Ist zwar schon ein etwas aelterer Thread, ich will aber trotzdem nochmal meinen Senf dazugeben, da ich den Dorian Gray verschlungen & liebgewonnen habe.
Zuerst einmal muss man natuerlich im Hinterkopf haben, was fuer ein Mensch sein Schoepfer, also Oscar Wilde war.
Meiner Meinung nach wurde Wilde im falschen Jahrhundert geboren. Allein die Tatsache, dass er relativ locker mit seinem Schwulsein umging, zeugt ja schon von einem gewissen 'schraegen' Charakter, zumindest, was die damalige Zeit angeht. Darueber hinaus war Wilde extremst intelligent, wortgewandt und auf Aesthetik bedacht - er vergoetterte schoene Dinge, ob nun in Form junger Maenner, in Form von Architektur, Mode oder Poesie.. Er war ein Aesthet wie er im Buche steht. Das schimmert natuerlich unweigerlich in seinen Werken durch, ganz besonders im 'Dorian Gray'.
Wilde hatte eine seltsame Beziehung zu den Frauen in seinem Leben. Er vergoetterte seine Mutter und auch seine Ehefrau (ja, er war trotz schwulem lebenstils verheiratet), traute Frauen im Allgemeinen jedoch auf intellektueller Ebene wenig zu. Auch das spiegelt sich im 'Dorian Gray' wider.
Ich denke, das Buch ist sehr autobiographisch angehaucht; Wilde portraetiert nicht nur den Dorian Gray in dessen Gemaelde, er portraetiert mit dem Buch auch sich selbst und wie sehr er unter seinem eigenen Genius leidet.
Wenn man sich mal oberflaechlich fuer Wilde's Leben interessiert und vielleicht eine Kurz-Bio von ihm liest, wird einem vieles klarer und das Buch 'Das Bildnis des Dorian Gray' wird schnell zu etwas anderem als der blossen Geschichte eines selbstverliebten, arroganten Juenglings..
Davon abgesehen finde ich es immer wieder (hab das Buch mehrmals gelesen) faszinierend, wie Wilde es schafft, alle Sinne beim lesen anzuregen. Seine Beschreibungen von Gaerten, Speisen, Zaertlichkeiten sind teilweise dermassen dreidimensional, dass es einem den Atem raubt.
'Das Bildnis des Dorian Gray' ist und bleibt eines meiner absoluten Lieblings-Klassiker.
Angie