das Buch "Summer of Love" der zurückgezogen
    lebenden Schriftstellerin Sophie Winter soll verfilmt
    werden. Vor ziemlich genau 40 Jahren ereignete sich
    etwas Schreckliches in genau dem Dorf, in dem nun lebt.
    Der junge Hippie Sascha verschwand spurlos. Dies
    verarbeitete sie in dem Roman und ließ darin Sascha
    sterben. Weiß sie mehr, als die Polizei oder ist dies
    schriftstellerische Freiheit?


    Der Frankfurter Polizeibeamte Giorgio DeLange, der die
    Verfilmung des Buches als polizeilicher Berater
    unterstützt, wird neugierig. Gleichzeitig beschäftigt
    ihn das Verschwinden eines Jungen. Steht dies in einem
    Zusammenhang? Ist er einfach von zuhause abgehauen oder
    ist er Opfer eines Sexualverbrechers?


    Die dicht geschilderte Atmosphäre im Dorf, die
    familiäre Situation des Ermittlers und der Kampf gegen
    eine beginnende Demenz der Schriftstellerin konnten
    mich beim Lesen ebenso fesseln, wie der eigentliche
    Kriminalfall.


    Die kurzen Sätze machen mich beim Lesen darauf
    aufmerksam, dass ein dementer Mensch Probleme mit
    Schachtelsätzen haben muss und verdichtet die Situation
    ebenso, wie die akribische Schilderung der
    Wassertropfen, die sich erst einen Weg ins Regenfass
    und dann dort heraus bahnen.


    5ratten

    Auf den ersten Blick lässt das Format auf ein sperriges Schulbuch schließen. Innen kommt es aber zum Glück ganz anders daher, sodass ich ihm gerne verzeihe, für gemütliche Zeiten in der Badewanne zu schwer zu sein. Ich habe es häppchenweise in zwölf Mittagspausen gelesen und genossen


    Die mutigen Taten der beschriebenen Personen sind alle unterschiedlich und doch - wie es sich für einen Theologen als Autor und den Gabriel-Verlag gehört - alle von tiefer Gottgläubigkeit geprägt. Dies ist kein böser Gott, wie ihn viele Menschen gerne hätten, um ihre schwarze Seele besser auszuleben. Es ist auch kein strafender Gott, wie ihn manch ein Religionsführer gerne hätte, um seine Schäfchen brav, klein und gottesfürchtig zu halten. Nein, alle zwölf beschriebenen Menschen lassen erkennen, dass Sie von einem gerechten Gott überzeugt sind. Ob dies nun die sehr kirchenfern beschriebene Alice Schwarzer ist, die überzeugt davon ist, dass es keinen Grund für die vermeintliche Übermacht des Mannes ist. Oder gleich mehrere Menschen, die sich für Frieden und Freiheit einsetzen. Oder die Muslimin Ayaan Hirsi Ali, die erkennt, dass Allah gar nicht so ist, wie es manch einer ihrer Glaubensbrüder gerne hätte. Oder Martin Luther, der mit der römisch-katholischen Kirche und ihren zum Teil fast menschenverachtenden Praktiken nicht mehr klar kommt.


    Die Reihenfolge innerhalb des Buches erscheint mir wahllos. Gut gefällt mir aber der hohe Anteil von Frauen mit 7 von 12 Biografien. Alles ist flott, aber nicht flapsig geschrieben und durchaus nicht nur für Jugendliche eine echte Bereicherung des Buchregals und der Allgemeinbildung.


    Ich vergebe 4ratten bis 5ratten

    Ich kann eure Begeisterung nicht teilen, bin allenfalls bereit, 3ratten die Freiheit zu schenken, eigentlich aber nur 2ratten. Das war allenfalls solide Unterhaltung ohne Lust auf mehr.


    Eine klassische Ausgangssituation für einen Kriminalroman: Eine Gruppe wildfremder Menschen ist durch widrige Umstände dazu gezwungen, auf engem Raum beisammen zu bleiben, als ein Mord geschieht. Alle Anwesenden kommen als Täter in Betracht und haben Angst, selbst das nächste Opfer zu werden. Jeder hat eine kuriose Angewohnheit, einen ungewöhnlichen Charakterzug, eine dunkle Vergangenheit. Hinzu kommt eine charismatische Persönlichkeit, die den Fall aufklärt. Aus diesen Zutaten kann ein erstklassiger Krimi entstehen.


    So hatte ich es mir auch erhofft, als ich die Leseprobe las. Von der Auslosung eines Leseexemplars wurde ich ausgenommen, also bestellte ich mir ein Exemplar. Schade, ein Wenig bereue ich die Ausgabe. Der Krimi hielt nicht durchgängig, was die Leseprobe versprach.


    Die nach einem Zugunglück in einem eingeschneiten Hotel festsitzenden Menschen sind mir mitunter zu außergewöhnlich dargestellt. Gab es denn keinen einzigen "normalen" Menschen in diesem Zug? Die Ermittlerin ist mir wegen ihrer schroffen Art sympatisch, ich mag kantige Charaktere gerne - wenn es denn nicht überdreht ist. Gut gefällt mir auch, dass die Spannung (z.B. Passagiere im letzten Wagen) herrlich lange aufrecht erhalten wird.


    Besonders negativ empfand ich beim Lesen die Übersetzung. Ich spreche zwar keine nordischen Sprachen, mir kam es dennoch zum Teil unbeholfen vor, z.B. bei den Sprüngen zwischen "du" und "Sie". Nun, nach der Lektüre, bin ich erst recht nicht sicher, ob ich noch einen anderen Roman von Frau Holt lesen will.

    Neun Matrosen auf ihrer letzten Fahrt.


    Der Leser weiß, dass es die letzte Fahrt für diese Crew ist, weil die Reederei das Schiff verkauft hat. Er weiß auch, dass es die letzte Fahrt für den Kapitän ist, weil sich dieser zur Ruhe setzen will. Also ist es eine besondere Fahrt für alle. Wie besonders sie wird, ahnt der Leser spätestens nach der detaillierten Vorstellung der einzelnen Crewmitglieder, von denen einer sogar vollkommen ungeplant und zufällig auf das Schiff kommt.


    Das Buch beginnt mit der vergleichsweise harmlosen Beschreibung des letzten Abends an Land bei der Familie eines Matrosen. Doch schon die letzten Stunden der anderen Männer an Land lassen Böses ahnen. Und in der Tat entwickelt sich der Plot schnell zu einer düsteren Beschreibung der üblen Schicksale, Machenschaften und Charaktere der Crewmitglieder. Gewalt, Hass, Wut und Verzweiflung habe ich lange nicht mehr in einer solchen Vollendung beim Lesen gespürt. Selbst Szenen, die bei Tag spielten, wirkten düster und niederschmetternd. Wenn aus dieser Ausgangskonstellation am Ende alle lebend, gesund und zufrieden heraus gekommen wären, hätte ich die Welt nicht mehr verstanden.


    Faszinierend empfand ich die Erzählweise von Stefán Máni, der mitunter eine Szene aus drei verschiedenen Blickwinkeln erzählte. So wird die Sicht und Handlungsweise der Besatzungsmitglieder klarer, die Spannung erhöht sich weiter.
    Dass ausgerechnet der offensichtliche Verbrecher bei mir die größten Sympathien erwirbt, verblüfft mich beim Lesen sehr. Alle Charaktere sind interessant gezeichnet. Auch deren Empfindungen kann ich gut nachvollziehen, besonders eben das stete, nervenaufreibende bumm - bumm - bumm empfand ich allein beim Lesen schon als beklemmend.


    Meine Wertung: 4ratten Einen fünften Punkt verweigere ich dem Buch, weil mir in der zweiten Hälfte die Vielzahl der aufeinander folgenden Katastrophen nun doch etwas zu konstruiert wirkt. Insgesamt aber war es ein großer Lesegenuss und bestimmt nicht das letzte Buch, das ich von diesem Autor lese.


    P.S. Mir will nicht klar werden, ob dieses Buch wirklich in der Kategorie "Kriminalroman" gut aufgehoben ist. Vielleicht eher Thriller? Selbst Abenteuerroman oder Horror würden m.E. eine Spur besser passen

    :grmpf:


    Beim Lesen dieses Buches fielen mir die zehn Grundrechte des Lesers ein, die ich irgendwo einmal gelesen hatte. Besonders "Das Recht, ein Buch nicht zu Ende zu lesen!" stand mir schon bald so deutlich vor Augen, dass ich mich nur mit großer Mühe überhaupt dazu durchringen konnte, es nicht vorzeitig abzubrechen.


    Was schon mit einem "naja"-Gefühl auf den ersten Seiten begann, steigerte sich so schnell zu einer Katastrophe, dass mir beim Lesen flau wurde. So etwas Schlechtes habe ich schon sehr lange nicht gelesen.


    Der zunächst noch gutwillig als locker gewertete Schreibstil rutschte immer mehr ins Plumpe, Obszöne, Nervige, Grottenschlechte ab. Eine Handlung konnte ich nicht erkennen, die vielen japanischen Namen bleiben ohne hinreichende Verknüpfung mit einer Figur, die ich mir merken wollte.


    Was soll ich nun von den Japanern halten, wenn die diesen Roman und seine Autorin so gut finden, dass die Rede von "Bestseller" ist? Oder war der Übersetzer bei seiner Arbeit besoffen? Wie schlecht muss eigentlich ein ausländischer Autor sein, damit seine Werke in Deutschland nicht übersetzt und publiziert werden? Diesen Platz im Verlagsprogramm hätte man lieber dem Erstlingsroman eines deutschen Autors zugeteilt.


    Kann man eigentlich auch null Ratten vergeben? Oder am liebsten minus vier Ratten?


    Ich bin soooo glücklich, dass ich vor und nach diesem Buch richtig gute Romane in die Finger bekommen habe und jetzt ein schönes Leserundenbuch lese, sonst wäre mein Lesestart ins neue Jahr sehr frustrierend gewesen.

    Ein dringender Rat an andere Leser: Diese Inhaltsangabe auf dem Cover verrät schon viel zu viel.


    Spannender wäre die Lektüre für mich gewesen, wenn ich durch die ersten beiden Kapitel hindurch wirklich noch geglaubt hätte, es mit einem jungen Stalker zu tun zu haben. Denn erst auf den letzten Seiten stellt sich heraus, warum der Erzähler so fasziniert von Elena ist und wie harmlos seine Sehnsucht nach ihr ist.


    Er ist ihr zufällig im Park begegnet und sie hat sein Leben verändert. Nun sucht er ihre Nähe, wann immer er kann, spricht sie aber nicht an. Ihren Namen weiß er nur, weil er ein von ihr liegen gelassenes Buch an sich nimmt.


    Dieses Buch ist wundervoll. Die kurzen Kapitel bringen die sprunghaften Gefühle des Erzählers zum Ausdruck. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell ich in der Mitte des Buches war und habe es dann in einem Schwung fertig gelesen. Das hübsche Lesebändchen war daher während meiner Lektüre arbeitslos. Bestimmt werde ich "Sehnsucht nach Elena" noch ein zweites Mal lesen, es hat mich sehr beeindruckt. Der Stil ist poetisch und gefühlvoll, ich habe das Buch häufig mit Tränen in den Augen gelesen. Wieviel Sehnsucht und Melancholie ein Autor in mein Herz bringen kann, war mir vor dieser Lektüre nicht klar. Das Buch war mir ein echtes Weihnachtsgeschenk, es hat mir geholfen, meine eigenen Herzensdinge beherzt anzugehen und in einem größeren Kontext zu betrachten.


    Danke, Joel, für diese hinreißende Leseerfahrung!


    ich vergebe sechs von 5ratten


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    EDIT: Betreff etwas angepasst und Amazon-Link eingefügt. LG Seychella

    Titel und Covergestaltung lassen auf oberflächlich-alberne Chicklit schließen. Wie angenehm, während des Lesens feststellen zu dürfen, das das Buch deutlich mehr Tiefgang hat, als die Äußerlichkeiten vermuten lassen. Ich fürchte nur, dass der Verlag damit einige Fehlkäufe heraufbeschwört. Der Originaltitel "Brunstkalender" wäre auch im Deutschen passender und witziger gewesen, immerhin geht es um einen Bauernhof mit Milchwirtschaft und Kälberzucht sowie um eine kinderlose Frau, die quasi auch einen Brunstkalender führt.
    Vom Inhalt her ist es ein netter Familienroman: Die drei erwachsenen Töchter des Bauernehepaars Irene und Rolf leben ihr eigenes Leben fernab des elterlichen Hofs. Sie sind in ihren Charakterzügen so unterschiedlich, dass sie sich wohl nie kennen gelernt hätten, wenn sie nicht in derselben Familie aufgewachsen wären. Jede hat ihre eigenen Sorgen und Probleme, die erstmals bei einem Kindergeburtstag aufeinander prallen, mit dem Tod des Vaters aber bei allen Frauen (Mutter Irene und Töchter Åsa, Lena und Marie) zu einer Lebenskrise mutieren.
    Der Stil ist flüssig und zeitgemäß, auch wenn ich mich wirklich nicht mit der Gegenwartsform bei Romanen anfreunden kann. Die Autorin wechselt je nach im Mittelpunkt der Handlung stehenden Personen das Tempo und die Formulierungen, nette Idee! Beispiel aus den ersten Kapiteln: Das Kapitel zu Lena ist eine typische Familiensituation mit gestresster Mutter, abwesendem Vater, chaotischen Kindern und vielen Haustieren. Entsprechend durcheinander ist auch der Schreibstil. Marie ist Bardame, sie ist nur an Äußerlichkeiten wie Lippenstift und Zurschaustellung ihrer Brüste interessiert. So oberflächlich und kurz angebunden Gespräche in einem solchen Umfeld sind, so abgehackt und kurzatmig ist auch der Schreibstil dieses Kapitels. Langweilig fand ich besonders die Beschreibung von Åsa. Was interessiert mich das Leben einer stinkreichen, schüchternen, ungewollt kinderlosen IT-Spezialistin?
    Dieser Familienroman ist weit von "Friede, Freude, Eierkuchen" oder "Bullerbü für Erwachsene" entfernt, wie es der Waschzetteltext vermuten lässt. Die handelnden Personen sich realistisch gezeichnet, jedes Verhalten ist so gut nachvollziehbar, dass ich mitunter bei einem Streit großes Verständnis für beide Parteien hatte oder sogar dachte, die Autorin beschreibe mich selbst. Bei allen tragischen, traurigen und turbulenten Vorgängen gibt es auch urkomische Elemente. Ich denke da an eine Szene, in der Robert nach einer heißen Sexnacht mit heruntergelassener Hose auf dem Teppich einschläft und in eben diesem Zustand am nächsten Morgen beim Aufwachen in die neugierigen Gesichter seiner drei Kinder blickt, die wissen wollen, ob er in der Nacht den Weg zur Toilette nicht mehr gefunden hat. Angenehm ist das offene Ende in Bezug auf die Liebesbeziehungen der drei Schwestern, alles andere wäre mir zu kitschig gewesen.


    Mein Fazit aus dem Buch: Auf der Suche nach dem Glück muss man erst ganz tief fallen oder einen schweren Verlust erleiden, um die Kraft zu haben, neu anzufangen und das Leben zu meistern.


    Mein Fazit zum Buch: Nette Lektüre für Leute, die gerne humor- und gefühlvolle Familienromane lesen.


    3ratten

    Harry Hole hat einen neuen Fan – mich!


    Der erste Schnee des Winters fällt, eine Mutter entdeckt einen frisch gebauten Schneemann – und verschwindet kurz darauf. Wenn sie überhaupt gefunden wird, dann tot. Schnell wird klar, dass dies das Werk eines Serienmörders ist. Jahr für Jahr tötet er etwa Anfang November eine Frau. 2004 ändert sich das Schema, er gibt sich nicht mehr mit einem Opfer zufrieden


    Der Ermittler Harry Hole ist ein schon fast typischer Ermittler mit Alkoholproblemen und gescheiterter Beziehung. Lässt sich die Arbeit bei der Kriminalpolizei wirklich nur im Suff ertragen? Harry gewinnt schnell meine Sympathien. Egal, was passiert, egal, wie viele Leichen gefunden werden, egal, welcher Verdächtige festgenommen oder tot aufgefunden wird – Harry bleibt skeptisch, forscht weiter und stellt am Ende den richtigen Täter. Der furiose Showdown lässt mich hoffen, dass ich diesen Roman bald auch verfilmt erleben kann, er eignet sich perfekt für Leinwand und Mattscheibe.


    Viele Romane haben einen starken Auftakt/Prolog, lassen dann aber sehr schnell nach und bleiben hinter den Erwartungen zurück. Anders der Schneemann: Im ersten Bild packte mich die Spannung und ließ mich bis zur letzten Seite nicht mehr los. Das Buch ist flott geschrieben, selbst Vielleser von Krimis und Thrillern werden wahrscheinlich erst den richtigen Verdacht bekommen, wenn es der Autor auch will. Die Personen sind detailliert gezeichnet, Handlungsorte perfekt beschrieben. Wem da beim nächsten Öffnen der Tiefkühltruhe nicht die Nackenhaare hoch stehen, der ist ja wohl völlig abgebrüht!


    Ich bin sehr froh, dass mir die Verlagsvertreterin bei der Buchmesse einen weiteren Harry-Hole-Roman als Leseexemplar überlassen hat. Denn eins steht fest: ich werde nun gezielt nach Büchern mit diesem Ermittler und anderen Büchern des Autors Ausschau halten. Harry Hole hat einen neuen Fan – mich!


    Ich vergebe 5ratten


    Ein hervorragender Thriller/Krimi, der mich durch seinen kontinuierlichen, stets ansteigenden Spannungsbogen rund um die Geschehnisse kaum noch losließ. Auf sehr menschliche Art hat es Simon Beckett in diesem Hörbuch verstanden auf die einzelnen Charaktere einzugehen, sie jeweils in ihrer geprägten Eigenständigkeit herauszubilden um sie letztendlich doch alle miteinander in dieser überaus packenden Geschichte zu verknüpfen. Grandios hier bei diesem Hörbuch vor allem der Vorleser Johannes Steck, der mich durch seine facettenreichen, sehr lebendig gestalteten Stimm- und Vorleseeigenschaften so faszinieren konnte, wie bisher kein anderer.


    Im Grunde hast du alles geschrieben, was ich aus sagen wollte. Ich habe das Buch nebenbei hören wollen, stellte aber schon bald fest, dass mich die Story so fesselte, dass ich meiner eigentlichen Arbeit nicht nachkommen konnte. Bei der ersten Laufrunde nach dem Hören habe ich mir lieber meinen Hund mitgenommen, sicher ist sicher ;o)

    Eine Hartz IV-Familie ist ja eigentlich nicht zum Lachen. Diese hier aber schon, denn als der Vater, ein notorischer Gewinnspielteilnehmer, auf dem Weg nach Norwegen ist, um an der Taufe eines Fjords auf seienn Namen teilzunehmen, gewinnt er erneut und der Rest der Familie reist ihm hinterher, weil er schnell nach Grevenbroich muss, um dort den Gewinn im Empfang zu nehmen. Urkomisch, ohne Tiefgang, einfach nur zum Ablachen.


    Ein richtig gutes blödes Hörbuch, bei dem ich immer wieder herzhaft loslachen musste. Was mögen wohl die anderen Autofahrer gedacht haben?



    Kerkeling spricht alle 12 Rollen selbst und verleiht jeder einen unverwechselbaren Charakter. Zwischen den Dialogszenen fungiert er als Erzähler und liest quasi die Drehbuchanweisungen vor. Dabei kommt man sich ein wenig vor, als hätte man beim Fernsehen die Szenenerklärungen für Sehbehinderte eingeschaltet :zwinker:.


    Ja, ganz genau! :klatschen:


    Auch ich kann 4ratten locker machen


    Ich habe es ja nciht gewonnen, aber nach den Rezis ist es auf jeden Fall auf meine Wunschliste gewandert!


    Ging mir genauso, ich habe es deshalb im Forum einer Gewinnerin abgeschwatzt. Hier meine Meinung:


    Was Tee und Milchkaffee verbindet


    Allein für die detailverliebten Monologe der jeweiligen Protagonisten zur vollendeten Herstellung von Tee und Milchkaffee an vollkommen unterschiedlichen Stellen im Buch hat sich die Lektüre gelohnt. Das liest sich jetzt vielleicht profan, aber jemand, der einen philosophischen Roman schreibt, bei dem es um den Sinn des Lebens geht, und dabei so viel Zeit und Schreibenergie auf die Zubereitung von Heißgetränken verwendet, hat den Sinn des Lebens vielleicht sogar schon gefunden.


    Jakob Hein hat es fertig gebracht, auf nur 174 Seiten vier Geschichten ineinander zu verschachteln, sympathische Charaktere einzuführen, mitreißend zu erzählen und am Ende alle Schachteln mit einem passenden Deckel zu versehen. Allein die äußere Schachtel mit der Agentur für verworfene Idee hat mir so gut gefallen, dass ich mir davon ein ganzes Buch erhofft hätte. Doch hier will der Autor dem Leser wohl sagen: bring deine verworfenen Ideen nicht in eine Agentur, sammele sie selbst und mach das Beste draus. Viele zufriedene Menschen führen ein Notizbuch, in dem kunterbunt zusammengewürfelt noch nicht ausprobierte Rezepte, Ideen für einen Romananfang, to-do-Listen und Sammlungen möglicher Weihnachtsgeschenke enthalten sind. Daran fühlte ich mich beim Lesen der "äußeren Schachtel" erinnert.


    Die nächste Schachtel spricht aus dem Leben: Wer will nicht lieber einer jungen, hübschen Frau helfen, wenn sie bewusstlos auf der Straße zusammenbricht, als einem alten, hässlichen Menschen, obwohl dieser viel nötiger auf Hilfe angewiesen ist? Leider sind wir Menschen so, das ist auch eine meiner Erfahrungen aus DRK-Einsätzen.


    Der alte Maulwurf aus der nächsten Schachtel ist vielleicht ein typischer Vertreter seiner Generation: altersstarrsinnig, uneinsichtig und doch voller Träume und Ideen. Ich könnte diesen Kerl knuddeln, wenn er wieder gegen ein Möbelstück gelaufen ist.


    Bei der innersten Schachtel kann der Leser nicht einmal sicher sein, ob sich darin nicht noch eine oder mehrere weitere Schachteln verbergen, von denen ihm der Autor nur nichts verraten will. Hut ab, Jakob Hein traut sich an jedes Thema heran und geht sogar mit dem Sinn des Lebens so scheinbar mühelos - fast schwerelos - um, dass ich beim Lesen immer wieder lächeln musste. Die Moral dieser Geschichte ist schnell erkannt: Hüte dich vor deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen!


    Das Buch in sich ist absurd: Boris spricht von Romananfängen, am Ende sind aber alles jeweils abgeschlossene Geschichten, selbst die Rahmenhandlung findet ein Happy End. Auch nach dem Zuklappend er Buchdeckel hänge ich noch vielen Gedanken nach, besonders zu Heiner, der beinahe den Sinn der Lebens entdeckte. Nun hat er die Möglichkeit und nutzt sie nicht. Oder wurde er schon fündig und merkt es (noch) nicht? Alles in allem ist dieser Roman ein Lesevergnügen für ein paar gemütliche und nachdenkliche Stunden mit Tiefgang, ohne so schwerfällig oder kitschig zu werden, wie viele andere philosophische Romane.


    Ich vergebe volle Rattenzahl: 5ratten

    Endlich bin ich mit diesem Buch fertig. Ich habe es parallel zu Hiobs Spiel in einer Leserunde gelesen, krasser konnte der Unterschied zwischen zwei Büchern nicht sein. Diese Familiensaga hat mich zwar nicht umgehauen, war aber ganz nett für Abende am Kamin.
    Das Buch beginnt, wie viele Groschenromane oder Kinofilme (z.B. Pretty Woman) beginnen: Reicher Mann trifft arme Frau und verliebt sich in sie. Wer jetzt das Schlimmste fürchtet, wird von der Autorin angenehm überrascht. Der wohlhabende Geschäftsmann Richard Finborough ist ein Frauenheld. Umso erstaunter ist er, als er bei einer Autopanne die schöne, aber unnahbare Isabel kennen lernt. Vielleicht ist es für ihn nun der besondere Reiz, um diese kühle Schönheit zu werben. Auch ihre gesellschaftliche Herkunft als Dienstmädchen kann ihn nicht davon abhalten, sie unbedingt heiraten zu wollen. Was in anderen Romanen schon ein Happy End wäre, steht hier am Anfang: Richard und Isabel heiraten.
    Wie wir Leser es von einer anständigen Familiensaga erwarten können, folgen nun einige eher harmonische Jahre mit der Geburt dreier Kinder. Als Richard sich nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges als Freiwilliger meldet, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Seine Kriegsverwundung, die Aufnahme einer Pflegetochter und ein dunkles Geheimnis aus Isabels Vergangenheit führen zu Lebenswegen der Familienmitglieder, die etwas die schicksalgebeutelten Buddenbrooks erinnern. Doch Richards Familie hat eher die Fähigkeit, selbst in schwierigen Zeiten aufeinander zuzugehen und miteinander zu sprechen.
    Dieser Liebes-, Familien- und Schicksalsroman las sich mitunter fast wie ein Krimi. Die Erzählperspektive ist gut gewählt, mit einem Ich-Erzähler wäre es deutlich platter ausgefallen. Judith Lennox hat mit diesem Roman eine stimmige Geschichte erzählt - mit einer großen Vielfalt an Gefühlen wie Liebe, Hass, Verlangen, Sehnsucht, Gleichgültigkeit, Schuld und Abhängigkeit. Die Handlungszeit ist gut gewählt, die beiden Weltkriege konnten so prima als Handlungsrahmen genutzt werden. Die Beschreibungen des Handlungsortes sind nicht nur geografisch korrekt, sondern so liebevoll geschrieben, dass ich beim Lesen am liebsten meine Koffer gepackt hätte und mich auf den Weg auf die Britischen Inseln gemacht hätte. Sogar das Cover passt, es könnte Isabel auf dem Weg zu ihrem Haus zeigen.


    Ich vergebe 3ratten